Versuch’s mal mit Gemütlichkeit
Die Straubing Tigers schlagen die bislang Unschlagbaren
(SID) - Nach dem nächsten Favoritensturz machten die Straubinger Eishockey-Überflieger vergnügt die Raupe. Angeführt von Nationalspieler Benedikt Schopper feierte der erstaunliche Außenseiter unter dem rhythmischen Beifall seiner Fans den 5:1-Coup gegen den bisher ungeschlagenen Tabellenführer EHC Red Bull München. „Da gehst du mit einem großen Grinsen nach Hause“, sagte Sportdirektor Jason Dunham.
Das Grinsen, womöglich gar ein diebisches, vergeht den Tigers aus der niederbayerischen Kleinstadt schon seit einer ganzen Weile nicht, beendete das Team von Trainer Tom Pokel doch nicht nur die Münchner Rekordserie von elf Siegen seit Saisonbeginn. Vier Tage zuvor hatte Straubing auch Meister Adler Mannheim geschlagen (3:1). „Das ist nur eine Momentaufnahme“, mahnte Dunham gleichwohl, „wir haben nur zwölf Spiele gespielt. Ich bin vorsichtig, ich weiß genau, wie schnell es in die andere Richtung geht.“
Aber stolz, das kann und will der frühere Flügelstürmer nicht verbergen, sind sie schon auf das, was in der gut 45 000 Einwohner fassenden Stadt rund um das Eisstadion am Pulverturm entstanden ist. Dunham hebt die Wohlfühlatmosphäre hervor, die Lebensqualität, die so manchen Spieler länger hält, als es die finanziellen Voraussetzungen eigentlich zulassen: „Wir versuchen, es ihnen so gemütlich wie möglich zu machen. Happy wife, happy life.“
Straubing hat es nicht zuletzt mit einem offensiv ausgerichteten, attraktiven Stil geschafft, auch für deutsche Spieler mit Perspektive eine lohnenswerte Adresse zu sein. Lokalmatador Stefan Loibl entwickelte sich zum Nationalspieler, der 23-Jährige wird zur Saison 2020/21 den Schritt nach Mannheim gehen. Der „Straubinger Junge“(Dunham) ist das Vorbild für andere wie DEL-Neuling Tim Brunnhuber (zuletzt Ravensburg Towerstars), der gegen München das 2:0 erzielte. „Wir können Junge genauso ausbilden wie die Großen“, erklärte Dunham – „wenn nicht besser.“
Besser, weil der Kader aus finanziellen Gründen in Straubing nicht so üppig besetzt ist wie in München oder Mannheim und junge Spieler deshalb schneller zu mehr Spielzeit kommen. Etwa sechs Millionen Euro beträgt der Gesamtetat der Tigers – weniger als die Hälfte dessen, was die Großclubs ausgeben können. Umso wichtiger ist eine umsichtige Personalpolitik, sind sogenannte weiche Faktoren.
Ohne Abende wie jenen gegen die scheinbar übermächtige Konkurrenz aus der Landeshauptstadt nützt jedoch aller Kleinstadtcharme nichts. „Du musst gewinnen. Gewinnen macht Spaß“, sagte Jason Dunham. Und Spaß hatten die Tigers im Spitzenduell der Deutschen Eishockey Liga reichlich; Kapitän Sandro Schönberger lobte später die „beste Saisonleistung“seiner Mannschaft.
Die Raupe könnten die Straubinger Fans noch öfter sehen.
Straubing-Raupe: So lässt sich ein 5:1 über München auch feiern.