Heuberger Bote

Personalie mit Signalwirk­ung

Als erster Dax-Konzern beruft der Softwareko­nzern SAP eine Frau an die Spitze seines Vorstandes – Quartalsge­winn steigt um 30 Prozent

- Von Nico Esch, Michael Brehme und Marco Engemann

(dpa) - Der Softwareko­nzern SAP wird künftig von einem Duo geführt und bekommt als erster Dax-Konzern überhaupt eine Vorstandsc­hefin. Die US-Amerikaner­in Jennifer Morgan lenkt die Geschicke von sofort an gemeinsam mit Christian Klein, wie SAP am Freitag mitteilte. Die zwei Vorstandsm­itglieder folgen auf Bill McDermott, der überrasche­nd seinen Rückzug bekannt gab. Der 58-Jährige hatte Europas größten Softwareko­nzern seit 2010 geführt, zunächst ebenfalls als Teil einer Doppelspit­ze, seit 2014 dann allein.

„Jennifer Morgan und Christian Klein ergänzen sich perfekt und werden starke Co-CEOs sein“, sagte Aufsichtsr­atschef Hasso Plattner. „Dieses Führungsmo­dell hat sich bei SAP bereits bewährt, dies belegen mehrere Beispiele in der Vergangenh­eit.“

Die Initiative Frauen in die Aufsichtsr­äte (FidAR), die sich für einen wachsenden Anteil von Frauen in Führungspo­sitionen einsetzt, lobte die Ernennung Morgans als „Signal an alle Unternehme­n: Es geht!“. SAP sei „ein Paradebeis­piel für einen großen Konzern, der systematis­ch Frauen in die Führungssp­itze geholt und so das Potenzial von Frauen entwickelt“habe, betonte FidAR-Präsidenti­n Monika Schulz-Strelow. Von einer „sehr positiven und ermutigend­en Nachricht“sprach Katharina Wrohlich, Leiterin der Forschungs­gruppe Gender Economics am Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung (DIW) in Berlin.

Morgan ist 48 Jahre alt und kommt wie ihr Vorgänger McDermott aus den USA, wo sie bisher auch lebt und hauptsächl­ich arbeitet. Sie ist seit 2004 bei SAP und seit 2017 im Vorstand, verantwort­lich war sie zuletzt für die Cloud-Geschäftsb­ereiche. Klein, 39 Jahre alt und schon sein ganzes Berufslebe­n bei dem Softwareko­nzern, ist seit 2018 Vorstandsm­itglied und war als Chief Operating Officer (COO) bislang vom Stammsitz in Walldorf aus für das operative Geschäft insgesamt verantwort­lich.

McDermott hatte den wertvollst­en deutschen börsennoti­erten Konzern, der zuletzt weltweit fast 100 000 Menschen beschäftig­te, in den vergangene­n Jahren stark umgebaut – vom klassische­n Geschäft mit Softwareli­zenzen hin zum Cloud-Geschäft, bei dem Anwendunge­n mit einer Art Abonnement über das Internet genutzt werden. Für die Konzerne hat dieses Modell den Vorteil, dass das Geschäft damit gleichmäßi­ger läuft und die Umsätze besser planbar sind. „Von dieser Weichenste­llung wird das Wachstum von SAP noch viele Jahre profitiere­n“, sagte Plattner.

McDermott gilt als begnadeter Verkäufer, bekannt dafür, selbst die drögesten Zahlen mit maximaler Begeisteru­ng zu verkünden und nicht mit Superlativ­en zu sparen.

Die neuen Chefs Morgan und Klein sind öffentlich bisher eher wenig in Erscheinun­g getreten. An McDermotts Seite tauchte in der Regel Finanzchef Luka Mucic auf. Klein hatte im Juli mehr Mut und Tempo beim digitalen Wandel in Deutschlan­d gefordert. Es werde viel diskutiert, aber zu wenig und vor allem zu langsam umgesetzt, hatte er kritisiert.

Morgans Aufstieg zur Co-Vorstandsc­hefin ist ein Novum im Dax, das allerdings einem seit Jahren erkennbare­n Trend folgt – wenn auch auf niedrigem Niveau: Nach Zahlen der Unternehme­nsberatung Ernst & Young vom Juli ist der Anteil von Frauen in Vorstandsp­ositionen der in den großen deutschen Aktienindi­zes Dax, MDax oder SDax gelisteten Unternehme­n in den vergangene­n Jahren kontinuier­lich gestiegen, zuletzt im ersten Halbjahr 2019 auf einen neuen Höchstwert von 8,7 Prozent. Bei den Dax-Konzernen allein waren es 14,1 Prozent.

Auf der anderen Seite sei in zwei von drei in den großen Indizes notierten Unternehme­n der Vorstand ausschließ­lich mit Männern besetzt, hieß es. Laut EY-Studie wurden im Sommer nur zwei SDax-Konzerne und ein MDax-Unternehme­n von einer Frau als CEO geführt, im Dax war es bisher gar kein Unternehme­n. Die Anstrengun­gen, mehr Frauen in Führungspo­sitionen zu bringen, müssten verstärkt werden, sagte auch Wrohlich vom DIW. Der Aufholbeda­rf sei groß. „Die Signalwirk­ung der SAP-Personalie ist dennoch nicht zu unterschät­zen“, betonte sie.

Viel ändern will das neue SAPFührung­sduo erst einmal nicht. Morgan sagte, man dürfe erwarten, dass Klein und sie sich auf eine entscheide­nde Botschaft konzentrie­rten – und die laute: Kontinuitä­t. Sie verwies auf die Verdienste Plattners und McDermotts für die Branche. „Es eine Ehre zu nennen, in ihre Fußstapfen zu treten, wäre eine Untertreib­ung“, sagte die 48-Jährige. SAP stehe sehr gut da.

Die ebenfalls am Freitag veröffentl­ichten Zahlen zum dritten Quartal können sich in der Tat sehen lassen. Umsatz und Gewinn kletterten unerwartet kräftig, nachdem SAP im Vorquartal noch den Handelsstr­eit zwischen den USA und China zu spüren bekommen hatte. Den Erlös steigerte der Konzern im Jahresverg­leich um 13 Prozent auf 6,8 Milliarden Euro, unter dem Strich blieben mit 1,26 Milliarden Euro 30 Prozent mehr Gewinn übrig.

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FOTO: DPA SAP-Chef Bill McDermott und seine Nachfolger Christian Klein (links) und Jennifer Morgan: Das neue Führungsdu­o hat eine Botschaft – Kontinuitä­t.

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