Minister streiten nach Psychiatrieausbrüchen
Fünf Männer sind in Calw und Weinsberg aus dem Maßregelvollzug entwichen – Vier wurden wieder gefasst
(lsw) - Ausbruch aus der Psychiatrie: Aus dem Zentrum für Psychiatrie in Calw ist vier Straftätern kurzzeitig die Flucht gelungen, und in Weinsberg kletterte ein wegen Gewaltdelikten verurteilter 52 Jahre alter Mann über den Zaun. Er wurde am Donnerstag von der Polizei weiterhin gesucht, wie ein Sprecher mitteilte.
Alle waren im sogenannten Maßregelvollzug in der Psychiatrie. In ihm soll der Täter durch die Behandlung seiner Störung und durch die sichere Unterbringung in einer Fachklinik mit besonderen Sicherheitsvorkehrungen und qualifiziertem Personal davon abgehalten werden, weitere Taten zu begehen, wie das Sozialministerium mitteilte.
Ressortchef Manfred Lucha (Grüne) sagte, bei den Entwichenen handele es sich um Therapieabbrecher. „Nach der Abbruchentscheidung gehören diese Personen aus meiner Sicht nicht mehr in den Maßregelvollzug, sondern in den Strafvollzug.“Solche Delinquenten seien schwer zu handhaben. Zugleich forderte er eine Änderung im Strafrecht. Der entsprechende Paragraf solle reformiert oder gestrichen werden.
Luchas Aussage stieß auf heftige Kritik von Justizminister Guido Wolf (CDU). „Was wir hier sehen, ist der durchsichtige Versuch, sich aus der eigenen Verantwortung zu stehlen“, sagte Wolf. Die Verhinderung von Ausbrüchen und Entweichungen aus dem Maßregelvollzug falle allein in den Zuständigkeitsbereich des Sozialministeriums. Zu keinem Zeitpunkt habe sich der Justizvollzug geweigert, Personen im Rahmen der durch die hiesige obergerichtliche Rechtsprechung gegebenen Grenzen aufzunehmen. In einem Rechtsstaat könnten Personen, die nach der Entscheidung unabhängiger Gerichte in den Maßregelvollzug aufzunehmen seien, nicht einfach in ein Gefängnis gesperrt werden.
Ende März waren im Südwesten insgesamt 1173 Personen im Maßregelvollzug. Aus dem Zentrum für Psychiatrie in Calw entwichen am Mittwochabend vier Männer kurzfristig. Sie wurden bis Donnerstagmorgen alle wieder gefasst. Die Männer, die wegen Raubes mehrjährige Haftstrafen verbüßen müssen, waren wegen Suchtproblemen in der forensischen Abteilung des Zentrums. Sie hatten am späten Mittwochabend einen Pfleger und eine Pflegerin überwältigt und diese in einen Raum gesperrt.
Keine Verletzten bei Ausbruch
„Verletzt wurde glücklicherweise niemand“, so die Polizei. Die ersten beiden 32 Jahre und 35 Jahre alten Ausbrecher wurden schon am frühen Donnerstagmorgen bei einer Großfahndung mit Spürhunden und Hubschrauber am Bahnhof CalwHirsau geschnappt. Polizisten entdeckten ein paar Stunden später an den Bahngleisen zwischen CalwErnstmühl und Bad Liebenzell auch die anderen zwei Männer im Alter von 23 Jahren und 41 Jahren.