Mit Geld verleihen Geld verdienen
Was Anleger im Geschäft mit Staats- und Unternehmensanleihen beachten müssen
- Dem Staat oder einem Unternehmen als Privatperson einen Kredit geben – erst recht, wenn die Sache als sicher gilt? Wieso nicht, sagen sich viele Anleger und lassen sich über ihre Bank Staats- oder Unternehmensanleihen ins Wertpapierdepot legen. Während der Erwerber von Aktien zum Miteigentümer einer Unternehmung wird, sind die Inhaber von Anleihen Gläubiger des Staates oder des Unternehmens, die als sogenannte Emittenten die Wertpapiere herausgeben.
Doch der Reihe nach. Anleihen sind Forderungspapiere, mit denen die Emittenten einen Kredit am Kapitalmarkt aufnehmen. Im Gegensatz zu Privatkrediten werden diese Wertpapiere öffentlich und nur von juristischen Personen, also beispielsweise Staaten, Kommunen oder Unternehmen, herausgegeben. „Eine solche Emission erfolgt in der Regel zur langfristigen Kapitalaufnahme in größerem Umfang am in- und ausländischen Kapitalmarkt“, sagt dazu Klaus Stopp, Anleihespezialist der Baader Bank. Die Namensvielfalt ist dabei groß. Egal, ob man von Schuldverschreibungen, Obligationen, Rentenpapieren, Bonds oder Corporate Bonds für Unternehmensanleihen spricht, stets verbriefen diese Wertpapiere Gläubigerrechte – insbesondere das Recht auf Verzinsung und Rückzahlung.
Nach der Art der Verzinsung werden Anleihen in festverzinsliche Wertpapiere, Floater und strukturierte Wertpapiere eingeteilt. Im letzteren Fall ist die Höhe der Zinszahlung vom Eintritt bestimmter Ereignisse abhängig, die sehr unterschiedlicher Natur sein können, etwa von bestimmten Wachstumsraten oder bestimmten Kursständen von Aktienindizes. Auch der Umfang der Tilgung einer strukturierten Anleihe kann sich nach solchen Kriterien richten. Eine spezielle Form sind Nullkuponanleihen, auch Zerobonds genannt.
Im Gegensatz zu Aktien, die in Euro notieren, wird der Kurs eines Bonds in Prozent des Nominalwerts angegeben. Dieser umfasst den jeweiligen Teilbetrag der Schuldverschreibung, die sogenannte Stückelung, in die die gesamte Anleihe aufgeteilt wurde. Am häufigsten sind dies 1000 und 50 000 Euro, wobei für den Privatanleger oft nur die 1000er-Stückelung infrage kommt. Wenn eine Anleihe also einen Kurswert von 101,50 (Prozent) aufweist, muss der Käufer bei einem Nominalwert von 1000 Euro 1015,00 Euro für den Erwerb bezahlen.
Anleihen sind mit einem Kupon ausgestattet, der den Nominalzins verkörpert, den der Käufer für die zeitweise Verleihung eines Geldbetrags als Vergütung erhält. Die Höhe des Zinses, die der Anleger vom Emittenten auf den Nennwert oder den Nominalwert der Anleihe erhält, ist in den Anleihe-Bedingungen festgehalten.
Kurswert beeinflusst Verzinsung
Doch Achtung! Tatsächlich sagt der Nominalzins oder Kupon (auch Coupon) nur eingeschränkt etwas über die eigentliche Verzinsung aus. Einer der wichtigsten Einflussfaktoren auf die laufende Verzinsung ist vielmehr der aktuelle Kurswert. Denn wesentlich für die Beurteilung einer Anleihe ist nicht die Nominal-, sondern die Effektivverzinsung, ein Begriff, der oft synonym für die Rendite benutzt wird. „Dabei verhalten sich Kurs und Effektivverzinsung wie zwei kommunizierende Röhren“, sagt Anleihe-Profi Stopp.
Sinken die Kurse unter 100 Prozent, notiert die Anleihe „unter pari“, wie es im Börsenjargon heißt. Gleichzeitig steigt die Effektivverzinsung. Und umgekehrt: Legen die Kurse zu und notieren „über pari“, muss man mehr für den Erwerb einer Anleihe bezahlen, erhält aber denselben Nominalzins. Also geht in der Folge die Effektivverzinsung bei steigenden Kursen zurück. Im Internet finden sich zahlreiche Möglichkeiten, die Rendite zu berechnen, zum Beispiel unter www.bondboard.de oder www.finanzrechner.org. „Um unterschiedlich ausgestattete und bewertete Anleihen vergleichen zu können, ist die Angabe der Rendite wichtig“, macht Stopp klar, zeigt sie doch dem Anleger die tatsächliche Verzinsung seines Kapitals als einen Prozentwert an.
Am Ende ihrer Laufzeit werden Anleihen schließlich zurückbezahlt. Die Fälligkeiten der Schuldenpapiere liegen zwischen fünf und dreißig Jahren, immer häufiger auch darüber. Doch weil sich die Schuldner in der Regel das Recht auf Kündigung vorbehalten, kann der Gläubiger sein Geld auch viel früher zurückerhalten.