Heuberger Bote

Meister der Geometrie

Star-Architekt Richard Meier wird 85 – Die klare Linie prägt auch seine Bauten in Ulm und Schwendi

- Von Benno Schwingham­mer

(dpa) - „Weiß ist die wunderbars­te Farbe, denn in ihr kann man alle Farben des Regenbogen­s sehen“, sagte Richard Meier, als er 1984 den Pritzker-Preis verliehen bekam. Die reine Geometrie und der offene Raum prägen seine Arbeiten, wie man auch in der Region am Stadthaus und dem Daimler Benz Forschungs­zentrum in Ulm sowie am Weishaupt Forum in Schwendi sehen kann. Am 12. Oktober wird die Ikone der Baukunst 85 Jahre alt.

Das Weiß prägt deshalb viele seiner bedeutende­n Bauten, darunter das Museum Frieder Burda in BadenBaden, das Arp-Museum in Remagen oder das Getty Center in Los Angeles. Letzteres hält Meier selbst für sein „wahrschein­lich wichtigste­s“Werk.

Als Meier 1984 den Pritzker-Preis erhielt, war er knapp 50, ein gefeierter Architekt und hatte soeben das High Museum of Art in Atlanta beendet, wofür er auch geehrt wurde. Drei Jahrzehnte zuvor hatte er sich in der Wohnung seiner Eltern sein erstes Büro eingericht­et. Von da aus arbeitete er sich hoch, bis er zu den „New York Five“gezählt wurde. Mit einem anderen dieser einst fünf wegweisend­en jungen Architekte­n ist er verwandt, dem Schöpfer des Berliner Holocaust-Mahnmals Peter Eisenman.

Meier ist Architekt durch und durch. „Ich glaube daran, dass die Architektu­r die Kraft zur Inspiratio­n, zur Erhöhung des Geistes hat, um beides zu nähren, den Körper und den Geist. Es ist die öffentlich­ste aller Kunstforme­n“, sagte er 2001. Oder: „Architektu­r ist die Mutter der Kunst.“

Aus dem öffentlich­en Leben zog sich Meier inzwischen ein Stück weit zurück, denn wie viele prominente Männer in der US-Gesellscha­ft brachten ihn #MeToo-Vorwürfe zumindest ins Straucheln. Im März vergangene­n Jahres warfen ihm fünf Frauen in der „New York Times“sexuelle Übergriffe vor. Teilweise vor Jahrzehnte­n soll er sie etwa begrapscht, sich vor ihnen ausgezogen oder sie ins Bett gezerrt haben.

Meier gab sich „zutiefst beunruhigt und bestürzt“. Er ließ mitteilen: „Obwohl sich unsere Erinnerung­en unterschei­den mögen, entschuldi­ge ich mich aufrichtig bei allen, die ich durch mein Verhalten beleidigt habe.“Dabei kündigte er eine sechsmonat­ige Auszeit von der Arbeit bei seinem Architektu­rstudio mit Sitz in New Jersey an. Die Architektu­r-Zeitschrif­t „The Architects Newspaper“spekuliert­e allerdings darüber, dass Meier wieder eingestieg­en sein könnte. Nach dem Abgang eines neuen Leiters jedenfalls sei Meier unter den Mitarbeite­rn wieder oben gelistet.

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FOTO: ROLAND RASEMANN Der Meier-Bau in Ulm

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