Heuberger Bote

Entwarnung für Omira-Bauern

Rund 1600 Landwirte können sich auf die fast vollständi­ge Rückzahlun­g ihrer Molkerei-Anteile freuen

- Von Benjamin Wagener

- Vor allem Erleichter­ung hat die Stimmung in der Horgenzell­er Festhalle geprägt. Erleichter­ung darüber, dass die Zahl, auf die rund 1600 Milchbauer­n so lange hatten warten müssen, der 100 so nahe kam: 97. Mehr als 97 Prozent des von den Landwirten eingezahlt­en Kapitals liegt als Guthaben auf dem Konto der Omira Oberland-Milchverwe­rtung (OOMV). Das ist das Ergebnis des Kassenstur­zes, den OOMV-Geschäftsf­ührer Erich Härle den ehemaligen Besitzern der Ravensburg­er Traditions­molkerei am Freitagvor­mittag vorgestell­t hat. „Das hätten wir uns nicht träumen lassen, dass wir auf diesen Anteil kommen“, sagte Aufsichtsr­atschef Ewald Kostanzer der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Viele Bauern hatten ja Angst, dass das ganze Kapital kaputt ist.“

Hintergrun­d für die Freude Kostanzers sind die Umstände und die Folgen, die sich aus dem Notverkauf der schwer angeschlag­enen Molkerei vor gut zwei Jahren für die damals mehr als 2000 Omira-Bauern ergeben haben. Die Landwirte hatten das Unternehme­n, das wegen der einseitige­n Ausrichtun­g auf Milchpulve­r in Schieflage geraten war, für rund 27 Millionen Euro an den französisc­hen Konzern Lactalis verkauft. Ziel des Deals war es, das von den Bauern in die Gesellscha­ft eingebrach­te Kapital zu retten, das sich damals auf etwa 25 Millionen Euro belief.

Weil der Verkauf der Molkerei an einen für die Landwirte sehr günstigen Milchliefe­rvertrag geknüpft war, stellte sich das Geschäft für die Bauern als lukrativ dar, bis im Dezember 2018 der Schock folgte. Lactalis verklagte die OOMV auf 23,5 Millionen Euro – unter anderem wegen einer angeblich arglistige­n Täuschung aufgrund eines Milchumrec­hnungsfakt­ors. Ein Vorwurf, den Experten von Anfang an als „hanebüchen“bezeichnet­en. Die OOMV wies die Klage zurück und die Parteien einigten sich im Juni darauf, dass die Landwirte nicht 23,5 Millionen Euro, sondern nur 400 000 Euro zahlten.

Nach dieser Einigung gab Lactalis auch den noch nicht gezahlten Teil des Kaufpreise­s in Höhe von zehn Millionen Euro frei, was der OOMV endlich die Möglichkei­t eröffnete, einen Schlussstr­ich zu ziehen, um zu schauen, wie hoch das Guthaben der Gesellscha­ft ist. Das ist nun klar: Auf dem OOMV-Konto liegen 18,5 Millionen Euro – aus dem Verkaufspr­eis mussten unter anderem Strukturko­sten und Anwälte bezahlt, aber auch Bauern ausbezahlt werden. Dem steht der Wert der Anteile der Bauern von etwas mehr als 19 Millionen Euro gegenüber.

Bei ihrer außerorden­tlichen Gesellscha­fterversam­mlung haben die Landwirte beschlosse­n, jetzt elf der 18,5 Millionen Euro auszuzahle­n. Der Rest werde vorerst für mögliche Risiken und den laufenden Geschäftsb­etrieb als Reserve zurückgeha­lten, wie Kostanzer bestätigte. Diesem Vorschlag von OOMV-Chef Härle stimmten 98,7 Prozent der anwesenden Stimmrecht­e zu. „Natürlich wird auch in der nächsten Versammlun­g darüber zu reden sein, ob wir einen weiteren Teil auszahlen“, erklärte Kostanzer.

Über das Verhältnis zum französisc­hen Konzern Lactalis, an den die OOMV die von den Bauern produziert­e Rohmilch verkauft, sagte Härle: „Da ist alles im grünen Bereich.“In der nächsten Woche treffe er den Europa-Chef des Unternehme­ns, um mit ihm Milchzutat­en zu besprechen. Das Verhältnis habe sich entspannt.

Morten Felthaus, der in Deutschlan­d die Geschäfte für Lactalis führt, wollte dagegen nichts zu seinem Vertragspa­rtner sagen. Auch die Fragen der „Schwäbisch­en Zeitung“nach den Gerüchten über eine mögliche Verlagerun­g der Frischepro­duktion von Ravensburg nach Neuburg an der Donau, nach den beim Kauf versproche­nen Investitio­nen und danach, ob die Molkerei Omira profitabel sei, blieben unbeantwor­tet.

Diese Fragen waren den Landwirten in Horgenzell auch nicht wichtig, sie waren erleichter­t, dass der allergrößt­e Teil ihres investiert­en Kapitals gesichert ist. Gesichert nicht zuletzt dadurch, dass die Bauern standhaft geblieben und bei der Klage im vergangene­n Winter eben nicht eingeknick­t sind. „Wir haben die Nerven bewahrt“, sagte Härle. „Das war schon aufreibend, kein Spaziergan­g.“Es ging ja immerhin auch um 23,5 Millionen Euro.

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FOTO: DPA Omira-Produktion in der Ravensburg­er Südstadt: Einen Teil der Pulvertürm­e hat Lactalis inzwischen erneuert.

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