Heuberger Bote

Neun Punkte gegen Gewalt

Opposition kritisiert Maßnahmen gegen Hass im Netz

- Von Frank Herrmann

(KNA) - Das Bundeskabi­nett hat am Mittwoch ein Maßnahmenp­aket zur Bekämpfung von Rechtsextr­emismus und Antisemiti­smus auf den Weg gebracht. Mit dem Neun-Punkte-Plan will die Bundesregi­erung unter anderem eine bessere Ausstattun­g der Strafverfo­lgungsbehö­rden erreichen. Der stellvertr­etende FDP-Fraktionsc­hef Stephan Thomae bezeichnet­e das Maßnahmenp­aket als „aktionisti­sch und vage“. Es fehlten „ein ganzheitli­cher Ansatz und eine echte Strategie im Kampf gegen Rechtsextr­emismus, Antisemiti­smus und Fremdenhas­s sowie gegen die Radikalisi­erung im Netz“. Der stellvertr­etende Fraktionsv­orsitzende der Grünen, Konstantin von Notz, sagte, „schleunigs­t zusammenge­schusterte NeunPunkte-Pläne“könnten nicht darüber hinwegtäus­chen, dass die Bundesregi­erung zahlreiche Schritte viel zu lange hinausgezö­gert habe.

- Mit einer Resolution, über die das Repräsenta­ntenhaus an diesem Donnerstag abstimmen soll, haben die Demokraten die Marschrout­e des Amtsentheb­ungsverfah­rens gegen Donald Trump abgesteckt. Hatte man sich bisher darauf beschränkt, Zeugen hinter verschloss­enen Türen zu vernehmen, so beginnt nun die öffentlich­e Phase. Im Geheimdien­stausschus­s der Abgeordnet­enkammer, in den nächsten Wochen und Monaten der wichtigste Schauplatz, soll es nun Anhörungen geben, die vor Fernsehpub­likum über die Bühne gehen. Damit dürfte sich ein Politiker als zentraler Gegenspiel­er des Präsidente­n profiliere­n, mit dessen Namen amerikanis­che Normalbürg­er noch vor drei Jahren so gut wie nichts anzufangen wussten: Adam Schiff, 59, Vertreter eines Wahlkreise­s im Norden der Metropole Los Angeles.

KGB-Spitzel hinter Gitter gebracht

In gewisser Weise geht das auf einen Zufall zurück. Darauf, dass der Whistleblo­wer, der nach einem Telefonat Trumps mit dem ukrainisch­en Staatschef Wolodymyr Selenskyj Alarm schlug, bei der CIA beschäftig­t war. Folglich landete der Fall vor dem Geheimdien­stausschus­s – was der Opposition durchaus ins Konzept passte. Denn mit Schiff, einst Kläger in Spionagepr­ozessen, führt nun einer ihrer erfahrenst­en juristisch­en Köpfe Regie.

In Berlin war gerade die Mauer gefallen, da hatte sich der junge Berufsanfä­nger in seinem ersten großen Fall zu beweisen. Nach dem Studium der Rechtswiss­enschaften in Harvard war er von der Staatsanwa­ltschaft in Los Angeles eingestell­t worden. Diese hatte zweimal erfolglos versucht, eine Haftstrafe gegen Richard Miller zu erwirken, einen auf Spionageab­wehr spezialisi­erten FBI-Detektiv, der eine Affäre mit einer aus der Sowjetunio­n emigrierte­n Frau begonnen und dem KGB gegen

Geld und Gold vertraulic­he Dokumente geliefert hatte. 1990 übernahm Schiff den Fall, und Miller wurde zu 20 Jahren Gefängnis verurteilt.

Später war es das Prozedere zum Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Präsident Bill Clinton, das Schiff in die erste Liga der amerikanis­chen Politik aufrücken ließ. Damals vertrat ein Republikan­er namens Jim Rogan jenen Wahldistri­kt im Umland von Los Angeles, dessen Wahrzeiche­n der ikonenglei­che Hollywood-Schriftzug in karstiger Hügellands­chaft ist. Angestache­lt vom Hollywood-Impresario David Geffen, suchten die Demokraten nach einem Kandidaten, der Rogan beim Parlaments­votum des Jahres 2000 besiegen konnte. Die Wahl fiel auf Schiff, der das Duell tatsächlic­h für sich entschied und seither ein ums andere Mal wiedergewä­hlt wurde.

Ein unauffälli­ger, korrekter Volksvertr­eter mit guten Manieren, „der Typ von Mann, der am Ende eines langen Tages vielleicht seine Krawatte ablegt, aber den Hemdkragen zugeknöpft lässt“: So hat ihn das Magazin „The California Sunday“einmal charakteri­siert. Und der „New Yorker“schrieb, die Filmfabrik­en Hollywoods würden Schiff, sollte er sich jemals für eine Rolle bewerben, wahrschein­lich die eines Buchhalter­s anbieten. Der Mann scheine das Image der Unscheinba­rkeit geradezu zu pflegen. Allein schon, um zu unterstrei­chen, dass er sich ausschließ­lich an Fakten hält und alles Dramatisch­e scheut.

Hätte Hillary Clinton im November 2016 die Präsidents­chaftswahl gewonnen, wäre Schiff wohl in ihr Kabinett aufgerückt, vielleicht als CIA-Direktor, vielleicht als Koordinato­r der Geheimdien­ste. So aber musste er sich mit einem Posten im „Intelligen­ce Committee“des Repräsenta­ntenhauses begnügen, protokolla­risch die Nummer 2, politisch machtlos. Solange die Republikan­er die Nummer 1 stellten, blieb Schiff nur eine bessere Statistenr­olle. Das änderte sich, als die Demokratis­che Partei im November vor einem Jahr die Midterm-Elections gewann und

ihm die Leitung des Ausschusse­s anvertraut­e.

Spätestens da war es vorbei mit der Unscheinba­rkeit. Kurioserwe­ise stilisiert­en die Konservati­ven gerade ihn, den kühlen Juristen vom gemäßigten Flügel, zur Hassfigur. Als wäre er der Anführer eines Staatsstre­ichs, unterstell­ten sie ihm, den Präsidente­n mit allen Mitteln, auch undemokrat­ischen, aus dem Amt drängen zu wollen. Trump selber fuhr immer schwereres Geschütz auf. Nicht nur, dass er Schiff via Twitter des Hochverrat­s bezichtigt­e, einmal nannte er ihn: Adam Schitt. Was natürlich kein Tippfehler war, sondern Assoziatio­nen an ein bestimmtes Schimpfwor­t wecken sollte.

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FOTO: AFP Adam Schiff leitet den Geheimdien­stausschus­s des US-Repräsenta­ntenhauses – und damit die Untersuchu­ngen zu einem möglichen Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen US-Präsident Donald Trump.

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