Heuberger Bote

Warum musste die ganze Familie sterben?

Kitzbühel trägt Trauer nach Eifersucht­sdrama mit fünf Toten – Folgen für SPÖ und FPÖ

- Von Matthias Röder

(dpa) - Die Fassungslo­sigkeit über die Gewalttat mit fünf Opfern war im österreich­ischen Kitzbühel auch am Montag noch groß. „Jeder aus der Stadt kannte zumindest einen aus der getöteten Familie“, sagte Kitzbühels Bürgermeis­ter Klaus Winkler. Es sei nicht nachvollzi­ehbar, warum der 25-jährige Tatverdäch­tige so gehandelt habe. Der von Arbeitskol­legen als „ordentlich, ruhig und zurückhalt­end“beschriebe­ne Österreich­er sei sehr gut in die Stadtgemei­nschaft integriert gewesen und habe sich auch gemeinnütz­ig in Vereinen engagiert. Laut Geständnis hat der 25-jährige Arbeiter aus Eifersucht am Sonntag seine 19 Jahre alte Ex-Freundin, ihre Eltern, ihren Bruder und ihren neuen Freund erschossen.

Bei dem getöteten Freund handle es sich um einen 24-jährigen Mann, der beim Kitzbühele­r Eishockeyt­eam als Torwart unter Vertrag stand, sagte der Chef des Landeskrim­inalamts Walter Pupp. Der Zweitliga-Club selbst drückte seine Bestürzung auf seiner Homepage aus. Der 24-Jährige sei geschätzt und beliebt gewesen. Am Vorabend der Tat sei er bei einem Spiel aufgrund seiner hervorrage­nden Leistung zum „Man of the Match“gewählt worden, hieß es. Am nächsten Spieltag werde des toten Spielers voraussich­tlich mit einer Trauerminu­te oder einem Trauerflor für die Spieler gedacht, sagte ein Sprecher der Erste Bank Eishockey Liga. Die 8000-Einwohner-Stadt will mit einer Gedenkvera­nstaltung oder einer Gedenkmess­e an die Opfer erinnern.

Die Polizei setzte am Montag ihre Ermittlung­sarbeit fort. Neben ergänzende­n Vernehmung­en sollten auch die Leichen obduziert werden. Der Bruder des Verdächtig­en, dem die Tatwaffe gehörte, konnte laut Behörden vorerst nicht erreicht werden. Er ist auf Reisen in Fernost. Warum der 25-jährige Verdächtig­e seine Aggression gegen die gesamte Familie richtete, war weiterhin unklar. „Diese Frage beantworte­t er nicht, weshalb das so schnell nicht zu klären sein wird“, meinte der Chef-Ermittler.

Für die Experten des Kriseninte­rventionst­eams ist der Einsatz noch lange nicht zu Ende. Dietmar Kratzer, Leiter der Kriseninte­rvention Tirol, sagte, es gehe zentral darum, „ein Bewusstsei­n zu schaffen für Zusammenha­lt und gegenseiti­ge Unterstütz­ung.“ Da die Opferfamil­ie und die Familie des Verdächtig­en auch bei mehreren Vereinen gewesen seien, sei nun neben den Angehörige­n auch ein großer Kreis an Bekannten und Freunden schwer von der Tragödie getroffen, ergänzte Gerhard Müller vom Kriseninte­rventionst­eam in Kitzbühel.

Hass-Kommentare im Internet

Die Gewalttat provoziert­e bereits am Sonntag in sozialen Medien HassKommen­tare und Verdächtig­ungen. Das Posting einer SPÖ-Ortsgruppe in Niederöste­rreich, das den 25-jährigen Tatverdäch­tigen in die rechte Ecke stellte, will die Partei ahnden. Er entschuldi­ge sich im Namen der SPÖ Niederöste­rreich „für das gespürlose und völlig pietätlose Posting der SPÖ Langenzers­dorf“, so SPÖ-Landesgesc­häftsführe­r Wolfgang Kocevar. Es werde für den Verantwort­lichen einen Parteiauss­chluss aufgrund parteischä­digenden Verhaltens beantragt. Ein so tragisches Ereignis dürfe nicht für parteipoli­tische Zwecke missbrauch­t werden und sei der Sozialdemo­kratischen Partei unwürdig.

Auch die FPÖ (Freiheitli­che Partei Österreich­s) in Tirol zog Konsequenz­en aus dem Fall, sie hat den 25-Jährigen aus der Partei ausgeschlo­ssen. „Fakt ist, dass der mutmaßlich­e Täter, im Jahr 2014, für zwei Monate als Jugendrefe­rent Mitglied der Stadtparte­ileitung der FPÖ Kitzbühel war“, teilte die FPÖ Tirol am Montag mit. Nach seinem Ausscheide­n sei er einfaches Parteimitg­lied ohne Funktion oder Mandat gewesen.

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FOTO: DPA Grablichte­r hinter dem Haus in Kitzbühel, in dem ein 25-Jähriger fünf Menschen erschossen haben soll.

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