Heuberger Bote

Das Hawaii-Lied als nächtliche­s Duett

Anne Haug und Jan Frodeno triumphier­en bei Ironman-WM – Aus für kränkelnde­n Lange

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(dpa/SID) - Weit nach Mitternach­t standen Jan Frodeno und Anne Haug wieder auf der Ziellinie, hielten sich mit Fans, Helfern und Konkurrent­en an den Händen und sangen ergriffen das Hawaii-Lied. Nach ihrem historisch­en ersten deutschen Doppelerfo­lg bei der IronmanWel­tmeistersc­haft kosteten sie auch mit den letzten Finishern der unerbittli­chen 3,8 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen jede Sekunde eines denkwürdig­en Tages aus, der für Landsmann Patrick Lange auf einem wenig malerische­n Parkplatz am Rande der Radstrecke früh zu Ende gegangen war: Der 33 Jahre alte Titelverte­idiger musste aussteigen.

Nach Fieber in der kurzen Nacht vor dem Rennen gab Lange vor dem Donnerschl­ag in der Bucht von Kailua-Kona um 6.25 Uhr noch Entwarnung. Nach einer guten Stunde auf dem Rad klagte der Titelverte­idiger dann aber über Schwindela­nfälle. Lange sei schwarz vor Augen gewesen, berichtete sein Manager Jan Sibbersen. „Ich war ein bisschen frustriert, als ich gehört hab’, dass Patrick ausgestieg­en ist“, gestand Jan Frodeno nach dem Rennen. „Ich hatte ihn dann nur noch virtuell als Gegner.“Das allerdings funktionie­rte auch: Immerhin nahm der 38-jährige Kölner Lange den Streckenre­kord ab.

Obwohl die Bedingunge­n diesmal mit einem sehr welligen Schwimmen und teilweise heftigem Wind auf der Radstrecke schlechter waren als bei Langes 7:52:39 Stunden vor einem Jahr, nahm Frodeno das Zielband auf dem Ali’i Drive nach 7:51,13 Stunden zwischen die Hände und ließ sich feiern. „Ich habe so lange von diesem Tag geträumt“, sagte Frodeno später – mit den Blätterkrä­nzen des Siegers im Haar und um die Schultern.

„Ich habe hier schon tolle und auch schon ganz schwere Tage erlebt. Aber so einen Tag habe ich mir immer gewünscht“, erklärte er weiter. Frodeno stillte seine Sehnsucht nach einem perfekten Rennen. „Es ist so krass, wenn es funktionie­rt – und dass man sich unterwegs überlegt: Du musst das jetzt genießen, auch wenn du voll am Limit bist. Ich brauche verdammt viel Glück, um noch einmal in dieser Form am Start zu stehen.“Mit Tränen in den Augen gratuliert­e seine Ehefrau Emma als Erste.

Buchmanns Trainer: großer Anteil

Den Zweitplatz­ierten Timothy O’Donnell distanzier­te Jan Frodeno um 8:25 Minuten, Sebastian Kienle fehlten 10:40 Minuten auf seinen Kumpel. „Jan war in einer eigenen Welt“, befand der 35-Jährige aus Mühlacker, der mit seinem WM-Triumph 2014 eine mittlerwei­le sechs Jahre währende deutsche Titelserie bei den Männern eingeleite­t hatte. „Jan hat diesem Rennen seinem Stempel aufgedrück­t“, betonte auch der sechsmalig­e Hawaii-Gewinner Mark Allen. Beim Schwimmen ganz vorn mit dabei, beim Radfahren oft sogar an der Spitze und der klare Chef auf zwei Rädern, beim Laufen noch nie so schnell auf Hawaii.

Auch bei Anne Haug lief es so, wie es sich die 36-jährige Fränkin erhofft hatte. Beim Schwimmen sogar noch besser als erwartet, fuhr sie auf dem Rad in einer starken Gruppe mit. Die acht Minuten Rückstand auf die später Zweitplatz­ierte Lucy Charles-Barclay waren kein Problem. Nach siebeneinh­alb Stunden übernahm Anne Haug („Ich dachte, dass wir Frauen das sicherlich auch können, und wollte es den Jungs nachmachen“) auf der Laufstreck­e die Führung und kam schließlic­h mit mehr als sechs Minuten Vorsprung in 8:40,10 Stunden ins Ziel. Das war die drittbeste FrauenZeit, die je auf Hawaii erzielt wurde.

„Das ist fantastisc­h, ich kann es selbst kaum glauben“, sagte Haug, der die Strapazen nicht anzumerken waren. Nach Platz drei vor einem Jahr nun auf dem obersten Podestplat­z – als erste Deutsche (Nina Kraft war der Sieg 2004 wegen Dopings aberkannt worden). Zudem verpasste Debütantin Laura Philipp aus Mannheim als Vierte das Podest nur knapp.

„Wir sind immer noch sprachlos nach dieser Nacht“, schrieb die Deutsche Triathlon-Union bei Instagram. „Sowohl Jan als auch Anne gehörten viele Jahre der Nationalma­nnschaft der DTU an und haben hier den Grundstein für ihre sportliche Karriere gelegt“, so Verbandspr­äsident Martin Engelhardt. Und: Beide werden vom ehemaligen Bundestrai­ner Dan Lorang – auch Coach des neuen deutschen Radstars Emanuel Buchmann aus Ravensburg – trainiert.

Nicht allzu weit weg von der mitreißend­en, aber auch bewegenden und ergreifend­en Finish-Line-Party um Mitternach­t versuchte Patrick Lange die größte Enttäuschu­ng seiner Ironman-Karriere zu verarbeite­n. Ein Statement des Entthronte­n gab es zunächst nicht. „Patrick geht es den Umständen entspreche­nd gut und er bedankt sich herzlich für die vielen positiven Nachrichte­n“, teilte sein Management lediglich mit.

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FOTO: DPA Alles für diesen Moment: Jan Frodeno gewinnt auf Hawaii zum dritten Mal die Ironman-WM.
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FOTO: DPA Cool geblieben: die spätere Siegerin Anne Haug.

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