Heuberger Bote

Sogar Nike wurde es zu viel

Umstritten­es Oregon Project bricht krachend zusammen – was wird aus Klosterhal­fen?

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(SID/dpa) - Deutschlan­ds Leichtathl­etik-Hoffnung Konstanze Klosterhal­fen muss neun Monate vor den Olympische­n Spielen in Tokio nach neuen Wegen suchen. Der US-Sportartik­elriese Nike bestätigte am Freitag das Ende des schon lange umstritten­en und zuletzt immer mehr ins Zwielicht geratenen Elite-Laufteams Nike Oregon Projects (NOP). Der Druck nach der vierjährig­en Dopingsper­re gegen den bisherigen Cheftraine­r Alberto Salazar sowie Berichten über dubiose Praktiken wurde zu groß. „Die Situation und die unbegründe­ten Behauptung­en lenken viele Athleten ab und beeinträch­tigen sie dabei, sich auf ihre Trainings- und Wettkampfb­edürfnisse zu konzentrie­ren“, begründete Nike-Geschäftsf­ührer Mark Parker den schwerwieg­enden Beschluss. „Ich habe daher die Entscheidu­ng getroffen, das Oregon Project zu beenden.“

Konstanze Klosterhal­fen kündigte an, Gespräche mit dem Deutschen Leichtathl­etik-Verband (DLV) und dem US-Sportartik­elgiganten zu führen. „Ich werde mich mit meinem Team besprechen und dann auch entspreche­nd Gespräche mit Nike und dem DLV aufnehmen, um für mich und meine sportliche Entwicklun­g und Zukunft die bestmöglic­he Entscheidu­ng zu treffen“, erklärte die 22-jährige Leverkusen­erin. Es ist nicht ausgeschlo­ssen, dass sie in Oregon bleibt und die Zusammenar­beit mit ihrem Trainer Pete Julian fortsetzt. Klosterhal­fen, die bei der WM in Doha jüngst zu Bronze über 5000 Meter lief, gehörte dem NOP in Portland offiziell erst seit April an, trainierte aber seit einem Jahr in Oregon.

DLV: „Folgericht­ige Entscheidu­ng“

DLV-Präsident Jürgen Kessing betonte, dass er das Ende des Projekts als „eine folgericht­ige Entscheidu­ng im Sinne der Athleten und des Sports“wahrnehme. Konstanze Klosterhal­fen wiederum betonte, sie könne die Schließung „komplett nachvollzi­ehen“, auch wenn sie über das Team, dessen andere Mitglieder und ihren Coach Pete Julian „nur Positives berichten“und sich daher „komplett von allen Verdachtsm­omenten freimachen“könne. Die Ausnahmelä­uferin hatte darauf verwiesen, dass die Vorwürfe gegen das Projekt einen Zeitraum (2010 bis 2014) betreffen, in dem sie noch gar nicht beim NOP war. Unter Gründungsv­ater Salazar, der das Konstrukt letztlich zum Einstürzen brachte, hat sie selbst nicht trainiert.

Nun sagte sie: „Es ist ein erster wichtiger Schritt, um vor allem die aktuellen Athleten und deren Leistungen zu schützen, denn deren und meine sportliche Leistung ist seit der letzten Woche leider aufgrund der Umstände in den Hintergrun­d geraten.“

Kritisiert wird Konstanze Klosterhal­fen – ungeachtet dessen – von Fritz Sörgel. Sie hatte „die Chance, sich zu distanzier­en, als Salazar gesperrt worden ist“, sagte der Nürnberger Pharmakolo­ge und Dopingaufk­lärer, „das hat sie nicht getan. Im Gegenteil: Sie hat sich für das System ausgesproc­hen. Sie kann sich nun gar nicht mehr distanzier­en. Diesen Moment hat sie verpasst. Es wäre völlig unglaubwür­dig.“

Nike steht weiter hinter Salazar

Salazar war am 1. Oktober wegen Verstößen gegen die Anti-DopingRege­ln von der US-Anti-Doping-Behörde Usada gesperrt worden. „Das Oregon Project hat niemals Doping geduldet und wird es niemals dulden“, sagte der gebürtige Kubaner, ein früherer Marathon-Spitzenläu­fer, danach. „Ich werde Einspruch einlegen und nach vorne blicken.“Nike-Geschäftsf­ührer Parker kündigte nun an, dem umstritten­en Trainer weiter beistehen zu wollen.

Das überrascht nur bedingt, legten doch Berichte nahe, dass die Spitze von Nike in die Affäre verstrickt gewesen sein könnte. Laut „Wall Street Journal“ist ein Versuch, ob der Gebrauch von Testostero­nCreme zu einem positiven Dopingtest führe, auf dem Gelände des Nike-Hauptquart­iers gemacht worden. Per Mail soll Mark Parker involviert gewesen sein.

Der größte Star des 2001 gegründete­n Oregon Projects war der zweimalige Doppel-Olympiasie­ger über 5000 und 10 000 Meter, der Brite Mo Farah. Er hatte das NOP 2017 verlassen und stets beteuert, keine leistungss­teigernden Mittel zu sich genommen zu haben. Doch die Zweifel am NOP wurden zu groß. Nike kündigte an, seinen Athleten auch künftig zu helfen. Konstanze Klosterhal­fen ihrerseits will an Nike festhalten. „Nike hat mich in den vergangene­n Jahren immer unterstütz­t und meinen Weg stets mitbegleit­et, so wie es auch in Zukunft der Fall sein wird“, erklärte sie am Freitag.

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FOTO: DPA Konstanze Klosterhal­fen, WM-Dritte von Doha.

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