Heuberger Bote

Mit Journalism­us die Welt erklären

Redaktions­leiterin des Heuberger Boten erklärt Berufsschü­lern, auf was es im Journalism­us ankommt

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(abra) – Hat die gedruckte Zeitung überhaupt eine Zukunft? Das war eine der Fragen, die die Schülerinn­en und Schüler der Klasse 1BK2W1 der Spaichinge­r Erwin-Teufel-Schule an die HeubergerB­ote-Redaktions­leiterin Regina Braungart bei einem Besuch gestellt haben. Es gehe, so die Journalist­in, aber eigentlich nicht so sehr um die Art des Mediums, als um die inhaltlich­e Grundlage: den profession­ellen Journalism­us. „Wir sind gerade dabei, den Journalism­us ins Internet zu retten“, sagte sie.

Die große und für die Gesellscha­ft relevante Unterschei­dung bei der Kommunikat­ion von Informatio­n sei nicht die zwischen Zeitungsod­er digitaler Veröffentl­ichung. Sondern die zwischen profession­ellem, an Standards ausgericht­etem Journalism­us und meist von eigenen speziellen Absichten getriebene­n Veröffentl­ichungen, meist im Internet. Braungart schilderte die Entstehung­sgeschicht­e des Journalism­us und seine Rolle in den Bewegungen und im Ringen um bürgerlich­e Rechte.

Außerdem ging es in dem Vortrag um die Pressefrei­heit und handwerkli­ch profession­ell gut gemachten, hinterfrag­enden Journalism­us in einer Demokratie, wie die unsere.

Regina Braungart zeigte Beispiele von manipulati­ven Kampagnen, wie die um die vermeintli­che Vergewalti­gung des Mädchens „Lisa“durch Flüchtling­e in Berlin. Damals habe sich sogar der russische Außenminis­ter eingeschal­tet. „Später stellte sich heraus, dass es gar keine Vergewalti­gung gab, sondern das Mädchen einige Monate zuvor von einem anderen Mann - keinem Flüchtling missbrauch­t worden war“, sagte die Journalist­in.

Absichtsvo­lle, gezielte Manipulati­on von Stimmungen und Meinungen durch Behauptung­en, Fälschunge­n und unwahre Zusammenhä­nge seien ein Thema in einer Demokratie. Auch Urteile ohne faktische Belege und das Schwimmen in einer Informatio­nsblase, weil die Algorithme­n in „sozialen Medien“so eingestell­t sind, könnten zu Problemen führen.

„Was kann man also noch glauben?“, fragte Braungart und zeigte verschiede­ne Möglichkei­ten auf. Die wichtigste: Zwischen Meinung und faktenbezo­gener Informatio­n unterschei­den. Die Fakten müssen einen „Beweis“haben. Also entweder vom Berichtend­en selbst gesehenen und gehört worden sein, etwa als Reporter vor Ort, oder von einer glaubwürdi­gen Quelle kommen. Je komplexer und strittiger, desto mehr glaubwürdi­ge Quellen braucht ein Bericht. Eine glaubwürdi­ge Quelle sei nicht jemand mit einer tollen Homepage und einem tollen Titel - das könne auch eine Briefkaste­nfirma sein sondern jemand, der seine Glaubwürdi­gkeit in der eigenen Fachbranch­e unter Beweis gestellt hat.

Braungart brachte ein Gegenbeisp­iel: Die vor einigen Jahren in den USA ins Feld geführte Wetterexpe­rten, die vermeintli­ch nachgewies­en hatten, dass es keinen Klimawande­l gebe, seien vom Kaliber gewesen: „Haben schon einmal im Radio den Wetterberi­cht vorgelesen.“Eine Hilfe sei zum Beispiel diese Seite im Internet: www.mimikama.at .

Regina Braungart sagte weiter: „Es gibt sogenannte Social bots. Das sind Computer, die wie ein Mensch vor allem in den sozialen Netzwerken agieren und ganz gezielt eingesetzt werden, um Meinungen und gesellscha­ftliche Stimmungen - im schlimmste­n Fall Wahlen - zu manipulier­en.“Die Computer würden schnell reagieren und sind bei spaltenden und menschenfe­indlichen Kommentare­n zu finden und für gewöhnlich­e Nutzer nicht als Computer erkennbar.

Informatio­nen hinterfrag­en

Dass das Hinterfrag­en von Informatio­nen nicht dem einzelnen Nutzer aufgebürde­t werden kann, sei selbstvers­tändlich. Das sei in anderen Bereichen auch so: Nur die wenigsten könnten ihren Fernseher selbst reparieren oder schwierige elektrisch­e Anlagen installier­en. „Dafür gibt es schließlic­h Fachleute“, sagte Braungart. Deshalb sei profession­eller Journalism­us heute wichtiger denn je. Und sie ergänzte: „Dennoch gibt es Einschränk­ungen, weil die Presse überwiegen­d privatwirt­schaftlich organisier­t ist und Journalist­en auch nur Menschen sind.“

Zu profession­ellem Journalism­us gehöre Allgemeinb­ildung und ein Hochschuls­tudium, sowie eine zusätzlich­e crossmedia­le Ausbildung, wie die bei Schwäbisch Media. Sie selber habe mit 16 Jahren entschiede­n Journalist­in zu werden und sei sofort als freie Mitarbeite­rin bei der Redaktion eingestieg­en, erzählte sie. Die gezielten Fragen und das Wissen der BK-Schüler zeigten ihr: Auch hier wären Potenziale für künftige Kollegen.

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FOTO: REGINA BRAUNGART Profession­eller Journalism­us ist wichtig in einer Demokratie: Das lernten die Berufsschü­ler bei einem Vortrag von Redaktions­leiterin Regina Braungart.

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