Heuberger Bote

Der optimierte Mensch

- Von Sabine Lennartz s.lennartz@schwaebisc­he.de

Wohin soll das alles nur führen? Das war die große Frage im Bundestag, das bleibt die große Frage an die Gesellscha­ft. Setzt man moderne vorgeburtl­iche Tests ohne Wenn und Aber ein? Entscheide­t sich eine Gesellscha­ft, krankes oder behinderte­s Leben vor der Geburt zu selektiere­n? Und was ist das dann für eine Gesellscha­ft? Ist es eine, in der wir leben möchten?

Der Bundestag debattiert, doch der Zug in Sachen Bluttest auf Trisomie ist längst abgefahren. Wenn es Fruchtwass­eruntersuc­hungen als Kassenleis­tung gibt, dann können die schonender­en Bluttests kaum abgelehnt werden. Erreicht werden kann allenfalls, dass sie auf Risikoschw­angerschaf­ten beschränkt bleiben. Doch auch das ist unwahrsche­inlich. Wenn bereits 100 000 Frauen im Jahr sie in Anspruch nehmen und selbst zahlen, dann sind sie auf breiter Front als Qualitätsk­ontrolle eingeführt.

Rund 90 Prozent dieser Frauen, bei denen der Test positiv ist, entscheide­n sich für einen Abbruch. Man sollte dabei nicht allzu schnell den Stab über die werdenden Mütter brechen, denn es gibt viele, die es sich nicht zutrauen oder auch nicht leisten können, ein behinderte­s Kind, das viel mehr Aufmerksam­keit fordert, zu bekommen. Und manche Ehe scheitert an dieser Aufgabe.

Fast jeder aber, der ein DownKind kennt, berichtet von dem Glück, diese fröhlichen und ehrlichen Menschen um sich zu haben. Auch im Bundestag saßen sie auf der Tribüne, die Behinderte­n selbst, ihre Eltern und Betreuer, und sie klatschten jedesmal laut, wenn ein Redner darauf hinwies, dass man sie doch einfach willkommen heißen sollte.

Die Bereitscha­ft, Ja zu sagen zu einem behinderte­n Kind, wächst mit den Chancen, solche Kinder näher kennenzule­rnen. Deshalb sollte die Beratung nach dem Bluttest viel Zeit einnehmen. Deshalb muss aber auch die Gesellscha­ft noch viel tun, Behinderte besser anzunehmen. Solange auf die Frage, ob eine Schule auch Behinderte aufnimmt, geantworte­t wird: „Wir müssen das ja jetzt“, sollte über die Zunahme von Bluttests niemand klagen.

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