Der nächste Dauerherrscher der arabischen Welt stürzt
Ein Militärputsch kostet Sudans Präsident Al-Baschir nach fast 30 Jahren das Amt – Doch jetzt droht eine Militärdiktatur
(dpa) - Fast drei Jahrzehnte lang schien Sudans Präsident Omar Al-Baschir unantastbar: Weder bewaffnete Rebellionen noch die Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs konnten dem autoritären Herrscher etwas anhaben. Doch eine Wirtschaftskrise brachte das Fass zum Überlaufen. Steigende Brotpreise trieben Hunderttausende auf die Straßen. Monatelang füllten sie die Straßen Khartums und anderer Städte mit Gesängen und Parolen.
Jetzt haben seine engsten Weggefährten Al-Baschir abgesetzt – der Anführer der neuen Militärregierung war bislang sein Vizepräsident. Mit dem Putsch folgt der Sudan etlichen anderen Ländern der arabischen Welt, in denen autoritäre Machthaber Massenprotesten weichen mussten, wie zuletzt in Algerien. Doch ist dies der langersehnte Befreiungsschlag für den Sudan – oder folgt nun eine Militärdiktatur?
Noch im Morgengrauen am Donnerstag erklärten staatliche Radiound TV-Sender, dass das Militär eine „wichtige“Ankündigung machen werde. Das war genug, um auf den Straßen von Khartum Euphorie auszulösen. Tausende Menschen jubelten und feierten. Nach Stunden des Wartens trat Al-Baschirs Vize, Verteidigungsminister Awad Ibn Auf, am Nachmittag vor die Kameras. In Militäruniform. Al-Baschir sei festgenommen worden und an einem „sicheren Ort“, erklärte er. Eine Militärführung werde das Land für zwei Jahre leiten, um den Weg für Wahlen zu ebnen. Ibn Auf verhängte einen Ausnahmezustand.
Sieht so der Anfang eines demokratischen Sudan aus? „Es sind die alten Gesichter minus Al-Baschir, das ist kein Neubeginn“, sagt Annette Weber von der Stiftung Wissenschaft und Politik. „Aber es ist auch kein Ausbruch eines Bürgerkriegs.“Also erstmal Stabilität.
Viele Sudanesen zeigen sich enttäuscht. „Dies ist ein schockierender Moment für die Sudanesen, die gegen das korrupte Regime protestiert haben“, sagt der 22-jährige Student Marwan Abdu. Für Analyst Mohamed Taha ist klar: Man müsse weiter protestieren, damit „alle Gesichter des alten Regimes“verschwinden.
Der Wunsch nach ziviler Führung
Einen autoritären Führer durch einen anderen ersetzen – das ist wohl nicht im Sinne der Menschen, die so viel riskierten, um sich gegen das Regime zu stellen. Man werde weiter protestieren, bis eine „zivile Übergangsregierung“an der Macht sei, erklärten die gewerkschaftsähnliche Interessensvertretung SPA und weitere Oppositionsgruppen.
Al-Baschir war selbst durch einen Militärputsch 1989 an die Macht gekommen. Er hielt sich mit autoritärer Führung und Populismus an der Macht. Er überstand interne Opposition, blutige Konflikte in den Provinzen Süd-Kordofan und Darfur sowie die Abspaltung des Südsudans. Auch Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag gegen ihn wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit schienen seiner Macht im Land nichts anzuhaben.
Letztlich überschätzte er aber die Geduld der Menschen. Der Sudan steckt seit Jahren in einer tiefen Wirtschaftskrise, vor allem weil das Öl fehlt, auf das sich die Wirtschaft gestützt hatte und das nun zum Großteil im Südsudan liegt. Ende vergangenen Jahres kürzte die Regierung Brot- und Benzinsubventionen, die Preise schossen in die Höhe, die Inflation nahm rasant zu. Und die Stimmung kippte.