Christliche Metaller unter neuer Führung
Andreas Bemerl ist neuer Landesvorsitzender der Gewerkschaft CGM
- Der Friedrichshafener Andreas Bemerl ist neuer Landesvorsitzender der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM) in Baden-Württemberg. Der Aufsichtsrat von MTU und freigestellte Betriebsrat wurde beim 13. Landesgewerkschaftstag in Friedrichshafen von einer großen Mehrheit der 150 Delegierten gewählt. Bemerl war einziger Kandidat und ist nun Nachfolger von Markus Malm, der nicht mehr antrat. Zu Stellvertretern gewählt wurden Martin Rott aus Schwäbisch Gmünd und Marinko Skara aus Böblingen.
Mit rund 100 000 Mitliedern ist die CGM eine kleine Gewerkschaft. Noch vor einigen Jahren hing sie in den Seilen, wegen Tarifabschlüssen in der Zeitarbeitsbranche. Das Magazin „Spiegel“schrieb von „Lohndrückerei gegen die Interessen der eigenen Mitglieder“. Andreas Bemerl sagt: „Wir haben aus unseren Fehlern gelernt“. Die CGM wachse wieder. Das ist auch nötig. Wie jede Gewerkschaft braucht die CGM junges Blut, um die in Ruhestand gehenden Mitglieder auszugleichen. In der Bindung junger Arbeitnehmer an die Gewerkschaften sieht auch Gastredner Peter Grottian eine zentrale Aufgabe. Dass die CGM als Gewerkschaft der Mitte den linken Aktivisten und Sozialwissenschaftler einlädt, zeigt die Aufbruchsstimmung dieses alle vier Jahre stattfindenden Landesgewerkschaftstags.
Bemerl gilt als ruhig und besonnen „Das christliche Menschenbild ist mir persönlich nah“, sagt er. Daraus leitet er für seine Arbeit als Landesvorsitzender aber keine religiöse Präferenz ab, sondern die Ablehnung von Diskriminierung und Extremismus. „Dem sagen wir den Kampf an, egal von welcher Seite das kommt“, so Bemerl der „Schwäbischen Zeitung“. Er schreibt sich Minderheitenschutz auf die Fahnen und will besonders die Belange der einzelnen Mitarbeiter der Branche im Blick haben. Gerade weil die CGM eine kleine Gewerkschaft ist und kein riesiger Apparat, sieht er dazu eine besondere Chance. Nicht zuletzt der Rechte von Frauen, die oft in Teilzeitverträgen gefangen seien, müsse sich die Gewerkschaft annehmen.
In Entwicklungen der digitalen Industrie und des mobilen Arbeitens sieht Bemerls Gefahren. Hier herrsche ein geringer Organisationsgrad, der von vielen als besondere Freiheit empfunden werde. „Aber wenn ohne geregelte Arbeitszeiten Projekte fällig werden, wird die Freiheit zum Zwang.“Auch Outsourcing sei ein dringliches Arbeitsfeld für die CGM – Beispiel Daimler, Sindelfingen: „Von 50 000 Beschäftigten sind nur die Hälfte Daimler-Mitarbeiter. Die anderen sind bei Subunternehmen; aber zu schlechteren Konditionen.“
Groß soll nun die Jugendinitiative gefahren werden, die der CGM-Bezirk Friedrichshafen-Ravensburg ausgearbeitet hat. „Man muss sich fragen, was die Jugend von einer Gewerkschaft erwartet und sich diesen Erwartungen auch anpassen“, sagt Gastredner Peter Grottian den Delegierten. Mit dem Image altbackener Gewerkschaftsarbeit kriege man sie nicht, so Jasmina Brancazio. Sie ist Geschäftsführerin der CGM-Geschäftsstelle Friedrichshafen und hat das Konzept erarbeitet. „Junge Mitarbeiter sind nicht weniger politisch interessiert. Sie nutzen aber andere Strukturen, um sich zu äußern.“