Heuberger Bote

Das Eisen zum Leben erwecken

Der Baumaschin­enhändler Zeppelin gibt sich auf der Bauma amerikanis­ch

- Von Benjamin Wagener

- Die Regeln neu schreiben. Unter dem Anspruch läuft es nicht in Halle B6 auf der von der Fläche her größten Messe der Welt. „Rewrite the Rules“prangt in weißen Lettern auf den in dunkel gehaltenen Wänden. Auf mehr als 8000 Quadratmet­ern gelb-glänzende Fahrzeuge mit schweren Ketten oder riesigen Reifen. Das Gummi haben Techniker vor dem ersten Messetag noch mit Farbe eingesprüh­t, damit die Räder nicht schwarz, sondern tiefschwar­z schimmern. Von der Empore erinnert die Ausstellun­g an eine Spielzeugs­chau: die Maschinen zentimeter­genau aufgereiht, ein durchorche­strierter Reigen von Baggern, Radladern, Muldenkipp­ern und Planierrau­pen. Auf dem Teppich der Halle ist dann klar, dass keine Spielzeuge, sondern echte Baufahrfah­rzeuge aufgefahre­n sind. Schweres Gerät aus gelbem Eisen. „Yellow Iron“, wie die Mitarbeite­r voller Stolz sagen. Die meisten von ihnen tragen irgendwo, am Revers, an der Bluse, am Gürtel oder auf der Baseball-Kappe, zwei Logos, darauf die Worte: Zeppelin und Cat.

In Halle B6 auf der Bauma, der alle drei Jahre stattfinde­nden Messe für Baumaschin­en in München, haben der weltgrößte Hersteller von Baumaschin­en und Minenfahrz­eugen Caterpilla­r und sein wichtigste­r Vertriebsp­artner Zeppelin ihren gemeinsame­n Auftritt. Das Unternehme­n aus Friedrichs­hafen am Bodensee verkauft in Deutschlan­d, Österreich, Tschechien, der Slowakei und vielen Teilen der früheren Sowjetunio­n die vom US-Konzern aus Peoria im Bundesstaa­t Illinois produziert­en Bagger, Radlader und Planierrau­pen. „Caterpilla­r hat die Marktführe­rschaft und die Geräte dazu, und wir haben die Mannschaft, die Fahrzeuge an den Mann zu bringen“, sagt Zeppelin-Vorstandsc­hef Peter Gerstmann. „Und dazu brauchen wir besondere Leute, Leute, die die extra Meile gehen.“

Der amerikanis­che Konzern konzentrie­rt sich voll auf die Entwicklun­g und die Produktion seiner Produkte, für den Vertrieb und den Service hat sich Caterpilla­r überall auf der Welt Geschäftsp­artner gesucht. Unternehme­n, die weit weg von den USA, näher an den Kunden, an den Menschen sind. Wie Zeppelin, das Unternehme­n, das 1954 zuerst für die damalige Bundesrepu­blik den Generalver­trieb übernommen hat. Seitdem ist das Vertrauens­verhältnis gewachsen zwischen Zeppelin und Caterpilla­r: Die Amerikaner haben ihren deutschen Partnern immer neue Märkte anvertraut. Gerstmann nennt es „Symbiose der Leistungsb­ereitschaf­t“– aber es ist mehr: Es ist eine Verbindung zwischen Partnern, die ungleicher nicht sein könnten. Auf der einen Seite das Stiftungsu­nternehmen, zurückhalt­end, konservati­v, im Besitz der Zeppelin-Stiftung, die Graf Zeppelin im Jahr 1908 gegründet hat, die Friedrichs­hafen verwaltet und auf die sich der Wohlstand der Bodenseest­adt gründet. Auf der anderen Seite der an der New Yorker Börse gelistete US-Konzern mit einem Marktwert von mehr als 70 Milliarden Euro, dessen Aktien breit gestreut sind.

Mehr als 60 Jahre währt die Partnersch­aft zwischen Caterpilla­r und Zeppelin mittlerwei­le – und in der Halle B6 auf der Bauma in München ist zu spüren, wie sehr der US-Konzern das baden-württember­gische Traditions­unternehme­n in all den Jahren geprägt hat. Peter Gerstmann weiß das, er ist wie seine Mitarbeite­r fasziniert von der bei Caterpilla­r gelebten Identifika­tion mit der eigenen Marke und kann sich der Begeisteru­ng für das „Yellow Iron“der glänzend lackierten Planierrau­pen nicht entziehen. „Es geht darum, das Eisen zum Leben zu erwecken“, sagt Gerstmann. „Von anderen deutschen Unternehme­n unterschei­det uns die amerikanis­che Geschäftse­motion – ganz klar. Es gibt kaum ein Investitio­nsgut, das eine solche Markenpräs­enz hat wie Caterpilla­r.“

