Schwere Zeiten für Schwerenöter
r ist halt ein Womanizer!“Sagt dies eine Frau heute von einem Mann, so meint sie es nicht als Kompliment. Auf Deutsch
ist ein Womanizer ein Frauenheld, Schürzenjäger, Herzensbrecher, Aufreißer, Hallodri etc., sprich: ein von seiner verführerischen Wirkung auf das weibliche Geschlecht überzeugter Mann, der auch gerne mal mit mehreren gleichzeitig anbandelt. Und diese Spezies mag frau verständlicherweise nicht, schon gar nicht in Zeiten von #MeToo. Parallel zum rapide ansteigenden Anteil von Filmen und TV-Serien aus den USA in unseren Medien seit den 1990ern ging auch die Beliebtheitskurve dieses englischen Wortes steil nach oben. Nebenbei bemerkt: So läuft das mit modischen Anglizismen. Erstaunlich erscheint allerdings, dass to womanize
über Jahrhunderte hinweg eher das Gegenteil bedeutet hatte: einen Mann verweiblichen. Erst nach 1800 wurde daraus hinter Frauen her sein. Wie auch immer: Alles hat zwei Seiten. Mit dem Vormarsch von Womanizer gerieten Begriffe wie Frauenheld, Schürzenjäger oder Herzensbrecher ins Hintertreffen und gelten heutzutage als heillos altbacken – vor allem bei der Jugend. Voll out, um es in ihrem Jargon zu sagen. Und deswegen trauen sich auch viele ältere Zeitgenossen kaum mehr, solche Wörter noch zu gebrauchen, was ihre Halbwertzeit leider weiter verkürzt. Weil sie selbsterklärend sind, wird man diese drei besagten Synonyme wohl noch länger verstehen. Bei anderen Begriffen aus diesem Umfeld ist das nicht so sicher. Unter einem
Galan – aus dem Spanischen – verstehen wir einen herausgeputzten Höfling oder Geliebten, allerdings eher despektierlich gemeint. Den Gigolo, der auf ein altes französisches Wort
giguer für tanzen zurückgeht, kennen wir als Eintänzer, aber auch als Liebhaber einer älteren, ihn aushaltenden Dame. Eines ist jedenfalls sicher: Wenn solche Fremdwörter nur noch sehr wenig benutzt werden, fallen sie unweigerlich dem Vergessen anheim. Andere wiederum werden – obwohl deutsch – schon heute kaum mehr verstanden. Etwa Hagestolz, wie man zu einem eingefleischten, kauzigen Junggesellen sagt. Dieser Begriff hat übrigens weder mit hager zu tun noch mit stolz, sondern bedeutete ursprünglich Hagbewohner. Der Hintergrund: Bekam der ältere Sohn den Hof, so wurde der jüngere oft mit einem kleinen eingezäunten Grundstück abgefunden, und weil er davon keine Familie ernähren konnte, blieb er meist unverheiratet. Auch der Schwerenöter erschließt sich heute nicht mehr von selbst.
Schwerenot sagten unsere Altvorderen zur Fallsucht oder Epilepsie. Weil man damals aber meinte, diese Krankheit würde durch eine boshafte Verwünschung ausgelöst, war jemand, der fluchte, ein Schwerenöter. Irgendwann wurde daraus ein verfluchter, gerissener Kerl und schließlich ein durchtriebener Weiberheld – ein Womanizer halt.