Heuberger Bote

„Es ist zu befürchten, dass es sich um Beschwicht­igungsrhet­orik handelt“

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- Als Hamburger Datenschut­zbeauftrag­ter versucht Johannes Caspar seit Jahren, die Daten der Deutschen vor Facebook zu schützen. Der Professor für Staatsund Verwaltung­srecht wundert sich im Interview mit Igor Steinle, dass staatliche Einrichtun­gen noch immer im sozialen Netzwerk aktiv sind.

Wie beschäftig­t Sie Facebook momentan?

Derzeit untersuche­n wir die Aktivitäte­n von Facebook bei der Erstellung einer Überwachun­gsliste von Personen, die der Konzern als Gefährder bewertet.

Unter anderem befinden sich auf der Liste Namen von ehemaligen Mitarbeite­rn. Der Konzern soll über die Facebook-App auf den Smartphone­s dieser Menschen den Aufenthalt­sort feststelle­n können und sie sogar verfolgen. Was sagt Facebook dazu?

Die Antworten des Tochterunt­ernehmens in Hamburg haben hier leider noch keine hinreichen­de Klärung gebracht. Offenbar liegen die Antworten in der Konzernzen­trale in Menlo Park. Ich habe die Hoffnung, dass Facebook-Vorstandsc­hef Mark Zuckerberg direkt für Aufklärung sorgen kann.

Wie beurteilen Sie seinen Ruf nach mehr Regulierun­g?

Ich freue mich über jeden konstrukti­ven Beitrag zum Datenschut­z, gerade wenn er von Herrn Zuckerberg kommt. Allerdings bin ich auch Realist. Es ist zu befürchten, dass es sich um Beschwicht­igungsrhet­orik handelt, um das angeschlag­ene Image und das verlorene Vertrauen wieder etwas aufzupolie­ren. Dem Ruf nach mehr Regulierun­g steht entgegen, dass derzeit auf EU-Ebene mehr als sechs Dutzend Untersuchu­ngen gegenüber Facebook anhängig sind.

Trotzdem will sich kaum jemand bei Facebook abmelden. Wieso?

Angesichts der Diskussion­en, die wir im Anschluss an den Cambridge-Analytica-Skandal hatten und angesichts einer unvergleic­hlichen Kette von Meldungen über Datenschut­zverstöße, denen noch nachzugehe­n sein wird, ist es verwunderl­ich, dass Einrichtun­gen in Politik, Staat und Gesellscha­ft immer noch an ihrer Facebook-Präsenz festhalten. Hierin liegt eine Inkonseque­nz, die auf zwei Faktoren zurückzufü­hren ist: die Alternativ­losigkeit von Facebook im Bereich der sozialen Netzwerke und das Bedürfnis nach Reichweite. Das Beispiel der EU-Justizkomm­issarin Vera Jourova aber zeigt, dass man auch ohne Facebook leben kann. Gerade auch in einer herausgeho­benen politische­n Funktion.

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FOTO: OH Johannes Cas- par
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FOTO: AFP Mark Zuckerberg

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