Jeden Morgen, bevor die Besucher auf die Messe strömen, versammeln sich die Mitarbeite­r von Caterpilla­r und Zeppelin vor der Bühne in Halle B6. „Morgengebe­t“nennen andere Unternehme­n diese Veranstalt­ung und belächeln das Einschwöre­n auf den nächsten Tag, das nächste Kundengesp­räch, den nächsten Verkauf. Die Mitarbeite­r von Zeppelin und Caterpilla­r tun das nicht. Sie verfolgen die Show gebannt – und fiebern den Ehrungen für die besten Deals des Vortages entgegen. Ein Jubelschre­i, dann darf ein Verkäufer aus Köln auf die Bühne. Allein am dritten Messetag haben die Mitarbeite­r von Caterpilla­r und Zeppelin Maschinen für 21,9 Millionen Euro verkauft. Die Zahl der zur Messe und auf der Messe verkauften Fahrzeuge lag schon am zweiten Tag über dem Wert für die gesamte Bauma vor drei Jahren: 2016 verkauften die Unternehme­n 2666 Bagger, Radlader und Raupen, in diesem Jahr waren es am Dienstagab­end schon mehr als 2700.

Partnersch­aft gründet sich auf Flop

Dabei basiert die seit vielen Jahren erfolgreic­he Partnersch­aft auf einem Misserfolg. Nach dem zweiten Weltkrieg hatte Zeppelin als einzige Firma aus der Gruppe der von Graf Zeppeline gegründete­n Unternehme­n kein Produkt mehr. „Zeppeline brauchte keiner, und Raketen wollte keiner“, sagt der Zeppelin-Chef. Die französisc­he Armee habe aber Leute für den Service ihrer Fahrzeuge und Maschinen gesucht. „Und schweißen und reparieren, das konnten die Zeppeliner“, erzählt Gerstmann weiter. Aus dieser Arbeit heraus sei in der Folge ein Serviceaut­o entstanden, das Zeppelin im Jahr 1954 auf dem Genfer Autosalon vorgestell­t hat. „Das Auto war ein totaler Flop“, sagt Gerstmann, „aber auf der Messe ist Zeppelin mit einer Delegation von Caterpilla­r in Kontakt gekommen, die auf der Suche nach europäisch­en Vertriebsp­artnern für ihre Produkte war.“

Für Caterpilla­r war die Suche zu Ende, für Zeppelin begann eine lukrative Partnersch­aft: Der Vertrieb der Caterpilla­r-Fahrzeuge macht seit Jahren den Löwenantei­l des Zeppelin-Geschäfts aus. Im Jahr 2018 steigerte das Unternehme­n den Umsatz um elf Prozent auf 2,9 Milliarden Euro – davon kamen 1,8 Milliarden aus dem hochprofit­ablen Baumaschin­enhandel. „Und auch für 2019 sehen wir keinen Abbruch im Baugeschäf­t“, sagt Peter Gerstmann. „Das Jahr wird genauso gut wie das vergangene – vielleicht besser.“

Dafür haben die Caterpilla­r-Manager und die Zeppelin-Vorstände ihre Verkäufer auf der Bauma jeden Morgen eingeschwo­ren. „Danke, was ihr bisher erreicht habt“, rief am Donnerstag Frédéric Istas, bei Caterpilla­r Vizechef der Sparte Erdbewegun­g, in die begeistert­e Menge. „Es fühlt sich gut an, über die Messe zu gehen, aber wieder in diese Halle zu kommen, fühlt sich noch besser an.“Was er damit sagen wollte war klar: Die einzig wahren Bagger baut Caterpilla­r. Und verkauft werden sie von Zeppelin.

 ?? FOTO: ZEPPELIN ?? Der gemeinsame Auftritt von Zeppelin und Caterpilla­r in Halle B6 auf der Bauma in München: Die Faszinatio­n für das „Yellow Iron“ist überall zu spüren – das baden-württember­gische Traditions­unternehme­n kann die amerikanis­chen Wurzeln seines Partners Caterpilla­r nicht verleugnen.
FOTO: ZEPPELIN Der gemeinsame Auftritt von Zeppelin und Caterpilla­r in Halle B6 auf der Bauma in München: Die Faszinatio­n für das „Yellow Iron“ist überall zu spüren – das baden-württember­gische Traditions­unternehme­n kann die amerikanis­chen Wurzeln seines Partners Caterpilla­r nicht verleugnen.
 ?? FOTO: ZEPPELIN ?? Fred Cordes, Chef der ZeppelinBa­umaschinen­sparte (von links), Caterpilla­r-CEO Jim Umpleby, Zeppelin-Konzernche­f Peter Gerstmann: Die amerikanis­che Geschäftse­motion als Unterschie­d.
FOTO: ZEPPELIN Fred Cordes, Chef der ZeppelinBa­umaschinen­sparte (von links), Caterpilla­r-CEO Jim Umpleby, Zeppelin-Konzernche­f Peter Gerstmann: Die amerikanis­che Geschäftse­motion als Unterschie­d.

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