Heuberger Bote

Ein Blick in die Zukunft hilft

Mit Strategien lässt sich die Entscheidu­ngsfindung vereinfach­en

- Von Amelie Breitenhub­er

C apuccino oder schwarzer Kaffee? Kantine oder Restaurant? Manche Entscheidu­ngen gehen uns ganz leicht von der Hand, viele treffen wir sogar unbewusst. Andere stellen uns dagegen vor große Herausford­erungen. Soll ich dem Chef die Kündigung in die Hand drücken? Das Jobangebot annehmen? Die Elternzeit verlängern?

Gerade im Berufskont­ext erscheinen uns Beschlüsse immer wieder so zukunftstr­ächtig, dass wir tagelang Gedanken dazu wälzen und uns im endlosen Abwägen verlieren. Was dagegen hilft? Philip Meissner leitet den Lehrstuhl für Strategisc­hes Management und Entscheidu­ngsfindung an der ESCP Europe Berlin und hat ein Buch zum Thema geschriebe­n. „Entscheidu­ngen werden da besonders wichtig, wo sie die Zukunft beeinfluss­en“, sagt er. In seinem Buch hat er drei große Bereiche ausgemacht, die jedem helfen sollen, die Entscheidu­ngsfindung zu vereinfach­en.

Über die richtige Frage nachdenken:

Zunächst muss man sich damit auseinande­rsetzen, ob man denn über die richtige Entscheidu­ng nachdenkt. „Wenn jemand zum Beispiel überlegt zu kündigen, weil er oder sie in dem Job unzufriede­n ist, könnte das erste offensicht­liche Symptom der Unzufriede­nheit die Firma selbst sein“, sagt Meissner. „Tatsächlic­h ist die Ursache aber vielleicht der Chef, mit dem man nicht klarkommt.“Deshalb müsse man der Ursache des Problems auf den Grund gehen. Bringt ein Jobwechsel wirklich die erhoffte Veränderun­g? „Ansonsten triff man oft eine Entscheidu­ng, die das Problem nicht löst“, sagt Meissner.

Unterschie­dliche Sichtweise­n integriere­n:

Wer eine strategisc­h kluge Entscheidu­ng treffen will, sollte sich nicht nur auf sich selbst verlassen. „Ich höre mir am besten unterschie­dliche Sichtweise­n an, auch die von Kritikern“, sagt Meissner. Denn oft habe man von sich und seinen Einschätzu­ngen ein allzu positives Bild. Meissner rät, zum Beispiel Freunde darum zu bitten, eine andere Perspektiv­e einzunehme­n, sich alle erdenklich­en Gegenargum­ente für eine Entscheidu­ng zu überlegen und diese vorzubring­en. Dadurch werde man am Ende gezwungen, stärker und offener über ein bestimmtes Thema nachzudenk­en.

Den richtigen Ratgeber findet derjenige, der auch die Interessen des Gegenübers im Kopf hat. Das heißt etwa: Wer darüber nachdenkt, für den Job von Berlin nach London zu ziehen, sollte bedenken, dass die Berliner Freunde bei ihren Ratschläge­n ein Interesse daran haben, dass man in der Stadt bleibt. Vielleicht wendet man sich für einen unabhängig­en Rat daher eher an jemand anderen. „Idealerwei­se sucht man sich Ratgeber, die auf eine ähnliche, eigene Erfahrung zurückgrei­fen können und das Problem, vor dem man steht, bereits gelöst haben“, empfiehlt Meissner.

Die Angst vor der Entscheidu­ng überwinden:

Am Ende hilft alles nichts, wenn man nicht auch tatsächlic­h eine Entscheidu­ng trifft. „Davor haben viele Angst“, sagt der Strategie-Professor. Er empfiehlt eine einfache Denkübung, um das zu überwinden: „Man sollte über die Folgen seiner Entscheidu­ng in fünf Jahren nachdenken.“Viele hätten bei einem Jobwechsel erst mal das Worst-Case-Szenario im Kopf. Etwa: Wenn ich jetzt den Job wechsle, werde ich in der neuen Stadt bestimmt keine neuen Freunde finden, beruflich den Anschluss verpassen und todunglück­lich sein.

„Das sollte man realistisc­her angehen“, sagt Meissner. Und zwar mit der Überlegung: Wie viel Relevanz hat eine Entscheidu­ng in fünf Jahren noch? Wie fühle ich mich 10 Minuten, 10 Tage oder 10 Monate nach einem Beschluss? „Kurz nach der Entscheidu­ng fühlt man sich relativ gut, nach 10 Tagen hat man vielleicht sogar schon vergessen, dass man die Entscheidu­ng überhaupt getroffen hat, und 10 Monate später ist es überhaupt kein Thema mehr“, erklärt Meissner. Diese Gedanken relativier­en die Bedeutung, die wir einer Entscheidu­ng zuschreibe­n.

Eine weitere Überlegung kann ebenso beruhigen, sagt Meissner: Man müsse immer bedenken, dass sich Entscheidu­ngen in der Regel noch beeinfluss­en lassen und nicht für immer beschlosse­n sind. Sich das bewusst zu machen, nehme oft schon eine große Last von den Schultern der Entscheide­r. (dpa)

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FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT Angst vor einer schwerwieg­enden Entscheidu­ng im Berufslebe­n? In einem solchen Fall kann es helfen, über die Folgen des Beschlusse­s in fünf Jahren nachzudenk­en.

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