Der Schritt zurück wird in der Not Methode
Für Ferrari gestaltet sich die Entdeckung der Melbourner Langsamkeit schwierig
(SID/dpa) - Der Rückflug vom anderen Ende der Welt dürfte Sebastian Vettel in diesem Jahr besonders lang vorgekommen sein. Eine herbe Niederlage zum Saisonauftakt, das vermeintliche Wunderauto lahmte in Melbourne, und Ferrari fand den Grund einfach nicht. „Wir haben alle Werkzeuge, alle Zutaten, die Daten machen Sinn“, sagte Vettel, „aber irgendetwas übersehen wir.“Anstatt des fast schon erwarteten Siegerpokals hatte der Heppenheimer jede Menge Sorgen im Gepäck. Es war an der Zeit, sich den Kopf zu zerbrechen.
So stark der neue SF90 noch bei den Tests in Barcelona gewirkt hatte, so unterlegen war er nun beim Großen Preis von Australien den beängstigend schnellen Silberpfeilen: Nur Platz vier für Vettel beim MercedesDoppelsieg durch Valtteri Bottas und Lewis Hamilton – das so wegweisende fünfte Jahr des Deutschen bei Ferrari beginnt mit einem Rückschlag, der große Fragen aufwirft. „Es ist, als wäre das bei den Wintertests bewunderte Auto in Barcelona geblieben“, schrieb die „Gazzetta dello Sport“. „La Repubblica“befand knapp: „Ferrari ist für Mercedes auf diese Weise nicht gefährlich.“Doch auch Max Verstappen im Red Bull war als Dritter noch schneller gewesen. Nun seien der vierte Platz und der fünfte für seinen neuen Teamkollegen Charles Leclerc „letztlich nicht so schlecht“, sagte Vettel: „Aber fast eine Minute Rückstand auf den Sieger ist natürlich nicht gut.“
Vettels Bolide war „zu langsam“, er war „nie wirklich in den Griff zu bekommen“, er brachte die Reifen nicht zum Arbeiten – und schien damit ein völlig anderes Auto zu sein als in der
eindrucksvollen Saisonvorbereitung. „In Barcelona hat das Auto immer gemacht, was ich wollte“, sagte Vettel, „wir waren zuversichtlich. Diese Zuversicht habe ich in Melbourne nicht wiedergefunden.“Besorgniserregend ist all das vor allem, weil das Problem des Autos so diffus ist, Ferrari tappt bei der Suche nach der Ursache im Dunkeln. „Haben wir mittlerweile verstanden, warum es so gelaufen ist? Eher nicht“, räumte Teamchef Mattia Binotto ein. „Wir müssen einen Schritt zurückgehen und alle Daten analysieren.“
Es besteht durchaus die Gefahr, dass Ferrari die Schwierigkeiten mit in die kommenden Rennen in Bahrain (31. März) und China (14. April) nimmt und früh in der Saison wichtige Punkte im Titelrennen liegen lässt. Denn Mercedes hat seine Schwierigkeiten aus der Saisonvorbereitung offenbar abgelegt und ist schon wieder weltmeisterlich unterwegs.
Wenn die Analysten in Maranello in den kommenden Tagen allerdings dem Problem auf den Grund gehen, kann schnell Besserung eintreten. Dann wäre der Sonntag in Melbourne doch kein verschenkter. „Da ist ein großes Potenzial im Auto, das wir entfesseln müssen“, weiß Sebastian Vettel. „Und vielleicht“, hofft Mattia Binotto, „war dieses Rennen deshalb am Ende sogar eine wertvolle Lehre.“
Ein lahmendes Auto beim Saisonauftakt stellt die Chancen des Deutschen auf den erlösenden ersten Titel für Maranello also noch nicht infrage: „Es ist ein langes Jahr, wir werden zurückkommen.“Zunächst aber ist Denksport angesagt.
„Er hat immer das Tempo gehabt. Er ist ein echt netter Kerl, ich freue mich für ihn!“Sebastian Vettel über Valtteri Bottas