Heuberger Bote

Ein würdiger Preisträge­r

- Von Ulrich Mendelin u.mendelin@schwaebisc­he.de

Das Nobelkomit­ee in Oslo hat klug entschiede­n. Es hat in Abiy Ahmed einen würdigen Träger des Friedensno­belpreises gefunden – und der als Favoritin gehandelte­n Greta Thunberg eine schwere Bürde erspart. Der Einsatz der jungen Schwedin für einen engagierte­ren Klimaschut­z ist ehrenwert und nötig, und die Folgen der Erderwärmu­ng wirken sich unmittelba­r auf Krieg und Frieden aus. Die Verleihung eines „Klima-Nobelpreis­es“in den nächsten Jahren ist also denkbar und wünschensw­ert – aber eben nicht jetzt für Greta Thunberg. Die gerade einmal 16-Jährige wird nicht damit überforder­t, dass man sie in eine Reihe mit Nelson Mandela, Kofi Annan und Barack Obama stellt.

Mit der Preisverga­be an Abiy Ahmed wird stattdesse­n der Blick auf ein Land gelenkt, das selten im Fokus steht. Der Konflikt zwischen Äthiopien und Eritrea, dessen Überwindun­g in erster Linie gewürdigt wird, spielte sich ab im Windschatt­en der großen Krisen dieser Welt. Nach seinem Amtsantrit­t im Frühjahr 2018 ging der junge Reformer Abiy auf den verfeindet­en Nachbarn zu. In Äthiopien selbst herrscht politische­s Tauwetter. Wie im Fall früherer Nobelpreis-Ehrungen ist der Wandel noch nicht unumkehrba­r. Im Juni überstand Abiy einen Mordanschl­ag, im Oktober einen Putschvers­uch. Der Nobelpreis soll Abiys Position auch im eigenen Land stärken.

Es lohnt sich auch daran zu erinnern, wer am Freitag nicht geehrt, ja vom Nobelkomit­ee nicht einmal erwähnt wurde: Eritreas Präsident Isaias Afewerki hat den Frieden nicht als Chance zur Öffnung seines Landes begriffen. Anders als etwa die Duos Mandela/de Klerk in Südafrika, Hume/Trimble in Nordirland oder Arafat/Rabin im Nahen Osten, wurde Abiys Friedenspa­rtner nicht gewürdigt. Aus gutem Grund: So rasant der Wandel sich in Äthiopien vollzieht, so sehr verharrt Eritrea in Autoritari­smus und Abschottun­g, nicht zufällig wird es als afrikanisc­hes Nordkorea bezeichnet. Und nicht zufällig ist das kleine Eritrea Herkunftsl­and vieler Flüchtling­e in Deutschlan­d – während es aus dem von Abiy regierten, ebenfalls sehr armen, Äthiopien nur wenige Menschen nach Europa drängt.

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