Rettung mit Rückführung
AfD-Landtagsabgeordnete Doris Senger äußert sich über Seebrücke und Parteikollegen
- Doris Senger ist seit dem 11. Juli 2019 als Nachrückerin für Lars Patrick Berg, der ins Europaparlament gewählt wurde, Mitglied des Landtags von Baden-Württemberg für den Wahlkreis 55 Tuttlingen-Donaueschingen. In Tuttlingen ist die 60-Jährige noch kaum in Erscheinung getreten. Die Redakteure Matthias Jansen, Sebastian Heilemann und Ingeborg Wagner wollten wissen, warum das so ist.
Frau Senger, Tuttlingen gehört zu Ihrem Wahlkreis, doch bisher waren Sie kaum präsent hier.Woran liegt das?
Ich war bereits 2016 bei politischen Veranstaltungen präsent - vor allem für den Kreisverband Rottweil-Tuttlingen. Damals habe ich an allen Vorstandssitzungen im Kreis teilgenommen und war auf Wahlständen anwesend – beispielsweise in Trossingen. Zudem bin ich zu den Stammtischen gegangen. Ich bin erst seit Juli Nachfolgerin von Lars-Patrick Berg. Vorher arbeitete ich als freiberuflich beratende Ingenieurin und Wirtschaftsingenieurin.
Werden Sie denn zu öffentlichen Veranstaltungen eingeladen?
Landrat Stefan Bär versicherte mir, dass ich zu sämtlichen öffentlichen Veranstaltungen eingeladen werde.
Und das war bislang nicht so?
Ich nahm die Termine wahr, zu denen ich eingeladen wurde.
Hat man Sie schlichtweg vergessen? Oder woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Das kann ich nicht beantworten. Das wären nur Mutmaßungen.
Jetzt, da Sie das Mandat haben, wie wird sich Ihre Präsenz im Landkreis ändern?
Ich werde versuchen, viele Veranstaltungen für die AfD durchzuführen und möglichst alle Einladungen wahrzunehmen.
Die Landtagsfraktion der AfD wollte Sie nicht aufnehmen. Warum nicht?
Es gibt zwei Lager in dieser Fraktion: Die einen legten die Fraktionssatzung zu meinen Ungunsten aus, und für die anderen gab es keinen Zweifel, dass ich der Fraktion von Anfang an angehörte. Der Fraktionsvorstand hatte bereits im Juli einstimmig meine Mitgliedschaft in der Fraktion beschlossen und mich in der anschließenden Fraktionssitzung als neues Fraktionsmitglied begrüßt. Danach wurden Zweifel an der Auslegung der Fraktionssatzung laut, um anschließend drei Wahlgänge durchzuführen, die formal gar nicht hätten stattfinden dürfen. Letztendlich mussten sie durch ihr eigenes Rechtsgutachten überzeugt werden, dass mein Fraktionsstatus gar nicht in Frage gestellt hätte werden müssen.
Die Situation ist jetzt also für Sie geklärt?
Die Situation ist jetzt für mich geklärt. Ich gehöre zwischenzeitlich dem Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst an, auch dem Ausschuss Bildung, Jugend und Sport sowie dem Petitionsausschuss. Also mehr, als ich erwartet hatte.
Leiden sie in Ihrer Arbeit darunter, dass es einen nicht gemäßigteren Flügel in der Fraktion gibt?
Aus demokratischer Sicht gibt es immer Leute, die andere Ansichten haben, die ich ihnen lasse. Sie haben wahrscheinlich andere Beweggründe als ich. Für mich sind alle Menschen gleich. Das Grundgesetz und die Einhaltung von Gesetzen ist für mich sehr wichtig.
Jemand, der heftige Prügel innerhalb der Partei einstecken musste, ist der Tuttlinger Stadtrat Peter Stresing, weil er sein Ja zur Initiative Seebrücke gegeben hat. Wie sehen Sie seine Entscheidung?
Ich persönlich sage: Rettung eines Lebens? Ja natürlich, in jedem Fall. Für mich ist es aber so, dass eine Rückführung in die Heimatländer durchzuführen ist. Man muss immer zwischen Flüchtling und Migrant unterscheiden. Ein Flüchtling kehrt in seine Heimat zurück, sobald sein Land wieder befriedet ist. Ein Asylantrag
muss in dem europäischen Land gestellt werden, in dem er zuerst angekommen ist. Das ist sicher nicht Deutschland. Also wenn man die europäischen Außengrenzen sieht, wird das Italien sein oder Griechenland.
Das heißt, Sie hätten im Gemeinderat anders abgestimmt?
Nehmen wir das Beispiel VillingenSchwenningen. Jede Person, die zusätzlich aufgenommen wird und nicht über eine Quote zugeteilt wurde, kostet dort im Durchschnitt 1250 Euro. Nicht enthalten sind Kosten für Unterkunft, Betreuungspersonal und sonstige Bedarfe. Man sollte sich die Frage stellen, ob es nicht sinnvoller wäre, für das Geld diese Personen in ihrem Land zu versorgen und dort Bildungseinrichtungen oder Einrichtungen zu schaffen. Ich sehe soziale und kulturelle Spannungen auf uns zukommen. Diese Menschen haben einen anderen Kulturkreis.
Der AfD-Kreisverband RottweilTuttlingen, der ja nicht Ihrer ist, hat sich in der Frage Seebrücke sehr in Tuttlingen engagiert und auch zu einer Informationsveranstaltung eingeladen.
Der Kreisverband kann eigene Veranstaltungen durchführen, unabhängig von meiner Landtagstätigkeit. Es gibt die Vereinbarung, dass sich die Landtagsabgeordneten, wenn sie in anderen Wahlkreisen tätig sind, absprechen. Das war hier nicht der Fall.
Sind Sie mit Ihren Parteikollegen im Tuttlinger Gemeinderat und Kreistag in Kontakt?
Peter Stresing durfte ich bereits kennen lernen. Die Kreisräte des Kreisverbands Rottweil-Tuttlingen sind mir aufgrund der Aufstellungsversammlung bekannt.
Wird es ein Bürgerbüro von Ihnen in Tuttlingen geben?
Das ist ein Problem. Als ich erfuhr, dass ich nachrücke, kümmerte ich mich sofort um ein Bürgerbüro. Eine Zusage wurde nach drei Tagen wieder zurückgezogen. Ich besitze bereits Möbel für das Wahlkreisbüro. Wenn es nicht möglich ist, in Tuttlingen ein Wahlkreisbüro zu eröffnen, werde ich es irgendwo in der Mitte des Wahlkreises platzieren.
Und das liegt daran, dass Sie Mitglied der AfD sind?
Wenn ich als normale Person anmieten würde, hätte ich überhaupt kein Problem, Räumlichkeiten zu bekommen.