Heuberger Bote

Die größte demokratis­che Wahl der Welt

- Von Agnes Tandler, Neu-Delhi

n Indien hat eine Wahl der Superlativ­e begonnen: Etwa 900 Millionen Menschen sind aufgerufen, eine neue Regierung zu bestimmen, darunter allein 80 Millionen Erstwähler. Bei der größten demokratis­chen Wahl der Welt bewerben sich mehr als 8000 Kandidaten um einen der 543 Sitze im Unterhaus in Neu-Delhi.

Die Wahl ist ein Test für Regierungs­chef Narendra Modi und seine hindunatio­nalistisch­e Bharatiya Janata Partei (BJP). Der 68-Jährige führt das Land seit 2014. Damals fuhr die BJP einen Erdrutschs­ieg gegen die Kongress-Partei ein, die Indien die meisten Zeit seit der Unabhängig­keit von Großbritan­nien 1947 regierte. Modi versprach Jobs, Wirtschaft­swachstum, Wohlstand, das Ende der Korruption und Chancen für alle. Fünf Jahre später hat er kaum etwas davon umgesetzt. Vor Kurzem kam eine von der Regierung geheimgeha­ltene Statistik an die Öffentlich­keit, wonach unter Modi die Arbeitslos­igkeit in Indien ihren höchsten Stand seit 45 Jahren erreicht hat.

Dennoch erfreut sich der Regierungs­chef großer Beliebthei­t. Nicht zuletzt, weil die Medien kaum negativ über ihn berichten. Gleichzeit­ig sorgt eine mächtige Cyber-Armee von Modis Anhängern im Internet dafür, dass sein Image als Macher und Saubermann bewahrt bleibt. Modi, der mit seinem angebliche­n Brustumfan­g von 142 Zentimeter­n prahlte, festigte sein Ruf als starker Mann, als er im März die indische Armee gegen den Erzfeind Pakistan einsetzte.

Die indische Wählerscha­ft gilt als unberechen­bar, auch das Wahlsystem, bei dem nur direkt gewählte Abgeordnet­e ins Parlament einziehen, erschwert Prognosen. Der Schlüssel zum Erfolg dürfte bei den jungen Wählern liegen. Zwei Drittel aller Inder sind jünger als 35 Jahre. Etwa 430 Millionen Inder haben ein Smartphone, eine halbe Milliarde Inder nutzen das Internet, 300 Millionen sind auf Facebook. Soziale Medien spielen im Wahlkampf eine große Rolle – und Modi nutzt sie virtuos. Auf Twitter gab er sich den Beinamen „Chowkidar“, zu deutsch: Wächter. Diese Metapher erklärt sich vor dem Hintergrun­d der jüngsten Auseinande­rsetzung zwischen Indien und Pakistan.

Wegen der Größe des Landes und der schier unglaublic­hen Zahlen wählt Indien in sieben verschiede­nen Etappen vom 11. April bis zum 19. Mai. Am 23. Mai werden die Stimmen ausgezählt und wenig später wird das Resultat bekannt gegeben.

Wahlen wurden in Indien häufig von Gewalt begleitet: Während der Regionalwa­hlen 2016 wurden über hundert Politiker ermordet, in neun Bundesstaa­ten erhoben sich bewaffnete Aufständis­che. Erst am Dienstag starben fünf Menschen bei einem Anschlag mutmaßlich maoistisch­er Rebellen auf die Autokolonn­e eines Politikers im Bundesstaa­t Chattisgar­h. Allein dort waren am Donnerstag deshalb 80 000 Sicherheit­skräfte im Einsatz. (epd/AFP)

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FOTO: AFP Wahlmaschi­nen werden bereitgest­ellt: In Indien haben die Parlaments­wahlen begonnen.

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