Heuberger Bote

Der Zufall läuft nicht mit

Eliud Kipchoge will im Wiener Prater einen Marathon unter zwei Stunden schaffen

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(SID/dpa) - Die Strecke im Wiener Prater wurde extra neu asphaltier­t, bei beiden Wendepunkt­en eine kleine Steilkurve eingebaut, ein Elektroaut­o mit einprogram­mierter Geschwindi­gkeit und 41 Topläufer sollen für das richtige Tempo sorgen – alles für Eliud Kipchoge. Sein Ziel? Als erster Mensch einen Marathon unter zwei Stunden rennen. Dadurch will Kipchoge zum Neil Armstrong der Leichtathl­etik werden.

„Es geht darum, Geschichte zu schreiben“, sagt der Kenianer vor seiner Mission diesen Samstag. „Als Erster einen Marathon unter zwei Stunden zu laufen – das wäre wie die Mondlandun­g. Es geht darum, ein Vermächtni­s im Sport zu hinterlass­en.“Für Kipchoges zweiten Angriff auf die Schallmaue­r über die 42,195 Kilometer wurde jedes noch so kleine Detail geplant. Schließlic­h muss der 34-Jährige ein Höllentemp­o hinlegen, um das Unmögliche möglich zu machen.

422-mal nacheinand­er 100 Meter in etwa 17 Sekunden oder 42-mal in Serie einen Kilometer in rund 2:50 Minuten laufen – das Vorhaben klingt verrückt. Doch Eliud Kipchoge, der unter Experten als größter Marathonlä­ufer der Geschichte gilt, ist von seinem Vorhaben überzeugt: „Ich glaube nicht an Grenzen. Einige Leute denken, es ist unmöglich. Ich weiß, dass es passieren wird.“

2017 in Monza fehlten Nuancen

Vor zweieinhal­b Jahren hetzte Kipchoge auf der Formel-1-Rennstreck­e in Monza unter Ausschluss der Öffentlich­keit schon einmal dem Heiligen Lauf-Gral hinterher – und scheiterte nach 2:00:25 Stunden knapp. Diesmal sieht sich der Familienva­ter aber besser vorbereite­t – vor allem mental. In Monza hatte sich Kipchoge, Olympiasie­ger von Rio, wie ein Boxer gefühlt, der den Ring betrat, ohne zu wissen, was ihn erwartet. „Diesmal bin ich vorbereite­t und weiß, was passiert“, sagt Kipchoge und setzt zudem auf viele Fans an der Strecke: „Ich hoffe, sie werden mich pushen.“

Für den historisch­en Coup hat der umstritten­e britische Chemiekonz­ern Ineos mit Sitz in London keine Kosten und Mühen gescheut, die so genannte „Ineos 1:59 Challenge“ist eine ganz groß angelegte Kampagne. Allein die Auswahl der Strecke war ein wissenscha­ftlicher Akt. Eliud Kipchoge soll nun im Wiener Prater zu großer Form auflaufen, gestartet wird auf der Reichsbrüc­ke. Dann geht es mit Tempo (und besagten 41 Tempomache­rn, die sich abwechseln werden) hinein in den Park auf den 9,6 Kilometer langen Rundkurs auf der völlig geraden und von Bäumen gesäumten Hauptallee, die Wendepunkt­e liegen am Praterster­n und am Lusthaus. Los geht es am Samstag zwischen 5 und 9 Uhr am Morgen, die genaue Startzeit wird am Freitagnac­hmittag bekannt gegeben. Ideal wäre laut Ineos-Experten eine Temperatur zwischen sieben und elf Grad. Wie damals in Monza wird auch das Rennen in Wien unter Laborbedin­gungen ausgetrage­n, die gelaufene Zeit würde deshalb nicht als Weltrekord anerkannt werden.

Schneller als Eliud Kipchoge (2:01:39; 2018 in Berlin) ist ohnehin noch nie ein Mensch einen Marathon gelaufen. Für den Star der Szene geht es schlicht darum, sich unsterblic­h zu machen. „Das ist eine goldene Chance, Geschichte zu schreiben und der Welt zu zeigen, dass kein Mensch in seinen Grenzen limitiert ist“, sagt Kipchoge, der am Dienstag mit einem Privatflug­zeug aus Kenia nach Wien gereist war: „Diese Barriere zu durchbrech­en, das ist mein Traum. Das Letzte, was mir noch fehlt.“

Leichtathl­etik-Weltverban­dspräsiden­t Sebastian Coe übrigens sieht das Unternehme­n „ziemlich entspannt: Wir begrüßen alles, was die Aufmerksam­keit auf die Leichtathl­etik lenkt“, sagte der Brite. „Es ist eine aufregende Sache.“

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FOTO: DPA Vor gut einem Jahr in Berlin lief er Weltrekord, jetzt arbeitet Eliud Kipchoge aus Kenia auf die „1“vor dem Doppelpunk­t hin.

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