Mit dem elektrischen Soul setzt Kia zur Kür an
Ikonisches Design ergänzt durch starkes Sprintvermögen
K ia kann’s. In weniger als zehn Jahren haben sich die Koreaner vom billigen Massenhersteller zum Trendsetter gemausert, bieten tolles Design, gute Qualität und oft mehr Ausstattung als VW & Co. Jetzt drängen sie auch noch bei den alternativen Antrieben in die Pole Position. Denn während VW noch am ID entwickelt und es bei Opel oder Ford allenfalls Ankündigungen gibt, haben die Koreaner schon eine ganze Flotte an Saubermännern auf der Straße. Und nachdem sie mit dem Niro als HybridPlug-in und Akku-Auto die Pflicht erfüllt haben, starten sie jetzt zur Kür und bringen zu Schätzpreisen von über 30 000 Euro die dritte Generation des Soul an den Start. Bis dato auch mit Verbrennern zu haben, wird die Kiste aus Korea zumindest in Europa künftig nur noch als Elektroauto angeboten. Auf diese Weise sollen Kunden mit ausgeprägtem ökologischen Bewusstsein angesprochen werden.
Ikonisches Design bleibt trotz Änderungen bestehen
Die Tigernase wird beim neuen Soul EV zu einem schmalen LED-Schlitz, die Ladeklappe anstelle des Kühlergrills noch hübscher inszeniert und die Proportionen mit etwas mehr Radstand und Länge so korrigiert, dass selbst der Kastenwagen dynamischer aussieht. Auch das Heck mit seinem charakteristischen Ring aus Rotlicht ist runder geworden. Am ikonischen Design des Soul ändert sich trotz der ganzen Änderungen nur wenig.
Doch das Fahren fühlt sich neu an und es ist auch kein Vergleich zur Elektroversion des letzten Soul, die sich in den letzten Jahren besser verkauft hat als alle Verbrenner zusammen. Denn Kia übernimmt die beiden Antriebspakete aus dem Niro und vor allem das stärkere überzeugt. Reichweitenängste sind bei einem 64-kWh-Akku, einem Aktionsradius von 452 Kilometern in der Norm und gut und gerne 300 Kilometern im Alltag passé. Außerdem fährt der Soul mit 204 PS und einem auf 395 Nm angehobenen Drehmoment auch vorne mit. Das Spurtvermögen ist bisweilen größer als die Haftkraft der Reifen. Ein Sprintwert von 0 auf 100 km/h in 7,9 Sekunden ist mehr als konkurrenzfähig und beim Zwischenspurt auf der Landstraße ist der Soul so flott, dass man sich bei der ersten Ausfahrt in Korea immer mal wieder selbst am Riemen reißen muss.
Denn erstens gibt es nirgends so viele Temposchwellen und Radarfallen wie rund um Seoul, und zweitens sind in engen Kurven eben doch die 1,8 Tonnen Lebendgewicht, die dann mächtig nach außen drängen, zu spüren. Vielleicht ist es also gar kein Schaden, wenn der Soul EV mit Rücksicht auf die Reichweite bei 167 km/h den Stecker gezogen bekommt. Alternativ dazu gibt es den Soul für Sparbrötchen genau wie den Niro auch mit abgespecktem Antrieb: Dann hat der E-Motor nur 136 PS und der Akku lediglich 39,2 kWh. Entsprechend verlängert sich der Sprintwert auf 9,9 Sekunden. Wer auf dem Pedal stehen bleibt, schafft 155 km/h und die Reichweite reduziert sich auf dem Prüfstand auf 277 Kilometer.
Viel Aufwand für die Energierückgewinnung
Was bei diesem Kia überrascht, das ist der Aufwand für die unterschiedlichen Fahrprofile und mehr noch für die Rekuperation. Es gibt vier Charaktereinstellungen von Sport bis Eco-Plus, die sich vor allem in Sachen Fahrspaß deutlich unterscheiden und mit zunehmendem Sparanspruch sogar die Leistung drosseln. Nebenverbraucher wie die Klimaanlage werden einfach abgeklemmt. Wer die Energie beim Bremsen zurückgewinnen will, kann mit den Wippen am Lenkrad nicht nur vier Stufen der Verzögerung wählen, sondern den Wagen mit dem linken Hebel auch gleich bis zum Stillstand abbremsen. Wer sich daran erst einmal gewöhnt hat, braucht die Fußbremse nur noch im Notfall. Während die Technik gleich ist wie beim Niro, ist der Charakter des Soul ein anderer. Schließlich ist das Auto für Kia nicht nur eine Stilikone, sondern auch ein Stimmungsmacher. Es gibt ein Heer von Assistenzsystemen und das neueste Infotainment samt digitalem Cockpit, großem Touchscreen und dem Bediensystem UVO. Damit wird Klimatisierung und Akkuladung über eine App auch aus der Ferne gesteuert.
Dazu kommen nette Spielereien wie die Reliefs auf Felgen und Türkonsolen, die entfernt an Diskokugeln erinnern oder eine AmbienteBeleuchtung mit Lichtspielen, die sich der laufenden Musik anpassen. So wird aus dem Stau schnell mal eine Party.
So locker und lässig der Soul EV auftritt und so gute Laune er macht, dürfte das Erlebnis für die Kunden allerdings mit einem spürbaren Stimmungsdämpfer beginnen. Denn auch wenn Kia die Markteinführung für dieses Frühjahr verspricht, brauchen Interessenten reichlich Geduld – schon jetzt rechnen die Koreaner mit mindestens neun Monaten Lieferfrist.