Der optimierte Mensch
Wohin soll das alles nur führen? Das war die große Frage im Bundestag, das bleibt die große Frage an die Gesellschaft. Setzt man moderne vorgeburtliche Tests ohne Wenn und Aber ein? Entscheidet sich eine Gesellschaft, krankes oder behindertes Leben vor der Geburt zu selektieren? Und was ist das dann für eine Gesellschaft? Ist es eine, in der wir leben möchten?
Der Bundestag debattiert, doch der Zug in Sachen Bluttest auf Trisomie ist längst abgefahren. Wenn es Fruchtwasseruntersuchungen als Kassenleistung gibt, dann können die schonenderen Bluttests kaum abgelehnt werden. Erreicht werden kann allenfalls, dass sie auf Risikoschwangerschaften beschränkt bleiben. Doch auch das ist unwahrscheinlich. Wenn bereits 100 000 Frauen im Jahr sie in Anspruch nehmen und selbst zahlen, dann sind sie auf breiter Front als Qualitätskontrolle eingeführt.
Rund 90 Prozent dieser Frauen, bei denen der Test positiv ist, entscheiden sich für einen Abbruch. Man sollte dabei nicht allzu schnell den Stab über die werdenden Mütter brechen, denn es gibt viele, die es sich nicht zutrauen oder auch nicht leisten können, ein behindertes Kind, das viel mehr Aufmerksamkeit fordert, zu bekommen. Und manche Ehe scheitert an dieser Aufgabe.
Fast jeder aber, der ein DownKind kennt, berichtet von dem Glück, diese fröhlichen und ehrlichen Menschen um sich zu haben. Auch im Bundestag saßen sie auf der Tribüne, die Behinderten selbst, ihre Eltern und Betreuer, und sie klatschten jedesmal laut, wenn ein Redner darauf hinwies, dass man sie doch einfach willkommen heißen sollte.
Die Bereitschaft, Ja zu sagen zu einem behinderten Kind, wächst mit den Chancen, solche Kinder näher kennenzulernen. Deshalb sollte die Beratung nach dem Bluttest viel Zeit einnehmen. Deshalb muss aber auch die Gesellschaft noch viel tun, Behinderte besser anzunehmen. Solange auf die Frage, ob eine Schule auch Behinderte aufnimmt, geantwortet wird: „Wir müssen das ja jetzt“, sollte über die Zunahme von Bluttests niemand klagen.