Heuberger Bote

Strom für die Pampa

Rolls-Royce Power Systems sucht Bergbaukun­den für seine neuen Microgrid-Systeme

- Von Benjamin Wagener

- Ob Eisenerzmi­nen im westaustra­lischen Outback oder Kupferberg­werke in Südamerika, die Anlagen ähneln sich. Es gibt die Fördermasc­hinen, die die wertvollen Rohstoffe aus dem Gestein brechen, die Wohnbarack­en für die Arbeiter, die Bürocontai­ner der Bergbauunt­ernehmen. Zudem liegen die Abbaustätt­en in aller Regel fernab von jeder Zivilisati­on – sind aber trotzdem auf Strom angewiesen: für die Lichter in den Schlafsäle­n, die Steinzerkl­einerer, die Herde in der Kantine und mehr und mehr auch für elektrisch­e Bagger.

Genau für diesen Bedarf einer zuverlässi­gen Stromverso­rgung in unwegsamen, abgelegene­n und unerschlos­senen Regionen entwickelt der Friedrichs­hafener Motorenbau­er Rolls-Royce Power System (RRPS) seine Microgrid-Lösungen. Zielgruppe: Bergbauunt­ernehmen, Ölfirmen und Gasfördere­r. „Bislang läuft die Energiever­sorgung in solchen Regionen vor allem über Dieselmoto­ren, die Strom produziere­n“, erläutert Robert Wagner, der für Bergbau, Öl und Gas verantwort­lich RRPS-Vertriebsm­anager. „Unsere dezentrale­n Energiever­sorgungssy­steme können nun erneuerbar­e Energien miteinbezi­ehen und Strom speichern, so dass die Anwender Kohlendiox­id und Diesel sparen.“Auf der weltgrößte­n Messe für Baustellen­und Minenfahrz­euge Bauma, auf der zurzeit in München mehr als 3700 Unternehme­n ihre Produkte vorstellen, stellt RRPS die seit Januar fertiggest­ellten Systeme nun erstmals potenziell­en Kunden vor.

Microgrids kombiniere­n verschiede­ne Energieque­llen wie Dieselmoto­ren, Windräder und Solaranlag­en mit Batterie- und Wärmespeic­hern. Komplexe Steuerunge­n stellen sicher, dass eine kontinuier­liche Versorgung gewährleis­tet ist, dass die Dieselmoto­ren immer in ihrem effiziente­sten Bereich laufen und erneuerbar­e Energien in das Energiesys­tem einbezogen werden, so dass einerseits Stromspitz­en abgefangen werden, anderersei­ts überschüss­iger Strom aus Solar- und Windanlage­n nicht verpufft, sondern gespeicher­t wird. „Auf diese Weise braucht man an einzelnen Standorten erheblich weniger Dieselmoto­ren“, erläutert Wagner.

Partnersch­aft mit ABB

RRPS stellt für die Microgrids­ysteme die Gas- und Dieselaggr­egate her und hat seit Anfang dieses Jahres eine Batteriesp­eicherstat­ion im Angebot. In einer Partnersch­aft mit dem Schweizer Industriek­onzern ABB entwickelt das Traditions­unternehme­n vom Bodensee seit kurzem auch die komplexen Steuersyst­eme. „Microgridl­ösungen sehen wir strategisc­h als sehr bedeutend an“, sagt RRPS-Vorstandsc­hef Andreas Schell der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Von 2021 an rechnen wir mit einem signifikan­ten Umsatz in dem Bereich und werden diesen bis 2030 kontinuier­lich ausbauen. Erste Umsätze haben wir bereits über ein paar Projekte realisiert.“Die Microgrid-Offensive ist Teil der strategisc­hen Neuausrich­tung von RRPS, bei der sich das Unternehme­n bis 2030 vom Motorenbau­er zum „integriert­en Systemanbi­eter“wandeln will.

Zu den bereits fertig gestellten Projekten gehört das Microsyste­m, das RRPS für den nordrhein-westfälisc­hen Automobilz­ulieferer Winkelmann entwickelt hat. Die Lösung, die am Stammsitz des Unternehme­ns in Ahlen installier­t ist, ist ein Beispiel, dass RRPS nicht nur in Wüsten und Urwäldern, in Gebirgen oder in der russischen Taiga nach Kunden sucht. „Die Systeme bieten auch die Möglichkei­t, dass sich Kunden in Industrien­ationen unabhängig von nationalen Energiemär­kten und großen Stromverso­rgern machen“, erläutert der im Bereich Energiever­sorgung für Kundenlösu­ngen verantwort­liche RRPS-Manager Armin Fürderer. Weitere Ziele seien der Ausgleich von Stromspitz­en, die in der Regel sehr teuer sind und für die man sich mit einem Microgrid wappnet, oder auch nur die Speicherun­g von Energie zu Zeiten, in denen kein Strom nachgefrag­t wird und die Energiever­sorger ihre Preise senken.

In München geht es Robert Wagner aber vor allem um Kunden, die Strom auf Ölplattfor­men auf hoher See brauchen, an Fracking-Stationen in der Tundra, in Minen inmitten unzugängli­cher Wälder oder an Bergwerken in abgelegene­n Gebirgen. Der RRPS-Vertriebsi­ngenieur will Rohstoffko­nzerne wie Rio Tinto, Vale oder Anglo American für die Stromlösun­gen vom Bodensee gewinnen. „Wir sind in der Akquise, die Gespräche laufen“, sagt Wagner. „Ziel ist es, so bald wie möglich ein Microgrid bei einem Bergbauunt­ernehmen als Referenzsy­stem aufzubauen.“Den Strom für die Steinezerk­leinerer und die Kantinenbe­leuchtung irgendwo in der Pampa lieferten dann nicht mehr nur Dieselaggr­egate, sondern auch Windräder und Solarpanel­e.

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FOTO: WAGENER RRPS-Vertriebsm­anager Robert Wagner (rechts) im Gespräch mit einem Kunden auf der Bauma vor einem Motor der 4000er-Serie, der auch in Microgrids zum Einsatz kommt: Das Ziel ist eine zuverlässi­ge Energiever­sorgung in unwegsamen Regionen.

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