Das Eisen zum Leben erwecken
Der Baumaschinenhändler Zeppelin gibt sich auf der Bauma amerikanisch
- Die Regeln neu schreiben. Unter dem Anspruch läuft es nicht in Halle B6 auf der von der Fläche her größten Messe der Welt. „Rewrite the Rules“prangt in weißen Lettern auf den in dunkel gehaltenen Wänden. Auf mehr als 8000 Quadratmetern gelb-glänzende Fahrzeuge mit schweren Ketten oder riesigen Reifen. Das Gummi haben Techniker vor dem ersten Messetag noch mit Farbe eingesprüht, damit die Räder nicht schwarz, sondern tiefschwarz schimmern. Von der Empore erinnert die Ausstellung an eine Spielzeugschau: die Maschinen zentimetergenau aufgereiht, ein durchorchestrierter Reigen von Baggern, Radladern, Muldenkippern und Planierraupen. Auf dem Teppich der Halle ist dann klar, dass keine Spielzeuge, sondern echte Baufahrfahrzeuge aufgefahren sind. Schweres Gerät aus gelbem Eisen. „Yellow Iron“, wie die Mitarbeiter voller Stolz sagen. Die meisten von ihnen tragen irgendwo, am Revers, an der Bluse, am Gürtel oder auf der Baseball-Kappe, zwei Logos, darauf die Worte: Zeppelin und Cat.
In Halle B6 auf der Bauma, der alle drei Jahre stattfindenden Messe für Baumaschinen in München, haben der weltgrößte Hersteller von Baumaschinen und Minenfahrzeugen Caterpillar und sein wichtigster Vertriebspartner Zeppelin ihren gemeinsamen Auftritt. Das Unternehmen aus Friedrichshafen am Bodensee verkauft in Deutschland, Österreich, Tschechien, der Slowakei und vielen Teilen der früheren Sowjetunion die vom US-Konzern aus Peoria im Bundesstaat Illinois produzierten Bagger, Radlader und Planierraupen. „Caterpillar hat die Marktführerschaft und die Geräte dazu, und wir haben die Mannschaft, die Fahrzeuge an den Mann zu bringen“, sagt Zeppelin-Vorstandschef Peter Gerstmann. „Und dazu brauchen wir besondere Leute, Leute, die die extra Meile gehen.“
Der amerikanische Konzern konzentriert sich voll auf die Entwicklung und die Produktion seiner Produkte, für den Vertrieb und den Service hat sich Caterpillar überall auf der Welt Geschäftspartner gesucht. Unternehmen, die weit weg von den USA, näher an den Kunden, an den Menschen sind. Wie Zeppelin, das Unternehmen, das 1954 zuerst für die damalige Bundesrepublik den Generalvertrieb übernommen hat. Seitdem ist das Vertrauensverhältnis gewachsen zwischen Zeppelin und Caterpillar: Die Amerikaner haben ihren deutschen Partnern immer neue Märkte anvertraut. Gerstmann nennt es „Symbiose der Leistungsbereitschaft“– aber es ist mehr: Es ist eine Verbindung zwischen Partnern, die ungleicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite das Stiftungsunternehmen, zurückhaltend, konservativ, im Besitz der Zeppelin-Stiftung, die Graf Zeppelin im Jahr 1908 gegründet hat, die Friedrichshafen verwaltet und auf die sich der Wohlstand der Bodenseestadt gründet. Auf der anderen Seite der an der New Yorker Börse gelistete US-Konzern mit einem Marktwert von mehr als 70 Milliarden Euro, dessen Aktien breit gestreut sind.
