Heuberger Bote

Rempelei mit Todesfolge: 68-Jähriger tödlich verletzt

War es nur eine Ohrfeige oder doch ein massiver Faustschla­g, der den Senior das Leben kostete?

- Von Julia Giertz

(dpa) - Es ist ein tragischer Fall: Ein Rentner wird bei einer Rempelei vor einem Mannheimer Hotel geschlagen, geht mit schweren Verletzung­en zu Boden und stirbt sechs Wochen später. Der mutmaßlich­e Täter muss sich seit Donnerstag vor dem Mannheimer Landgerich­t wegen einer möglichen Körperverl­etzung mit Todesfolge verantwort­en. Keinen Schlag mit der Faust, wie in der Anklage vermerkt, sondern eine „Backpfeife“habe er dem Mann im Juni 2015 verpasst, sagt der 30-Jährige vor der Großen Strafkamme­r.

Zuvor habe er im Gedränge von Reisenden vor dem Hotel einen „Hieb“erhalten, durch den sein Handy herunterge­fallen sei. Nachdem er es aufgehoben habe, seien die Hände des Mannes nahe seinem Gesicht gewesen. „Ich hatte Angst, dass er mich schlägt und wollte ihm zuvorkomme­n.“Außerdem habe der damals 68-Jährige ihn beleidigt, gibt der gelernte Kfz-Mechatroni­ker im blütenweiß­en Hemd und Jeans an. (Az: 1 Ks 402 Js 31918/16)

Um Distanz zu schaffen, habe er ausgeholt und dem Rentner mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen. „Ich wollte nur bewirken, dass er mir nicht zu nahe kommt“, sagt der derzeit als Baumonteur Beschäftig­te, der zeitweise in der Sicherheit­sbranche tätig war. Über das entglitten­e Handy sei er nicht wütend gewesen. Er habe noch gesehen, dass sein Gegenüber zwei, drei Schritte zurückgest­olpert und dann gefallen sei. Dann sei er geflüchtet.

Nach Auffassung der Rechtsanwä­ltin, die den Bruder des Opfers als Nebenkläge­r vertritt, ist die Aussage eine Schutzbeha­uptung. Auch eine Rechtsmedi­zinerin zieht die Darstellun­g des im hessischen Bad Nauheim in geordneten Verhältnis­sen aufgewachs­enen Angeklagte­n in Zweifel. Der Strafrahme­n für Körperverl­etzung mit Todesfolge beträgt drei bis 15 Jahre Freiheitse­ntzug.

Schrecklic­he Verletzung­en

Die Liste der Verletzung­en des Seniors bei Aufnahme in der Uniklinik Mannheim lässt einem den Atem stocken: Gehirnblut­ung, ein von gesprungen­en Brillenglä­sern zerrissene­r linker Augapfel, gebrochene Kieferhöhl­e, Jochbogenb­ruch, Brüche der Mittelgesi­chtsknoche­n und der Rippen. Gestorben ist der alleinsteh­ende ehemalige Buchhalter schließlic­h sechs Wochen nach dem Vorfall an einer Lungenentz­ündung. Zuvor war er ins Koma gefallen.

Das Bruchbild im Gesicht sei vereinbar mit einem Faustschla­g, gibt die Rechtsmedi­zinerin aus Frankfurt zu Protokoll. „Ein einfacher Schlag mit flacher Hand kann solche Verletzung­sbilder nicht verursache­n.“Sie schließt auch aus, dass die Verletzung­en in der linken Gesichtshä­lfte vom Sturz auf den Boden stammen könnten.

Von den tragischen Folgen seiner „Backpfeife“hat der Beschuldig­te nach eigenen Angaben erst durch die ZDF-Sendung „Aktenzeich­en XY … ungelöst“im Oktober 2016 erfahren. Daraufhin hatte er sich gestellt. Die Fahndung war im Juni 2016 beendet worden. Er habe bei der Auseinande­rsetzung die Person seines Widersache­rs gar nicht richtig wahrgenomm­en, sagt der Mann mit türkischen Wurzeln. Ältere Menschen seien für ihn Respektspe­rsonen. „Ich hätte ihm die Hand geküsst.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany