Heuberger Bote

Neuer Betrugsver­dacht bei Daimler

KBA prüft Abschaltei­nrichtung im Kühlsystem – Verdacht auf versuchte Vertuschun­g

- Von Bernd Röder

(AFP/dpa) - Im Dieselskan­dal hat das Kraftfahrt­bundesamt (KBA) offensicht­lich eine bisher unbekannte Betrugssof­tware beim baden-württember­gischen Konzern Daimler entdeckt. Die Behörde leitete ein formelles Anhörungsv­erfahren gegen den Autobauer ein, wie das Unternehme­n am Sonntag in Stuttgart bestätigte. Betroffen ist demnach das Mercedes-Benz-Modell GLK 220 CDI mit der Abgasnorm 5.

Bei dem Verdacht geht es nach Informatio­nen der „Bild am Sonntag“um eine „unzulässig­e Abschaltvo­rrichtung“. So halte das Modell die gesetzlich­en Grenzwerte für Stickoxide nur ein, wenn die Kühlmittel-Sollwert-Temperatur­regelung aktiv ist. Auf der Straße werde die Funktion dagegen deaktivier­t und der Grenzwert von 180 Milligramm pro Kilometer deutlich überschrit­ten. Betroffen seien 60 000 Autos, die zwischen 2012 und 2015 produziert wurden.

„Wir kooperiere­n vollumfäng­lich mit dem Kraftfahrt­bundesamt und prüfen den beschriebe­nen Sachverhal­t“, hieß es dazu in der Erklärung von Daimler. Das Unternehme­n werde dem KBA im Rahmen der Anhörung „unsere Sichtweise darlegen“.

Die Behörde war laut „Bild am Sonntag“bereits im Herbst auf die umstritten­e Funktion bei dem Motor OM 651 gestoßen. Weitere Tests bei einem GLK-Modell hätten den Verdacht dann erhärtet. Die Zeitung berichtet weiter, dass das KBA herausgefu­nden hat, dass die neu entdeckte Funktion bei Software-Updates von Daimler unbemerkt entfernt wurde. Die Frage, ob und warum das geschehen sei, wollte Daimler nicht beantworte­n. Zu einer möglichen Verantwort­ung von Entwicklun­gsvorstand Ola Källenius, der im Mai das Amt von Vorstandsc­hefs Dieter Zetsche übernehmen soll, sagte der Sprecher: „Herr Källenius gibt persönlich keine Software-Updates frei.“

Bei der Nachrüstun­g von Dieselauto­s mit Software-Updates sind die Autobauer weiter im Verzug. Derzeit sei rund eine Million der betroffene­n etwa 5,3 Millionen Fahrzeuge bei der Software noch nicht auf dem neuesten Stand, teilte das Verkehrsmi­nisterium in Berlin am Samstag auf Anfrage mit. Es handelt sich um jene Dieselfahr­zeuge, für die die Hersteller 2017 ein Update zugesagt hatten und dies bis Ende 2018 verwirklic­hen wollten.

(dpa) - Beim Automobilb­auer Daimler gibt es einen neuen Verdacht der Manipulati­on von Abgaswerte­n bei Dieselfahr­zeugen. Bei etwa 60 000 Sportgelän­dewagen (SUV – Sport Utility Vehicle) sollen die Werte mit Hilfe eines Computerpr­ogramms gesenkt worden sein – aber nur auf dem Prüfstand und nicht im täglichen Verkehr. Das Kraftfahrt­bundesamt (KBA) hat ein formelles Anhörungsv­erfahren wegen des Verdachts auf eine weitere „unzulässig­e Abschaltvo­rrichtung“eingeleite­t.

Die Manipulati­on soll nach Informatio­nen der „Bild am Sonntag“bei dem Modell Mercedes-Benz GLK 220 CDI mit der Abgasnorm 5 vorgenomme­n worden sein. Ein DaimlerSpr­echer bestätigte am Sonntag, dass bei dem Sachverhal­t diese Fahrzeuge aus den Produktion­sjahren 2012 bis 2015 untersucht würden. Die Behörde sei bereits im Herbst 2018 auf die verdächtig­e Softwarefu­nktion bei dem Motor OM 651 gestoßen.

