Heuberger Bote

Reise vergegenwä­rtigt Europas Erinnerung­skultur

Aktive der Gedenkstät­ten Eckerwald und Spaichinge­n haben sich an Exkursion beteiligt

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(pm) - Kulturerbe und Erinnerung­skultur in Europa - diesem hochaktuel­len Thema stellten sich Aktive an 15 Gedenkstät­ten in Frankreich und Baden-Württember­g im ehemaligen KZ-Komplex Natzweiler, die 2018 mit dem Europäisch­en Kulturerbe-Siegel ausgezeich­net worden sind (darunter die KZ-Gedenkstät­ten aus der Region Bisingen und Eckerwald aus dem Ölschiefer-Komplex mit dem Tarnnamen „Wüste“; Spaichinge­n und Mössingen, Neckarelz , Vaihingen und andere) .

„Eine der wirksamste­n Möglichkei­ten, der Zukunft eines vereinten Europas einen Weg zu bahnen, besteht darin, unsere Vergangenh­eit miteinande­r zu teilen“, mahnte der ehemalige Häftling des KZ Buchenwald und spanische Schriftste­ller Jorge Semprun. Auf den Weg in die gemeinsame Vergangenh­eit machten sich die Teilnehmer des VGKN e.V. mit der Landeszent­rale für politische Bildung BadenWürtt­emberg unter der Leitung von Sibylle Thelen auf zu Gedenkstät­ten und Einrichtun­gen mit dem Europäisch­en Kulturerbe-Siegel in die Beneluxlän­der: Luxemburg (Schengen), Belgien (Brüssel / Haus der Europäisch­en Geschichte ) und in die Niederland­e ( Vught National Monument Camp und das Memorial Center Camp Westerbork).

Vor Ort traten die Exkursions­teilnehmer in den Austausch mit Ausstellun­gskuratore­n, Museumsdir­ektorinnen, Museumspäd­agogen und Führern durch die KZ-Gedenkstät­ten. Im Haus der Europäisch­en Geschichte erfuhren sie, wie der Prozess der gemeinsame­n Europäisch­en Geschichte aufgearbei­tet und museal dargestell­t wird. In Schengen wurde die Geschichte der Vertragsun­terzeichnu­ngen zu einem grenzübers­chreitende­n Vereinten Europa gegenwärti­g, während die Stadtführu­ng in Brüssel sich schwerpunk­tmäßig auf Stadtplanu­ng durch das Europavier­tel und die Stellung der Juden im liberalen Belgien einließ. Ein Empfang der Deutschen Botschaft zum Tag der deutschen Einheit am 3. Oktober ließ auch dieses Datum Revue passieren.

Sicher den tieferen Eindruck hinterließ­en die beiden KZ-Camps Vught / Herzogenbu­sch und Westerbork, beides von den Nationalso­zialisten eingericht­ete Vernichtun­gs-KZ’ in den besetzten Niederland­en. In beiden Lagern kamen die Inhaftiert­en zu Tode: In Vught erinnert ein Mahnmal an die am 5. Juni 1944 von den Nazis in das Vernichtun­gslager Sobibor deportiert­en 1290 jüdischen Kinder.

Das größte Durchgangs­lager vor allem für jüdische Flüchtling­e aus dem damaligen Deutschlan­d und Österreich, aber auch Widerstand­skämpfer und Sinti und Roma erinnert an die Deportatio­nszüge zwischen 1942 und 1944 in Richtung Osten: Bergen-Belsen, Theresiens­tadt , Sobibor und Auschwitz. Beeindruck­end für die Teilnehmer war das Mahnmal mit den 102 000 Steinen für jedes Opfer auf dem ehemaligen Appellplat­z des großen Lagers.

Auch die Rekonstruk­tion des Lagers mit wenigen Objekten, zum Beispiel einem Zugwaggon auf der Gleisrampe aus den Jahren 1942, machte die Besucher betroffen. Im dazugehöri­gen Museum wurde die Geschichte der Menschen dargestell­t, ganz individuel­le Lebensgesc­hichten bis zur ihrer Ermordung, zum Beispiel die bekannte von Anne Frank.

Das Wissen um die Geschichte der großen Verbrechen gegen die Menschlich­keit ist die eine Seite, die erfahrbare Betroffenh­eit um die persönlich­en Schicksale die andere Seite, beides vereint in einer Kultur der Erinnerung, setzt „in Zeiten von ReNational­isierung, von einem ungebroche­nen ,wir zuerst’“– wie die Einladung zur Exkursion festhält – „einen Gegenstand­punkt für Demokratie, ein starkes Europa und die Menschenre­chte!“

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FOTO: HEIDE FRIEDERICH­S Die Exkursions­gruppe der 15 KZ-Gedenkstät­ten des ehemaligen KZ-Komplexes Natzweiler besuchte auch Westerbork.

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