„Jede Klinik soll das machen, was sie am besten kann“
Zum Artikel „Videos über kranke Menschen verbreiten sich schnell“in der Samstagsausgabe haben wir einen Leserbrief erhalten. „Die Würde eines Menschen ist unantastbar.“Diese Menschenwürde gilt für alle Menschen. Gesunde, Kranke, Menschen mit und ohne Handikap, alte Menschen, junge Menschen. Sie ist zeitlich nicht befristet, gilt ewig. Das respektlose und unverschämte Verhalten, Menschen ohne deren Einwilligung zu fotografieren und die Aufnahmen dann noch zu verbreiten, ist in meinen Augen menschenverachtend. Sich am Unglück anderer Menschen zu weiden und Spott und Häme über die Unglücklichen auszugießen, ist schrecklich.
Aber wahrscheinlich wissen sie es nicht anders und haben es nicht anders gelernt. Bei dem Artikel fiel mir Schwester Meta aus meiner Kindergartenzeit ein. Sie hat uns immer und immer wieder folgenden Spruch vorgesagt: „Was du nicht willst, das man dir tu', das füg' auch keinem andern zu“. Man kann nur hoffen, dass die betroffenen Personen den Sinn dieses Spruches auch verstehen. Wir im Kindergarten haben es verstanden. Dieser Leserbrief wird nicht viel ändern. Aber vielleicht einige Menschen zum Nachdenken bringen und zum Überdenken ihrer Taten/ Handlungen.“Ingeborg Thies, Tuttlingen
Zum Klinikgutachten für Spaichingen haben wir einen Leserbrief bekommen. „Als ich Anfang der Siebziger eine neue Heimat suchte, fand ich in Spaichingen eine liebenswerte Kleinstadt mit einer Infrastruktur, die keine Wünsche offen ließ. Der Arbeitsplatz in der Nähe, Kindergärten, alle Schulformen und ein Krankenhaus. Es war eine funktionierende Klinik mit allen hier möglichen und notwendigen Abteilungen, die eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten pflegte, eine Situation der kurzen Wege und schnellen Eingreifmöglichkeiten. Das war der Grund für viele niedergelassene Ärzte, warnend ihre Stimme zu erheben.
Es war ein Krankenhaus mit Grundversorgung, das Jahrzehnte lang zufriedene Patienten betreut hat, deren Ärzten und Personal wir heute sehr zu Dank verpflichtet sind für ihre Kompetenz und Treue. Das ist der Grund für zehntausend Bürger auch aus dem Umland, für eine Unterschriftensammlung zum Erhalt der Klinik und viele besorgte Leserbriefe. Es war ein Krankenhaus mit Ambulanz, die ihrem Namen bis heute Ehre gemacht hat. In einer Stunde war man untersucht, geröntgt und behandelt. Welche Wartezeiten uns nun erwarten in anderen Kliniken, können viele Patienten schon heute berichten.
Die Kreistagsmitglieder sollen entscheiden. Man fragt sich, zwischen wem oder was? Welche Alternativen zur Schließung wurden behandelt? Dazu gibt auch das Gutachten heute keine Aufschlüsse. Die Schließung wurde schon vor Jahren begonnen, immer mit dem Hinweis, das seien Maßnahmen, die dem Erhalt dienen. Es war Salamitaktik, die das Vertrauen der Spaichinger nicht wert war. Und nun wird von den Kreistagsmitgliedern nur noch Zustimmung erwartet, das Gutachten ebnet pro forma den Weg, es kommt daher wie ein Gefälligkeitsgutachten. Stand etwa im Auftrag, auch eine Möglichkeit zur Restrukturierung der Klinik zu prüfen, mit Möglichkeiten für eine Grundversorgung und Operationen (ohne die eine Klinik nicht überleben kann) in Arbeitsaufteilung zwischen den anderen Kliniken?
Gegen eine sinnvolle Zentralisierung ist nichts einzuwenden, allein schon wegen der teuren Apparatemedizin. Aber nicht grundsätzlich alle Aufgaben müssten dort konzentriert werden. Jede Klinik soll das machen, was sie am besten kann. Dänemark hat radikal zentralisiert. Jedes Haus ist Spezialist auf einem Gebiet. Kann man machen, aber Voraussetzung ist ein Helikopterpool für schnelle Krankentransporte sowie Krankenwagen, deren jeder von einem Arzt begleitet wird, der entscheidet, welches Haus notwendig angefahren wird. Wenn man ein solches System im Süden auch schafft, kann man neu überlegen. Bis heute hat nur die Schweiz Hubschrauber, die satellitengesteuert im Blindflug und automatisiert Ziele anfliegen können, aber unsere Verkehrsinfrastruktur ist aus dieser Sicht eine Katastrophe.
Einen letzten Punkt gibt es zu bedenken, der heißt: Folgenabschätzung. Was passiert im Landkreis bezogen auf die Bevölkerung und die Wirtschaft, wenn das vorgelegte Konzept umgesetzt ist? Die Sorgen der Klinikinitiative Spaichingen, der Ärzte und der Unternehmer sind berechtigt und sollten ernst genommen werden. Die Kreisräte werden durch das Gutachten auf den Kostenaspekt fixiert, sollten bitte aber auch die Folgen im Blick behalten bei ihrer Entscheidung. Sie tragen für den ganzen Landkreis Verantwortung und für ein funktionierendes Gesundheitssystem, was auch im Notfall bei Katastrophen noch Reserven aufweisen muss und flächendeckend nur den Menschen dient.“Helmut Stoklossa, Spaichingen