In welcher Weise soll manipulier­t worden sein? Die beanstande­te Softwarefu­nktion aktiviert offenkundi­g eine spezielle Temperatur­regelung. Diese hält nach Recherchen der Zeitung den Kühlmittel­kreislauf künstlich kälter und verzögert die Aufwärmung des Motoröls. Die Folge: Die Stickoxid-Werte blieben auf dem Prüfstand auf einem niedrigere­n Niveau, unterhalb des Grenzwerts im Neuen Europäisch­en Prüfzyklus. Im Straßenbet­rieb werde die Funktion dagegen deaktivier­t und der Grenzwert von 180 Milligramm pro Kilometer deutlich überschrit­ten.

Ein Daimler-Sprecher bestätigte am Sonntag, dass es eine Anhörung in dieser Sache gebe. Mit dem KBA liefen dazu bereits seit Monaten Gespräche. Das Unternehme­n habe die in dem Verfahren verlangte Stellungna­hme noch nicht abgegeben, das solle aber noch im April geschehen. Daimler betonte, man kooperiere „vollumfäng­lich“mit dem KBA.

Zugleich widersprac­h der Konzern der Darstellun­g der Zeitung, wonach das KBA herausgefu­nden habe, dass Daimler die Programmie­rung der Kühlmittel­funktion bei laufenden Software-Updates unbemerkt entferne. Laut Daimler gehören diese Updates zu einem früher angekündig­ten Maßnahmenp­aket für mehr als drei Millionen Mercedes-Benz-Fahrzeuge. Dabei halte sich das Unternehme­n an den mit dem Verkehrsmi­nisterium und dem KBA vereinbart­en Genehmigun­gsprozess. „Die Behauptung, dass wir mit der freiwillig­en Servicemaß­nahme etwas verbergen wollen, ist unzutreffe­nd“, erklärte Daimler.

Daimler hatte im September 2018 mit den Software-Updates für seine Fahrzeuge begonnen, um so die Abgaswerte zu verringern. Zuvor hatte das KBA für rund 700 000 DaimlerDie­sel wegen einer illegalen Abschaltei­nrichtung bei der Abgasreini­gung einen Rückruf angeordnet. Darunter fiel nach damaligen Angaben des Konzerns aber nur ein Teil der Wagen, die als Erste die neue Software bekamen. Die übrigen seien Teil einer freiwillig­en Aktion. Daimler hatte zunächst Nachbesser­ungen an knapp 300 000 Dieseln in Europa angekündig­t, um den Stickoxid-Ausstoß per Update zu verringern. Die Zahl wurde dann im Sommer 2017 auf etwa drei Millionen aufgestock­t.

Unabhängig vom aktuellen Fall bei Daimler sind die deutschen Autoherste­ller bei der Nachrüstun­g mit Abgas-Software für Diesel noch immer im Verzug. Derzeit sei rund eine Million der betroffene­n etwa 5,3 Millionen Fahrzeuge bei der Software noch nicht auf dem neuesten Stand, teilte das Bundesverk­ehrsminist­erium in Berlin am Samstag auf Anfrage mit. Es handelt sich um jene Dieselauto­s, für die deutsche Hersteller im Jahr 2017 ein Software-Update zugesagt hatten und dies bis Ende 2018 verwirklic­hen wollten.

Die Ursache für die Verzögerun­g der Nachrüstun­gen liege „allein darin, dass die Hersteller noch die notwendige­n technische­n Unterlagen“zur Freigabe der Software-Updates an das KBA liefern müssten, so das Verkehrsmi­nisterium. Bei den beanstande­ten Fahrzeugty­pen hatte das KBA unzulässig­e Abschaltei­nrichtunge­n festgestel­lt, die zu einem erhöhtem Stickoxid-Ausstoß im Betrieb führen.

Konkret umgerüstet wurden laut Ministeriu­m bisher rund 99 Prozent aller VW mit dem beanstande­ten EA189-Motor. Bei den Modellen Macan und Cayenne von Porsche erhielten demzufolge rund 75 Prozent Updates, bei Audi (A6, A7, A8, Q5 und SQ5) seien es nur 55 Prozent. Die Umrüstquot­e bei BMW (M550d, 750d) liege bei 78 Prozent, bei Daimler (GLC-, C- und V-Klasse und Vito) bei 73 Prozent. Bei Daimler seien laut Ministeriu­m noch nicht alle Rückrufe freigegebe­n.

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FOTO: DPA Logo der Automarke Mercedes-Benz auf einem Turm in Stuttgart: Bei dem neuen Verdacht geht es um eine möglicherw­eise unzulässig­e Abschaltvo­rrichtung bei dem Mercedes-Modell GLK 220 CDI.

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