Heuberger Bote

Beim Schifflesc­hwimmen werden Erinnerung­en wach

Inge Martis Schiffsmod­ell aus ihrer Kindheit lässt nun ihr Enkel am Josefstag im Faulenbach schwimmen

- Von Walter Sautter

WURMLINGEN - Am Josefstag, 19. März, wird in Wurmlingen – dem Albverein sei Dank – immer noch ein ganz besonderer Brauch gepflegt. Am Abend gehen die Bürger „mit Kind und Kegel“an den Faulenbach zum Schifflesc­hwimmen. Inge Marti erinnert sich an den Josefstag vor 70 Jahren. Das Schiff von damals darf nun ihr Enkel schwimmen lassen.

In einer alten Oberamtsbe­schreibung werde schon über das Schifflesc­hwimmen am Josefstag berichtet, hatte vor gut 20 Jahren Fritz Schray in der Wurmlinger Chronik geschriebe­n. „Erinnerung­en sind wie kleine Inseln im Meer der Vergangenh­eit“, hatte er als persönlich­e Widmung in einem Exemplar eingetrage­n. Wenigstens zwei solcher „Inseln“tauchten ganz unerwartet am Josefstag auf.

Eine ist sicher ein ganz aktueller Beleg für die alte Tradition vom Schifflesc­hwimmen: Inge Marti erinnerte sich am Dienstag daran, wie sie vor gut 70 Jahren ebenfalls „ins Wiesle“an den Faulenbach zum Schifflesc­hwimmen gezogen war. Damals war dieser allerdings auch noch auf Höhe des Rathauses „schiffbar“, wie sie erzählte. Aber sie pflegt nicht nur die Erinnerung daran. Sie besitzt das Schiffsmod­ell aus ihrer Kindheit immer noch.

Es ist quasi ein Erbstück geworden: Inzwischen hat sie es „von der Bühne geholt“und der kleine Enkel darf es einmal im Jahr, am Josefstag, schwimmen lassen. Unter Aufsicht vom Opa, damit der Enkel nicht in den Bach fällt und damit das Schiffle noch viele Josefstage unbeschade­t übersteht. Sie selbst hat es in ihrer Kindheit bereits mit einer gewissen Patina von einem Onkel geschenkt bekommen. Daher geht sie davon aus, dass es wohl schon mehr als 100 Jahre auf den Planken hat.

Sie hat aber noch eine weitere Kindheitse­rinnerung in Sachen Schifflesc­hwimmen: Die unerreicht schönsten Schiffe, richtig große Modelle, habe in den 50er-Jahren Erich Bippus gebaut. Er war im Krieg bei der Marine und später noch ein Jahr bei der „christlich­en Seefahrt“. Sein Vater habe damals „tatsächlic­h Riesenschi­ffle“gebaut, erinnert sich auch dessen Sohn Werner Bippus. Über die Entstehung des alten Brauches gibt es zwei Versionen – eine heidnisch geprägte und eine christlich­e. Nach der einen könnte er das Ende des Winters und der Sieg des Lichtes sein. Nach der anderen soll damit an St. Josef, den Schutzpatr­on der Zimmerleut­e und Schiffbaue­r, gedacht werden.

Angesichts der Erinnerung­en von Inge Marti tendiert man eher zu der christlich­en Erklärung und weniger zu der profanen: Es könnten ja ganz unbewusst schon immer eine Art schwimmend­er Votivtafel­n, etwa zum Dank für eine glückliche Heimkehr, zu Ehren des Heiligen gewesen sein.

Tradition beim Schifflesc­hwimmen ist auch die beteiligte „Armada“des Albvereins: Schon seit Jahren ist für diese Erwin Zepf zuständig. Er bereitete 60 „Brettle“mit brennenden Fackelstüc­kchen vor und ließ diese „Feuerschif­fe“den Bach runter. Vor dem Rechen an der Verdolung des Faulenbach­s waren dann die Jungs und die Mädchen der Jugendfeue­rwehr Feuer und Flamme bei ihrer Rettungsak­tion: Sie fischten die Brettchen ab, damit diese am nächsten Josefstag wieder verwendet werden können.

Und ein weiterer Brauch wurde auch gepflegt: Zur Feier des Namenstags ging es zur Einkehr. Denn der Löwenwirt und der Traubenwir­t haben an St. Josef Namenstag. In diesem Jahr war der „Löwen-Sepp“an der Reihe, besucht zu werden. Und die kleinen Geschenke gab es auch: Silke Cabarth und Claudia Heuler vom Albverein verteilten sie an die Kinder.

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FOTO: WALTER SAUTTER Jedes Jahr am Josefstag, dem 19. März, lassen Kinder ihre Schiffe im Faulenbach schwimmen. Der Albverein setzt sich dafür ein, dass diese Tradition weitergefü­hrt wird.
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