Protest im Zeichen des grünen Kreuzes
Südwest-Agrarminister kündigt Gegenkonzept zu „Rettet die Bienen“an – Bauern demonstrieren gegen Volksbegehren
- Wie ein Priester hält Johannes Kieble das grüne Kreuz ins Publikum. Als wollte der Jungbauer allein mit Worten und dem hölzernen Symbol all die Vorwürfe abwehren, die in diesen Tagen nach Ansicht vieler Landwirte den Betrieben zu Unrecht gemacht werden. „Populistischer Druck darf nicht die Grundlage für politisches Handeln sein“, ruft der Vorsitzende des Agrargesprächskreises Ravensburg den 600 Bauern aus dem Oberland zu. „Und mit diesen Kreuzen haben wir uns endlich Gehör verschafft.“
Dass die Kreuze, die nicht nur in Baden-Württemberg und Bayern auf so vielen Feldern, in Obstplantagen und Weinbergen stehen und mit denen Bauern gegen die Agrarpolitik der Bundesregiergung und im Südwesten auch gegen das Volksbegehren „Rettet die Bienen“demonstrieren, bei der Bauernkundgebung auf der Oberschwabenschau in Ravensburg am Sonntag eine Rolle spielen würden, merkten die Besucher der Messe schon lange vor der Veranstaltung. Immer wieder zogen Landwirte mit den Kreuzen zum Festzelt. Ein alter Obstbauer aus Kressbronn am Bodensee, der sein Kreuz wie einen Speer durch die Menge trug, wetterte: „Wir haben die schlechteste Agrapolitik, die es jemals gegeben hat.“
Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) stellte sich dann auch an die Seite der Bauern – und nahm vor allem die Kritik der Landwirte am Volksbegehren „Rettet die Bienen“auf. „Das Volksbegehren muss verhindert werden“, erklärte Hauk in seiner Rede. Das Allerwichtigste sei nun, dass „wir uns positionieren und handeln.“
Der Volksantrag „Gemeinsam unsere Umwelt schützen in BadenWürttemberg“, den unter anderem der baden-württembergische Landesbauernverband beim Landtag eingereicht hat, sei ein erster Schritt, aber er reiche bei weitem nicht aus. „Denn wenn der Antrag durchkommt, müssen wir uns im Landtag nur darüber unterhalten, das Volksbegehren dagegen hat Gesetzeskraft, da kann ich dann gar nichts mehr ändern“, sagte Hauk und kündigte an, dass die baden-württembergische Landesregierung bis zum Ende der Oberschwabenschau am nächsten Sonntag eine Gegenposition zum Volksbegehren vorstellen werde.
„Das eine Konzept ist bekannt, unseres steht noch nicht. Aber die Gespräche laufen gut, wir sind in engen Verhandlungen, ich hoffe, dass ich bis Ende der Woche Position beziehen kann, die nicht nur meine persönliche Meinung darstellt“, erklärte Hauk im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Nach Wochen des Schweigens habe die CDU gemeinsam mit den Bauern Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) dazu bewegt, endlich Stellung zu beziehen. „Ich finde es toll, dass der Ministerpräsident sich hinstellt und erklärt, ich bin gegen das Volksbegehren“, sagte Hauk. „Vor allem weil seine Parteifreunde überall sagen, dass sie sich für ihn fremdschämen.“
Inhaltlich positionierte sich Hauk in dreierlei Hinsicht gegen die Forderung des Volksbegehrens. Ein totales Pflanzenschutzverbot in Landschaftsschutzgebieten. „Mit uns wird es Kompromisse geben, aber es wird mit uns keinen Kompromiss geben, in dem diese Gebiete mit einem Pflanzenschutzverbot belegt bleiben“, sagte Hauk, der sich während seiner Ausführungen immer mehr in Rage redete. „Da kommen jetzt die Öko-Imker aus der Großstadt und wollen uns sagen, wo es lang geht. Das kann doch wohl nicht sein“, rief Hauk. Die Forderung der Initiatoren nach 50 Prozent Biolandwirtschaft lehnt Hauk als unrealistisch ab. „Wir müssen beide Formen der Landwirtschaft – bio und konventionell – weiterentwicklen – und vor allem muss man das nachfrageorientiert betrachten.“Schon jetzt gebe es auf dem Markt schon viel zu viele Bioprodukte. „Die Bürger müssen nicht nur grün wählen, sondern auch grün essen.“Das Ziel der Halbierung der Flächen, auf denen überhaupt noch Pflanzenschutz betrieben werden darf, wenn das Volksbegehren durchkommt, bewertete Hauk als schlicht nicht möglich. „Pflanzen wie Weizen, Roggen, Dinkel, das sind Zuchtgebilde, Kulturpflanzen und Sensibelchen“, erläuterte Hauk. „Diese Pflanzen brauchen Schutz – und das ist unser Pflanzenschutz.“
Vor der Rede Hauks hatten Bauernvertreter mal in lauten und aggresiven, mal in leisen, zurückhaltenden Tönen auf die aus Sicht der Betriebe große Verunsicherung der Landwirte hingwiesen. Juliana Vees, die Präsidentin des Landfrauenverbandes Württemberg-Hohenzollern, hatte von einem Gespräch mit einer alten Bäuerin berichtet. „Sie hat mir gesagt, die wollen uns nicht mehr, dann hören wir eben auf “, erzählte die Landfrauenvertreterin. Viele Familien auf dem Höfen verständen immer weniger, was zur Zeit passiere. „Vor Ort gibt es immer mehr Naturschutz, Umweltschutz und ,Rettet die Bienen’, gleichzeitig wird die heimische Landwirtschaft aber dem Weltmarkt preisgegeben“, sagte Vees. „Diesen Spagat schaffen viele Betriebe nicht mehr.“
Jungbauer Johannes Kieble wählte drastischere Worte. „Tierquäler, Umweltverschmutzer, Klimakiller, so werden wir beschimpft, wir sind zum Spielball der Umweltgruppen geworden“, schimpfte er. Und die Politik knickt vor der öffentlichen Meinung ein, anstatt nach Lösungen zu suchen, die alle Belange berücksichtigt.“Es war die einzige Stelle, an der der Minister nicht derselben Meinung war wie seine Vorredner. „Es ist überhaupt nicht so, dass das Landwirtschaftsministerium dem Mainstream folgt.“Messen lassen will sich Hauk an dem Gegenprogramm zum Volksbegehren.