Zwischen trendigem Interimsquartier und renoviertem Stammhaus
Es sei die weltweit einzige Konzerthalle, die man ohne Stufen betreten könne, schwärmt Ilona Schmiel, die vor fünf Jahren als Intendantin vom Beethovenfest Bonn zum TOZ gekommen ist. Gemeint ist
im ehemaligen Industriearreal des Stadtentwicklungsgebiets ZürichWest. Hier tritt das Traditionsorchester seit zwei Jahren auf, weil die Sanierung der Tonhalle im Bankenviertel am See eine Interimslösung nötig gemacht hat. Nach Sondierung von 28 Optionen war die Wahl schließlich auf die frühere Zahnradfabrik Maag gefallen. In der Rekordzeit von nur sieben Monaten wurde dort eine Konzerthalle mit mehr als 1200 Plätzen eingebaut. Die Kosten dafür muss das TOZ selbst tragen, da die Stadt zwar die Renovierung der bisherigen Spielstätte, nicht aber das Ausweichquartier finanziell unterstützt. Das Ergebnis weckt längst international Neugier. In München und Stuttgart, wo Gasteig und Liederhalle ähnlich umbaubedürftig sind, hat man aufmerksam registriert, dass ein atmosphärisch derart angenehmer und obendrein akustisch brillanter Raum keineswegs Unsummen kosten muss. Die an der Schuhschachtelform der alten Tonhalle orientierte „Holzbox“im MaagWerk war fast hundertmal billiger als die Hamburger Elbphilharmonie. Wie ein großes Instrument trägt das helle Naturmaterial den Klang des Orchesters. In den Boden hat man Millionen winziger Löcher gebohrt, um den Luftaustausch zu verbessern und so störende Geräusche einer Klimaanlage zu vermeiden. Im Maag-Bau gehen Musiker und Publikum durch das Foyer in den Konzertsaal. Mit seinem coolen Industrie-Flair und einem großen Barbereich ist es attraktiv für Studenten der nahen Hochschule der Künste und andere kreative Leute des Trendviertels. Ilona Schmiel möchte diese Aufenthaltsqualität und die gemischte Klientel bei der Rückkehr des Orchesters in die renovierte „alte“Tonhalle möglichst mitnehmen. Deren Umbau mit einer zum See offenen Terrasse scheint gute Voraussetzungen dafür zu schaffen. Vor der Sanierung versperrte eine hässliche Wand den Ausblick vom düsteren Foyer auf die Alpen. Jetzt soll ein attraktives Restaurant Besucher auf die Terrasse locken. Im Innern wird der Zustand von 1895 vom Deckengemälde bis zum Parkett weitgehend wiederhergestellt. (wmg)