Mehr als 60 Jahre währt die Partnerschaft zwischen Caterpillar und Zeppelin mittlerweile – und in der Halle B6 auf der Bauma in München ist zu spüren, wie sehr der US-Konzern das baden-württembergische Traditionsunternehmen in all den Jahren geprägt hat. Peter Gerstmann weiß das, er ist wie seine Mitarbeiter fasziniert von der bei Caterpillar gelebten Identifikation mit der eigenen Marke und kann sich der Begeisterung für das „Yellow Iron“der glänzend lackierten Planierraupen nicht entziehen. „Es geht darum, das Eisen zum Leben zu erwecken“, sagt Gerstmann. „Von anderen deutschen Unternehmen unterscheidet uns die amerikanische Geschäftsemotion – ganz klar. Es gibt kaum ein Investitionsgut, das eine solche Markenpräsenz hat wie Caterpillar.“
Jeden Morgen, bevor die Besucher auf die Messe strömen, versammeln sich die Mitarbeiter von Caterpillar und Zeppelin vor der Bühne in Halle B6. „Morgengebet“nennen andere Unternehmen diese Veranstaltung und belächeln das Einschwören auf den nächsten Tag, das nächste Kundengespräch, den nächsten Verkauf. Die Mitarbeiter von Zeppelin und Caterpillar tun das nicht. Sie verfolgen die Show gebannt – und fiebern den Ehrungen für die besten Deals des Vortages entgegen. Ein Jubelschrei, dann darf ein Verkäufer aus Köln auf die Bühne. Allein am dritten Messetag haben die Mitarbeiter von Caterpillar und Zeppelin Maschinen für 21,9 Millionen Euro verkauft. Die Zahl der zur Messe und auf der Messe verkauften Fahrzeuge lag schon am zweiten Tag über dem Wert für die gesamte Bauma vor drei Jahren: 2016 verkauften die Unternehmen 2666 Bagger, Radlader und Raupen, in diesem Jahr waren es am Dienstagabend schon mehr als 2700.
Partnerschaft gründet sich auf Flop
Dabei basiert die seit vielen Jahren erfolgreiche Partnerschaft auf einem Misserfolg. Nach dem zweiten Weltkrieg hatte Zeppelin als einzige Firma aus der Gruppe der von Graf Zeppeline gegründeten Unternehmen kein Produkt mehr. „Zeppeline brauchte keiner, und Raketen wollte keiner“, sagt der Zeppelin-Chef. Die französische Armee habe aber Leute für den Service ihrer Fahrzeuge und Maschinen gesucht. „Und schweißen und reparieren, das konnten die Zeppeliner“, erzählt Gerstmann weiter. Aus dieser Arbeit heraus sei in der Folge ein Serviceauto entstanden, das Zeppelin im Jahr 1954 auf dem Genfer Autosalon vorgestellt hat. „Das Auto war ein totaler Flop“, sagt Gerstmann, „aber auf der Messe ist Zeppelin mit einer Delegation von Caterpillar in Kontakt gekommen, die auf der Suche nach europäischen Vertriebspartnern für ihre Produkte war.“
Für Caterpillar war die Suche zu Ende, für Zeppelin begann eine lukrative Partnerschaft: Der Vertrieb der Caterpillar-Fahrzeuge macht seit Jahren den Löwenanteil des Zeppelin-Geschäfts aus. Im Jahr 2018 steigerte das Unternehmen den Umsatz um elf Prozent auf 2,9 Milliarden Euro – davon kamen 1,8 Milliarden aus dem hochprofitablen Baumaschinenhandel. „Und auch für 2019 sehen wir keinen Abbruch im Baugeschäft“, sagt Peter Gerstmann. „Das Jahr wird genauso gut wie das vergangene – vielleicht besser.“
Dafür haben die Caterpillar-Manager und die Zeppelin-Vorstände ihre Verkäufer auf der Bauma jeden Morgen eingeschworen. „Danke, was ihr bisher erreicht habt“, rief am Donnerstag Frédéric Istas, bei Caterpillar Vizechef der Sparte Erdbewegung, in die begeisterte Menge. „Es fühlt sich gut an, über die Messe zu gehen, aber wieder in diese Halle zu kommen, fühlt sich noch besser an.“Was er damit sagen wollte war klar: Die einzig wahren Bagger baut Caterpillar. Und verkauft werden sie von Zeppelin.