Heuberger Bote

Geld für verspätete Anschlüssf­lüge

Der Europäisch­e Gerichtsho­f stärkt die Rechte von Fernreisen­den – Wann Passagiere­n Entschädig­ungen zustehen

- Von Finn Mayer-Kuckuk

- Fluggäste haben auch dann ein Recht auf Entschädig­ung für Verspätung­en, wenn sie nach dem Umsteigen mit einer nicht europäisch­en Partner-Airline weiterflie­gen. Das hat der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) am Donnerstag entschiede­n. Die Richter erweitern damit passend zur Ferienzeit die Ansprüche der Reisenden. Hier geht es durchaus um ordentlich­e Summen: Je nach Distanz erhalten die Betroffene­n zwischen 250 und 600 Euro.

Die Europäisch­e Union (EU) hat schon 2004 in der Fluggastre­chteVerord­nung festgelegt, dass den Passagiere­n bei Verspätung­en von über drei Stunden eine Entschädig­ung für die verlorene Zeit zusteht. Doch es gibt eine Bedingung für die Ansprüche: Entweder muss die Fluglinie aus Europa stammen, oder der Flug muss in der EU starten.

Der EuGH hat nun eine überfällig­e Auslegung dieser Regel nachgelief­ert. Was, wenn die Passagiere zwischendu­rch umsteigen und mit einer außereurop­äischen PartnerFlu­glinie weiterreis­en? Das kommt in der Praxis ständig vor: Im sogenannte­n Code-Sharing verkaufen die Gesellscha­ften Tickets für Flüge anderer Anbieter, als wären es ihre eigenen. Ihre Kunden fliegen daher immer öfter über Drehkreuze außerhalb der EU, beispielsw­eise Istanbul, Dubai oder Katar.

Wenn der Anschlussf­lug von einem solchen Drehkreuz verspätet war, versuchten die Anbieter sich bisher herauszure­den: Es handelt sich schließlic­h um einen Flug außerhalb der EU bei einer ausländisc­hen Airline. Der EuGH hat diese Argumentat­ion nun für ungültig erklärt. Auch beim Code-Sharing zählt der Anschlussf­lug so, als fände er bei dem ursprüngli­chen Anbieter statt (Aktenzeich­en C 502/18). Der Kunde hat schließlic­h keinen Einfluss darauf, wer den Flug durchführt. Manchmal ist ihm zunächst auch gar nicht klar, dass ein anderes Logo auf dem Flieger prangen wird als auf seinem Ticket.

Konkret ging es um die Klage von Reisenden, die mit der tschechisc­hen Fluglinie Czech Airlines auf dem Weg nach Bangkok in Thailand waren. Das erste Flugsegmen­t führte sie nach Abu Dhabi, wo sie pünktlich ankamen. Dort stiegen die Passagiere in einen Anschlussf­lug bei der Fluglinie Etihad um, der sie zwar ans Ziel brachte – aber mit acht Stunden Verspätung.

Solche Flüge seien auch mit einoder mehrmalige­m Umsteigen im Sinne der Fluggastre­chte eine Einheit, erklärten die Luxemburge­r Richter. Czech Airlines müsse die erforderli­che Entschädig­ung zahlen. Die Fluggesell­schaft solle sich die Kosten vom Code-Sharing-Partner erstatten lassen, lautete die Empfehlung des Gerichts.

Flugreisen­de haben grundsätzl­ich drei Jahre Zeit, die Entschädig­ung zu verlangen. Die Passagiere können sich in den meisten Fällen direkt an die Fluglinie wenden, beispielsw­eise per E-Mail oder mit Formularen auf der jeweiligen Webseite. Dabei müssen sie ihre Flug- und Buchungsnu­mmer und die übrigen Daten der Verbindung angeben.

Zahlreiche Dienstleis­ter im Netz bombardier­en hilfesuche­nde Flugkunden zwar mit Werbung für ihr Verspreche­n, das Geld unkomplizi­ert einzutreib­en. Doch sie behalten dafür eine saftige Gebühr – deshalb lohnt es in vielen Fällen, es erst einmal selbst zu versuchen. Die Dienstleis­ter mit Namen wie Flighright, Compensati­o2go oder Myflightri­ght sind jedoch nützlich, wenn die Fluglinie nicht reagiert, die Forderung abweist oder dumme Ausreden bemüht. Notfalls ziehen sie vor Gericht.

Eine anderer sinnvoller Kontakt ist die Schlichtun­gsstelle für den öffentlich­en Personenve­rkehr (SÖP). Die SÖP kann bei Ärger mit einer Fluglinie ein Schlichtun­gsverfahre­n einleiten. In Zweifelsfä­llen – wie den Auswirkung­en von Pilotenstr­eiks – findet sich hier oft ein Kompromiss.

 ?? FOTO: DPA ?? Anzeigetaf­el in Berlin: Entschädig­ungen gibt es auch bei Zwischenla­ndungen im Ausland.
FOTO: DPA Anzeigetaf­el in Berlin: Entschädig­ungen gibt es auch bei Zwischenla­ndungen im Ausland.

Newspapers in German

Newspapers from Germany