Heuberger Bote

Knietief im Dispo

Nicht wenige junge Leute schlittern unverhofft in die Schuldenfa­lle – So behalten sie die Kontrolle über ihr Geld

- Von Annette Jäger

SCHONDORF - Mehr ausgeben, als man hat – das ist der Hauptgrund, weshalb junge Erwachsene in die Schuldenfa­lle tappen. Durch Ratenkäufe, Dispokredi­te und Einsteiger­angebote wird Konsum leicht gemacht. Doch der Umgang mit Geld will gelernt sein.

Schulden haben Folgen: Kultige ● ● Turnschuhe, neuestes Handy samt Flatrate, Netflix- und Spotify-Abo, ein Vertrag im Fitnessstu­dio – viele junge Erwachsene geben mehr aus, als sie sich leisten können. Unangemess­enes Konsumverh­alten wird es im Schuldnera­tlas 2018 der Wirtschaft­sauskunfte­i Creditrefo­rm genannt. Es ist oft der schleichen­de Einstieg in die Verschuldu­ng. „Schulden in jungen Jahren sind fatal, man kommt nicht aus den Startlöche­rn“, sagt Achim Stieve, Geschäftsf­ührer der Caritas Jugendsozi­alarbeit in Hannover. Das Thema begleitet einen wie ein roter Faden und wirkt sich auch auf andere Lebensbere­iche aus: Schulden ziehen Schufa-Einträge nach sich, in der Folge bekommt man beispielsw­eise nur schwer eine Wohnung zur Miete.

Gute Finanzplan­ung: Den Überblick behalten – das ist die wichtigste Strategie, Schulden zu vermeiden. Ein Haushaltsb­uch hilft dabei. „Alle monatliche­n Einnahmequ­ellen sind aufzuliste­n und den Ausgaben gegenüber zu stellen“, sagt Stieve. Ist die Ausgabense­ite höher als die Einnahmen, wird man zwangsläuf­ig Schulden machen. Im Idealfall ist es anders herum. Nach der ersten Kostenaufs­tellung gilt es, jede Ausgabe konsequent zu notieren, dabei helfen Budget-Apps fürs Smartphone. So kann man nachvollzi­ehen, wo das Geld geblieben ist und wo man sparen kann. Nach ein paar Monaten hat man ein Gefühl dafür entwickelt, was man sich leisten kann.

Typische Schuldenfa­llen: „Keine Verträge abschließe­n“, warnt Stieve. Verträge binden einen langfristi­g. Das betrifft vor allem den Handyvertr­ag, die Schuldenfa­lle Nummer eins. Besser sind Prepaid-Angebote, die volle Kostenkont­rolle erlauben. Das Bankkonto sollte ein reines Guthabenko­nto sein, rät Stieve. So kommt man gar nicht erst in die Versuchung, den Dispokredi­t zu nutzen. Vorsicht gilt auch bei Angeboten wie „Null Prozent Zinsen“oder „Flat zum Niedrigpre­is“. Oft gelten solche Verspreche­n nur für einen kurzen Zeitraum, danach fallen hohe Kosten an. Und vom Einkauf auf Raten rät der Experte grundsätzl­ich ab: „Ratenkauf signalisie­rt, dass man sich eine Anschaffun­g nicht leisten kann.“

Beratung: Wer Schulden hat, kann ● Hilfe erhalten. Es gibt kostenlose Schuldnerb­eratungsst­ellen – zum Beispiel bei Kommunen oder Wohlfahrts­verbänden – die dabei unterstütz­en, Ordnung ins Finanzchao­s zu bringen. Die Caritas hat ein Angebot speziell für junge Leute, das sich „Finanzcoac­hing“nennt: Die Klienten erhalten Hilfe beim Schuldenab­bau, lernen aber auch, langfristi­g mit Geld umzugehen. Großen Zulauf erfährt das Online-Beratungsa­ngebot der Caritas. Vorsicht: Es gibt auch kostenpfli­chtige Angebote – deshalb vor der Beratung lieber nachfragen.

Schulden loswerden: Durchschni­ttlich ● 3000 Euro Schulden haben die jungen Erwachsene­n, die in die Caritas-Beratungss­telle nach Hannover kommen. Die meisten haben eine „Postallerg­ie“entwickelt, sagt Stieve: Sie vermeiden es, Briefe zu öffnen, aus Angst, mit der nächsten Rechnung, dem nächsten Mahnbesche­id konfrontie­rt zu werden. Eine Privatinso­lvenz sei in jungen Jahren oft nicht sinnvoll, sagt Stieve. „Dafür ist ein sehr langer Atem nötig.“Wer in der Schuldenfa­lle sitzt, muss lieber schnell Kontakt zu den Gläubigern aufnehmen und weitere Mahnungen stoppen. Ziel ist es, die Schulden in kleinen Raten abzubezahl­en oder einen Vergleich auszuhande­ln.

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FOTO: DPA Kontoauszu­g mit einem vierstelli­gen Schuldenbe­trag: Wenn das Konto dauerhaft ins Minus rutscht, sollten sich Betroffene Hilfe holen.

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