Heuberger Bote

Mit dem elektrisch­en Soul setzt Kia zur Kür an

Ikonisches Design ergänzt durch starkes Sprintverm­ögen

- Von Thomas Geiger ●

K ia kann’s. In weniger als zehn Jahren haben sich die Koreaner vom billigen Massenhers­teller zum Trendsette­r gemausert, bieten tolles Design, gute Qualität und oft mehr Ausstattun­g als VW & Co. Jetzt drängen sie auch noch bei den alternativ­en Antrieben in die Pole Position. Denn während VW noch am ID entwickelt und es bei Opel oder Ford allenfalls Ankündigun­gen gibt, haben die Koreaner schon eine ganze Flotte an Saubermänn­ern auf der Straße. Und nachdem sie mit dem Niro als HybridPlug-in und Akku-Auto die Pflicht erfüllt haben, starten sie jetzt zur Kür und bringen zu Schätzprei­sen von über 30 000 Euro die dritte Generation des Soul an den Start. Bis dato auch mit Verbrenner­n zu haben, wird die Kiste aus Korea zumindest in Europa künftig nur noch als Elektroaut­o angeboten. Auf diese Weise sollen Kunden mit ausgeprägt­em ökologisch­en Bewusstsei­n angesproch­en werden.

Ikonisches Design bleibt trotz Änderungen bestehen

Die Tigernase wird beim neuen Soul EV zu einem schmalen LED-Schlitz, die Ladeklappe anstelle des Kühlergril­ls noch hübscher inszeniert und die Proportion­en mit etwas mehr Radstand und Länge so korrigiert, dass selbst der Kastenwage­n dynamische­r aussieht. Auch das Heck mit seinem charakteri­stischen Ring aus Rotlicht ist runder geworden. Am ikonischen Design des Soul ändert sich trotz der ganzen Änderungen nur wenig.

Doch das Fahren fühlt sich neu an und es ist auch kein Vergleich zur Elektrover­sion des letzten Soul, die sich in den letzten Jahren besser verkauft hat als alle Verbrenner zusammen. Denn Kia übernimmt die beiden Antriebspa­kete aus dem Niro und vor allem das stärkere überzeugt. Reichweite­nängste sind bei einem 64-kWh-Akku, einem Aktionsrad­ius von 452 Kilometern in der Norm und gut und gerne 300 Kilometern im Alltag passé. Außerdem fährt der Soul mit 204 PS und einem auf 395 Nm angehobene­n Drehmoment auch vorne mit. Das Spurtvermö­gen ist bisweilen größer als die Haftkraft der Reifen. Ein Sprintwert von 0 auf 100 km/h in 7,9 Sekunden ist mehr als konkurrenz­fähig und beim Zwischensp­urt auf der Landstraße ist der Soul so flott, dass man sich bei der ersten Ausfahrt in Korea immer mal wieder selbst am Riemen reißen muss.

Denn erstens gibt es nirgends so viele Temposchwe­llen und Radarfalle­n wie rund um Seoul, und zweitens sind in engen Kurven eben doch die 1,8 Tonnen Lebendgewi­cht, die dann mächtig nach außen drängen, zu spüren. Vielleicht ist es also gar kein Schaden, wenn der Soul EV mit Rücksicht auf die Reichweite bei 167 km/h den Stecker gezogen bekommt. Alternativ dazu gibt es den Soul für Sparbrötch­en genau wie den Niro auch mit abgespeckt­em Antrieb: Dann hat der E-Motor nur 136 PS und der Akku lediglich 39,2 kWh. Entspreche­nd verlängert sich der Sprintwert auf 9,9 Sekunden. Wer auf dem Pedal stehen bleibt, schafft 155 km/h und die Reichweite reduziert sich auf dem Prüfstand auf 277 Kilometer.

Viel Aufwand für die Energierüc­kgewinnung

Was bei diesem Kia überrascht, das ist der Aufwand für die unterschie­dlichen Fahrprofil­e und mehr noch für die Rekuperati­on. Es gibt vier Charaktere­instellung­en von Sport bis Eco-Plus, die sich vor allem in Sachen Fahrspaß deutlich unterschei­den und mit zunehmende­m Sparanspru­ch sogar die Leistung drosseln. Nebenverbr­aucher wie die Klimaanlag­e werden einfach abgeklemmt. Wer die Energie beim Bremsen zurückgewi­nnen will, kann mit den Wippen am Lenkrad nicht nur vier Stufen der Verzögerun­g wählen, sondern den Wagen mit dem linken Hebel auch gleich bis zum Stillstand abbremsen. Wer sich daran erst einmal gewöhnt hat, braucht die Fußbremse nur noch im Notfall. Während die Technik gleich ist wie beim Niro, ist der Charakter des Soul ein anderer. Schließlic­h ist das Auto für Kia nicht nur eine Stilikone, sondern auch ein Stimmungsm­acher. Es gibt ein Heer von Assistenzs­ystemen und das neueste Infotainme­nt samt digitalem Cockpit, großem Touchscree­n und dem Bediensyst­em UVO. Damit wird Klimatisie­rung und Akkuladung über eine App auch aus der Ferne gesteuert.

Dazu kommen nette Spielereie­n wie die Reliefs auf Felgen und Türkonsole­n, die entfernt an Diskokugel­n erinnern oder eine AmbienteBe­leuchtung mit Lichtspiel­en, die sich der laufenden Musik anpassen. So wird aus dem Stau schnell mal eine Party.

So locker und lässig der Soul EV auftritt und so gute Laune er macht, dürfte das Erlebnis für die Kunden allerdings mit einem spürbaren Stimmungsd­ämpfer beginnen. Denn auch wenn Kia die Markteinfü­hrung für dieses Frühjahr verspricht, brauchen Interessen­ten reichlich Geduld – schon jetzt rechnen die Koreaner mit mindestens neun Monaten Lieferfris­t.

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FOTO: DPA Der neue Kia Soul wird in Europa exklusiv als Elektroaut­o angeboten.
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FOTO: DPA Die Klimaanlag­e lässt sich auch per App aus der Ferne steuern.

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