Bundesbürger machen Bogen um Ballermann
Mallorcas Hoteliers trauern vor allem den deutschen Touristen nach
PALMA (dpa) - Am Ballermann schrillen die Alarmglocken: Nach einer langen Serie von Rekordjahren bleiben die Touristen plötzlich weg.
Auf Mallorca gibt es dieser Tage viel Sonnenschein. Aber auf der Insel kommen viele Menschen derzeit aus dem Zittern nicht heraus. Den Hoteliers, Reiseveranstaltern, Restaurantbesitzern und auch den Chefs der Tourismusbehörden wird angst und bange, wenn sie auf die Buchungszahlen blicken. Die Touristen bleiben plötzlich weg. „Wir hatten für diese Saison zwar einen Rückgang erwartet, aber niemals den Einbruch, den wir zurzeit erleben“, sagt ein Sprecher der Hoteliers.
Vor allem die Deutschen machen derzeit einen großen Bogen um ihre eigentlich liebste Urlaubsinsel. Sogar auf dem Ballermann, der Partymeile an der Playa de Palma östlich der Inselhauptstadt, wo man oft praktisch nur Deutsch hört, ist das zu spüren. Der sogenannte Sauftourismus sorge zwar an den Wochenenden und an den Feiertagen weiterhin für volle Häuser, sagt der Hoteliersprecher. Aber andere, „ruhigere“Touristen, die länger bleiben und oft mehr Geld auf der Insel ausgeben, fahren inzwischen offensichtlich woanders hin. „Die Auslastung liegt bislang nur bei 50 bis 60 Prozent“, sagt der Sprecher. Das sind bis zu 15 Prozent weniger als im Vorjahr.
Konkurrenz wird wieder stark
Aber nicht nur am Ballermann, auch in anderen Inselteilen vermisst man die Bundesbürger. So zum Beispiel in Magaluf westlich von Palma. Die Briten-Hochburg meldet bisher einen Rückgang von rund sechs Prozent bei ihren wichtigsten Kunden. „Bei den Deutschen ist der Schwund aber noch größer, rund 12 bis 13 Prozent“, erläutert der Chef des Hotelverbandes der Region Calvià, Mauricio Carballeda. Für Juli und August befürchte man einen noch stärkeren Rückgang.
Doch wieso bleiben die Touristen nach einer Serie von Rekordjahren plötzlich weg? Schuld sind der Brexit und das Erstarken der Tourismusregionen im östlichen Mittelmeer, etwa in der Türkei. In manch einem mallorquinischen Hotel sollen die Ausgaben in dieser Hochsaison über den Einnahmen liegen. Die Lage ist so kritisch, dass man sogar auf die Wettervorhersage in Deutschland schaut. Eine Wiederholung des Hitzesommers 2018 in Mittel- und Nordeuropa könnte für viele mallorquinische Hoteliers fatal sein.
Selbst Rabatte von bis zu 40 Prozent konnten die Tendenz bisher nicht umkehren. Konkurrenzdestinationen wie die Türkei, Ägypten und Tunesien haben noch bessere Angebote. Von einem Preiskrieg ist auf Mallorca die Rede. Der CEO der Thomas-Cook-Gruppe, Peter Fankhauser, flog auf die Insel, um die Hoteliers zu noch stärkeren Preisnachlässen aufzurufen. HotelierCarballeda warnt aber vor Panikmaßnahmen: „Das wäre für viele Selbstmord“, warnt er. Man müsse die Touristen über die Qualität des Angebots zurückgewinnen.
Banden überfallen Touristen
Die von der linken Inselregierung vor drei Jahren eingeführte Touristenabgabe „Ökotaxe“fordere inzwischen ihren Tribut, meinen Fankhauser und Carballeda unisono. Und jene weniger zahlungskräftigen Touristen, denen diese Abgabe ein Dorn im Auge ist, stören sich auch daran, dass im Zuge der immer strengeren Benimmregeln in Palma und Umgebung der Spaß immer weniger wird. Seit dem 1. April müssen nämlich in einem speziellen „Gebiet von besonderem touristischen Interesse“rund um die berüchtigte Schinkenstraße alle Biergärten eingezäunt sein. Getränke dürfen nicht mehr auf den Bürgersteig oder auf die Straße mitgenommen werden. Außerdem gilt ein Verbot von Alkohol in Schaufenstern und von Sonderangeboten wie der „Happy Hour“mit starken Drinks zu Dumpingpreisen.
Aber auf der anderen Seite geht das Aufräumen an der Playa den betuchteren Besuchern noch nicht weit genug. Die Regierung setzt auf höherwertigen Tourismus, fördert den Bau von Luxusherbergen. Aber die Betreiber dieser Häuser berichten von Gästen, die sich über betrunkene Touristen beschweren. Sie fordern vom Rathaus in Palma und von den Sicherheitsbehörden ein härteres Eingreifen. Zumal sich zuletzt die Berichte über Banden häufen, die nachts auch am Ballermann Dutzende von Touristen ausgeraubt haben sollen. „Palma ist unsicherer und schmutziger geworden“, klagt der Inselpolitiker Mateo Isern.
Francisco Marín hatte deshalb lange ein Ende des Chaos an der Playa gefordert. Die Polizei gehe im Strandgebiet viel zu lasch gegen Störenfriede vor, klagte er immer wieder. Voriges Jahr warf der Hotelbesitzer aber das Handtuch und gab seinen Posten als Chef des Hotelierverbandes entnervt ab.