Harsche Kritik an Schulmedizin
Arzt und Bestsellerautor Gerd Reuther zu seinem Vortrag am Donnerstag, 10. Oktober, im Spaichinger Gymnasium
Beststellerautor Dr. Gerd Reuther hält heute Vortrag in Spaichingen.
- Der Arzt und Bestsellerautor Gerd Reuther hält am Donnerstag, 10. Oktober, einen Vortrag in der Aula des Gymnasiums Spaichingen. Die Veranstaltung der VHS Spaichingen beginnt um 20 Uhr. Reuther will aufzeigen, dass viele ärztliche Behandlungen nicht besser als Placebos seien, und herausarbeiten, was für die Gesundheit wirklich wichtig sei. Karten zu acht, ermäßigt fünf Euro sind bei der VHS Spaichingen, Marktplatz 19/1, sowie an der Abendkasse erhältlich, ein Büchertisch wird von „Grimms Lesen und Genießen“eingerichtet. Regina Braungart hat Reuther vorab befragt.
Herr Dr. Reuther, „Bis zu 96 Prozent aller Therapien unterscheiden sich nicht von Quacksalberei“, schreiben Sie in Ihrem Buch „Der betrogene Patient“. Da kommt Ihre eigene Kunst aber nicht gut weg. Meinen Sie das wörtlich?
Der französische Philosoph Voltaire hat vor über 250 Jahren gesagt, dass die Natur die Krankheiten heilt, während die Ärzte die Kranken mit ihren Behandlungen unterhalten. Auch heute sind die meisten Therapien nur mehr oder weniger schlecht gemachte Unterhaltungskunst. Dagegen wäre noch nichts einzuwenden, wenn die meiste Schulmedizin nicht auch erhebliche Gesundheitsschäden verursachen und für zahlreiche Todesfälle verantwortlich wäre. Bei den meisten Erkrankungen kann man sich besser unterhalten lassen als durch Medizin.
Was war für Sie der Auslöser, sich dermaßen mit der Schulmedizin anzulegen?
Als Radiologe in verschiedenen Kliniken habe ich zu viele unnütze und schädliche Behandlungen gesehen, ohne dass ich etwas ändern konnte. Als Radiologe ist man eine Art Linienrichter, der nur am Rande des Spielfeldes steht. Man begeht selbst kaum Fouls, aber es sind fast alles Fouls, ohne dass man das Spiel abpfeifen kann. Nur die Kranken können das Spiel verhindern oder abpfeifen, indem sie in den meisten Fällen auf Behandlungen verzichten. Dafür informiere ich und habe meine Bücher geschrieben.
Wird Ihnen zuweilen die Beförderung von Verschwörungstheorien vorgeworfen? Und wenn ja, was sagen Sie dazu?
Verschwörungstheorien hat mir bisher niemand vorgeworfen. Bisher versucht mich die Ärzteschaft totzuschweigen und in einzelnen Fällen Vorträge zu verhindern. Bekämpft werde ich noch nicht.
Wann waren Sie oder Mitglieder Ihrer Familie zum letzten Mal beim Arzt?
Vor etwa neun Monaten hatte ich nach einem Friseurbesuch einen verstopften äußeren Gehörgang durch eingedrungenes Wasser. Da habe ich einen HNO-Kollegen aufgesucht, um den Gang wieder frei putzen zu lassen. Nachdem dies der Kollege gemacht hatte, wollte er gleich weitere Untersuchungen und Behandlungen an mir vornehmen und zumindest meinen Krankenschein für das nächste Quartal bekommen. Ich habe ihn dann nur gefragt, ob es ihm wirtschaftlich so schlecht ginge…
Kosten – die Sie ja auch kritisieren – sind mit ein Grund, warum das Spaichinger Krankenhaus bald geschlossen werden soll. Freut Sie sowas?
Wenn eine Klinik heute in eine wirtschaftliche Schieflage kommt, dann liegt das immer an Missmanagement. Inzwischen sind aber mehr als 40 Prozent der Angestellten in Krankenhäusern gar nicht mehr medizinisch und pflegerisch tätig. Da braucht man sich über keine Schließung wundern. Ich bedaure es immer, wenn die nötige Pflege vor Ort durch eine Schließung wegfällt. Wir brauchen die Häuser als Versorgungseinrichtungen für die notwendige Diagnostik und Pflege bettlägeriger Patienten vor Ort. Mehr aber auch nicht. Wir brauchen keine hochgerüsteten Kliniken mit unnötigen Fachabteilungen und überflüssiger Verwaltung.
Was ist Ihr Wunschbild von einer guten Medizin?
Ein gute Medizin wird manchmal heilen, wenn immer möglich das Leiden lindern und immer trösten. Eine gute Medizin sollte aber als oberste Priorität haben, nicht zu schaden. Letzteres ist der Medizin weitgehend abhanden gekommen.
Was erwartet die Zuhörer in Spaichingen?
Kurzweilige 100 Minuten, in denen es nicht immer bierernst zugeht. Jeder Zuhörer wird am Ende wissen, wie gering der Nutzen ärztlicher Behandlungen in vielen Fällen ist und warum das gar nicht anders zu erwarten ist. Ich nehme den Zuhörern aber nicht nur den gefährlichen Irrglauben an die ärztlichen Künste, sondern ich zeige auch auf, dass wir selbst unsere besten Ärzte sind, wenn wir nur wollen.