Drohmails: Polizei durchsucht Wohnung in Bingen
Verdächtiger Mann soll Einrichtungen mit Bombenanschlägen gedroht haben
SIGMARINGEN/BINGEN - Die Polizei hat am frühen Mittwochmorgen eine Wohnung in Bingen bei Sigmaringen durchsucht. Hintergrund für die Razzia sind 23 Drohmails, die im Juli dieses Jahres an Flüchtlingszentren, islamische Einrichtungen und Parteizentralen gerichtet worden sind. Gedroht wurde unter anderem mit Sprengstoffanschlägen auf diese Einrichtungen. Solche Mails soll auch der Verdächtige aus Bingen verschickt haben. Während der Untersuchung wurde der Mann festgenommen und anschließend wieder auf freien Fuß gesetzt.
Nicht das erste Mal ermitteln die Sicherheitsbehörden in Bingen gegen Angehörige rechtsextremistischer Gruppierungen. Im vergangenen Dezember gab es eine Hausdurchsuchung, weil ein Mann der verbotenen Gruppierung „Blood & Honour“angehört haben soll. Nach der Durchsuchung vom Mittwochmorgen spricht die Landtagsabgeordnete Andrea Bogner-Unden (Grüne) sogar von einer „rechtsextremistischen Szene“in Bingen und Umgebung und beruft sich auf Informationen aus dem Innenministerium.
Bürgermeister hält Begriff “Szene“für übertrieben
Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden richtet sich der aktuelle Verdacht gegen eine Einzelperson. Von einer Szene zu sprechen hält Bingens Bürgermeister Jochen Fetzer für übertrieben. „Eine Szene ist es auf keinen Fall.“Aus seiner Sicht handelt es sich vielmehr um Einzelpersonen. „In Bingen treten sie nach außen überhaupt nicht in Erscheinung“, so die Wahrnehmung des Bürgermeisters, dessen Verwaltung in die Durchsuchung eingebunden war.
Die Razzia in Bingen war Teil einer bundesweit angelegten Polizeiaktion, an der insgesamt 120 Beamte mitarbeiteten: Nach Darstellung des Landeskriminalamts Bayern als federführender Behörde sind insgesamt sieben Objekte in Thüringen, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Bayern durchsucht worden. Neben dem Kreis Sigmaringen gebe es in Baden-Württemberg im Großraum Stuttgart einen weiteren Verdacht.
Einzelheiten zu dem Verdächtigen aus Bingen nennen die Ermittlungsbehörden nicht. Nach Angaben von Ludwig Waldinger vom bayerischen Landeskriminalamt richtet sich der Verdacht gegen eine Person. Nach Informationen unserer Zeitung trafen die Ermittler den Mann zum Zeitpunkt der Untersuchung zu Hause an. Er ist wie sechs der sieben Verdächtigen festgenommen worden. Nach einer Person suchen die Behörden noch.
Suche nach Computern, Smartphones, Tablets
In der Wohnung des Mannes wurde nach Computern, Smartphones und Tablets gesucht. Spezialisten werden die beschlagnahmten Geräte untersuchen und versuchen, den Verdächtigen das Absenden der Drohmails nachzuweisen.
Unterzeichnet waren die Drohschreiben mit „Volksfront“, „Combat 18“oder „Blood and Honour (trotz Verbot sind wir nicht tot)“. In Bingen hatte es schon 2018 einen Fall im Zusammenhang mit der rechtsextremen Bewegung „Blood & Honour“gegeben. Ein Mann aus Bingen stand unter Verdacht, der Bewegung anzugehören. Beschlagnahmt wurden bei der Untersuchung im Dezember 2018 Laptops und Smartphones. Gefunden wurden außerdem Gegenstände, „die beweisen, dass die Person eine rechte Gesinnung hat“, so die Generalstaatsanwaltschaft München auf unsere Anfrage.
Nach Angaben eines Sprechers der Generalstaatsanwaltschaft seien die Behörden nach wie vor mit der zeitaufwendigen Auswertung der Speichermedien befasst. „Deshalb laufen die Ermittlungen noch“, sagte der Sprecher am Mittwoch auf unsere Anfrage.