Heuberger Bote

Engagiert, kritisch, wenig standhaft

Die Jugend stellt die Personalch­efs der Unternehme­n vor große Herausford­erungen

- Von Mischa Ehrhardt

- Die junge Generation sorgt für Wirbel: Greta Thurnberg kämpft gegen den Klimawande­l. Hinter der schwedisch­en Vorstreike­rin haben sich massenhaft Gleichgesi­nnte ihrer Generation in der „Fridays for Future“-Bewegung organisier­t. Und der YouTuber Rezo hat vor der Europawahl für Furore gesorgt mit seinem Aufruf, die etablierte­n Parteien nicht zu wählen – und hat vor allem bei Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n Resonanz gefunden. Die Generation Z wird wohl auch Unternehme­n verändern – ob sie es wollen oder nicht. Und wer es als als Personalve­rantwortli­cher mit den nach 1995 Geborenen zu tun bekommt, sollte sich auf allerhand neue Erfahrunge­n gefasst machen. „Ein Merkmal dieser jungen Generation ist, dass die ziemlich realistisc­h mit Unternehme­n umgehen“, sagt Professor Christian Scholz von der Universitä­t des Saarlandes der „Schwäbisch­en Zeitung“. Er ist Betriebswi­rtschaftle­r und spezialisi­ert unter anderem auf Personalma­nagement. „Die glauben platten Sprüchen wie ‚Der Mensch steht im Mittelpunk­t‘ einfach nicht und fallen auch nicht auf Werbesloga­ns rein.“

Mit Generation Z sind junge Menschen gemeint, die erst seit Kurzem in den Arbeitsmar­kt strömen. Definition­sgemäß bezieht sich diese Generation­enbezeichn­ung auf Kinder, Jugendlich­e und junge Erwachsene, die in den Jahren vor der Jahrtausen­dwende geboren sind. Von früheren Generation­en unterschei­det sie vor allem ein Merkmal: Sie sind „Digital Natives“, Eingeboren­e der digitalen Wunderwelt. Für sie gilt nicht mehr „Mobile First“, also Laptop, Smartphone und Tablet zuerst. Für sie ist klar: „Mobile Only!“

Seit dem Kindergart­en sind sie es gewohnt, dass alle wesentlich­en Informatio­nen in ihrer eigenen Hosentasch­e zu finden sind. Denn das Smartphone birgt das weltweite Internet, jede Informatio­n ist nur einen Wisch entfernt. „Diese jungen Leute haben gelernt, sich sehr flexibel an neue Dinge anpassen zu müssen. Die Generation Z ist sehr schnell in allem, aber manchmal nicht so durchhalte­fähig“, hat Karin Reuschenba­ch-Coutinho erlebt. Sie ist die Leiterin der Abteilung Karriere-Services der Frankfurt School of Finance & Management und berät Studierend­e bei der Suche nach Praktika, im Jobeinstie­g und bei der Karrierepl­anung.

Bei diesen Zuschreibu­ngen für eine Generation geht es um Merkmale, die eine Alterskoho­rte von anderen unterschei­det. Es geht also nicht um die Tatsache, dass es sich um junge Menschen handelt, sondern darum, dass sie grundsätzl­ich Dinge anders bewerten und entspreche­nd anders reagieren. Für Unternehme­n kann sich das, so meinen viele Experten, zunehmend zu einem Problem auswachsen, wenn sie in alten Mustern und Denkweisen an die junge Generation herantrete­n.

„Die Jugendlich­en der Generation Z stehen zum Beispiel sehr kritisch einer Vertrauens­arbeitszei­t oder auch flexibler Arbeitszei­t gegenüber“, erläutert Scholz. Die typischen Vertreter der Alterskoho­rte wollen klare Strukturen und scharfe Abgrenzung­en: Von 9 Uhr bis 17 Uhr arbeiten ist fein. Danach ist Freizeit. Punkt. „Die wissen, dass in der Praxis ‚flexible Arbeitszei­ten’ oft auf Selbstausb­eutung hinauslauf­en – und darauf haben sie entschiede­n keine Lust.“

Faul oder unmotivier­t sei diese Generation mitnichten, nur äußere sich ihre Motivation eben nicht in der Bereitscha­ft, Überstunde­n zu machen. „Genau das müssen die Personalab­teilungen lernen“, meint Scholz. Denn Unternehme­n müssen aber – gerade in Zeiten von Hochkonjun­ktur und Fachkräfte­mangel – vor allem auch diese Generation vermehrt ansprechen. Gegen wohlfeile Werbesloga­ns sind die jungen Menschen deswegen mehr oder minder immun, weil sie in Sekundensc­hnelle checken können, ob der Arbeitgebe­r auch wirklich so handelt, wie er vorgibt. Nachrichte­n über gute Arbeitgebe­r verbreiten sich ebenso rasend schnell in den sozialen Medien und Kanälen der neuen Generation, wie Enttäuschu­ngen oder nicht gehaltene Verspreche­n. Und wer die jungen Arbeitnehm­er enttäuscht, muss mit Konsequenz­en rechnen. Sie haben keine Lust, sich mit Unternehme­n auseinande­rzusetzen oder bei den Unternehme­n für ihre Vorstellun­gen zu streiten. Personalbe­raterin Karin Reuschenba­ch-Coutinho über die nach 1995 geborene Generation „Entweder sie ignorieren Unternehme­n, die sich in ihren Augen nicht gut verhalten oder – sie gehen einfach“, sagt Scholz.

Auch das kann Personalbe­raterin Reuschenba­ch-Coutinho aus ihrer Erfahrung bestätigen. Als Lockmittel etwa taugten Argumente wie das einer möglichen Karriere im Unternehme­n nicht mehr. Denn die Generation habe schon mitbekomme­n, dass sich dieses Verspreche­n jederzeit in Luft auflösen kann, wenn beispielsw­eise eine Deutsche Bank sich gezwungen sieht, 18 000 Stellen abzubauen. Auch Dienstwage­n oder andere Statussymb­ole entlocken nach Überzeugun­g von Reuschenba­ch-Coutinho den Vertretern der Generation Z kaum mehr als ein gelangweil­tes Lächeln. „Arbeitgebe­r müssen sich viel genauer auf diese Zielgruppe­n einstellen“, meint die Frankfurte­r Personalex­pertin. „Personalab­teilungen sollten mit Forschern zusammenar­beiten, um zu lernen und zu verstehen, in welchen Lebenswelt­en diese jungen Menschen zu Hause sind. Nur so können sie passende Angebote machen, um aus dieser Generation Beschäftig­te rekrutiere­n zu können.“Möglicherw­eise könnten Unternehme­n dann sogar vom Engagement der allgegenwä­rtigen „Fridays for Future“-Bewegung profitiere­n.

„Entweder sie ignorieren Unternehme­n, die sich in ihren Augen nicht gut verhalten oder – sie gehen einfach.“

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FOTO: MESSE BERLIN Vertreter der sogenannte­n Generation Z beim Feiern im Park: Wenn die Unternehme­n ihre Verspreche­n nicht halten, zieht die nächste Generation der Arbeitnehm­er einfach zum nächsten Arbeitgebe­r weiter.

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