Nicht jeder reagiert nett und höflich
Mitarbeiter des KOD sind an Pöbeleien gewöhnt – Bei Übergriffen und groben Beleidigungen gibt es Anzeigen
TUTTLINGEN - Die Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) der Stadt Tuttlingen gehen immer zu zweit auf Streife. Neben ihrer Ausrüstung tragen sie auch ein dickes Fell mit sich. Am Marktmontag kommen sie nur wenige Meter voran, dann werden sie von Bürgern angesprochen. „Wir bekommen viele Hinweise auf Verstöße, manchmal auch Lob und Tadel“, sagt KOD-Mitarbeiterin Daniela Schulze. Beleidigungen bis hin zu Tätlichkeiten sind auch dabei. Drei Verfahren wegen Übergriffen auf den KOD sind noch anhängig.
„Die Respektlosigkeit nimmt immer mehr zu“, stellt Michael Waldert fest. Seit 2004 ist er im Kommunalen Ordnungsdienst tätig. Zuletzt in Konstanz. Äußerungen abseits dessen, was gemeinhin als anständig gilt, sind zwar nicht an der Tagesordnung, kommen aber regelmäßig vor. „Und zwar quer durch alle Schichten, Altersgruppen und unabhängig davon, ob es sich um Mann oder Frau handelt“, ergänzt seine Kollegin. Sie hat kaum ausgesprochen, da bleibt eine ältere Frau stehen. Diese ist aufgebracht. „Das ist lebensgefährlich“, ruft sie und zeigt auf die Blätter auf nassem Straßenbelag. Sie versteht nicht, warum Bauhofmitarbeiter am Morgen, bevor die Marktbestücker ankommen, die Straße nicht gründlich reinigen. Das Blattwerk ist rutschig und mache das Gehen unsicher. Der Bauhof hat gekehrt, erklärt die KOD-Mitarbeiterin, doch Regen und Wind haben deren Arbeit zunichte gemacht. Sie will die Bürgermeinung weiterleiten, sagt aber auch: „Der Bauhof kann nicht 24 Stunden am Tag tätig sein.“
7800 Verwarnungen und Bußgelder haben die sechs KOD-Beschäftigten in den ersten drei Quartalen 2019 ausgestellt. Im ganzen Jahr 2018 waren es rund 11 000 Fälle. Neben Vergehen wie Falschparken, Müll wegwerfen oder Verstöße gegen das Waffengesetz wird der KOD auch tätig beim Taubenfüttern (das ist nicht erlaubt), Wildpinkeln, kontrolliert Hundehalter, ob sie eine Steuermarke für ihr Tier haben, greift bei Lärmbelästigung ein und übernimmt Gaststättenkontrollen. „Wir sind die Bußgeldstelle bei allen Ordnungswidrigkeiten“, erklärt Waldert, auch dann, wenn die Bescheide von der Polizei und nicht vom KOD ausgestellt wurden. Mehr noch: „Die gemeindlichen Vollzugsbediensteten haben bei der Erledigung ihrer polizeilichen Dienstverrichtungen die Stellung von Polizeibeamten.“
Das kommt nicht überall gut an. Dass der KOD hin und wieder die Ohren auf Durchzug stellen muss, ist klar. „Gegen grobe Beleidigungen gehen wir aber immer vor“, sagt Johannes Hamma, Leiter des Fachbereichs Bürgerdienste, Sicherheit und Ordnung bei der Stadt.
Wie oft das vorkommt, kann er nicht genau sagen. „Wenn ich von einmal pro Monat sprechen würde, wäre das sicher zu hoch.“In der Regel werde versucht, solche Situationen zu deeskalieren. Dies wird in der Ausbildung angesprochen und trainiert. Vor allem aber im Zusammenspiel von nächtlicher Stunde und Alkohol sind dem Erlernten Grenzen gesetzt.
Zudem gibt es gewisse Brennpunkte. Neben dem Innenstadtbereich gehören auch der Donaupark und der ZOB dazu. Am ZOB hat Waldner nach Verbalattacken einen Faustschlag angedroht bekommen. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte nennt sich der juristische Vorwurf. Die KOD-Mitarbeiter setzten Pfefferspray ein, um sich zu wehren. In zwei weiteren Fällen ging es auch um Platzverweise, die die Angesprochenen nicht akzeptiert haben. Schubsen und das Androhen massiver Gewalt waren die Reaktionen. Da es sich um laufende Verfahren handelt, dürfen die Mitarbeiter nicht mehr dazu sagen.
Der KOD ist abends und nachts ebenso unterwegs wie an den Wochenenden. Und das möglichst unregelmäßig, „sodass ein gewisses Klientel nicht einschätzen kann, wann wir wo sind“, sagt Waldert. Oft reiche schon die schiere Präsenz der uniformierten Mitarbeiter aus, um eine Eskalation zu vermeiden. Überhaupt ist Prävention das Hauptziel des kommunalen Ordnungsdienstes. So wie am Freitagabend gegen 21 Uhr im Stadtgarten, als eine Gruppe junger Leute sich die Zeit vertrieben hat.
Einige Flaschen lagen herum, auch anderer Abfall. „Nichts Wildes“, wie die KOD-Mitarbeiter sagen. Der KOD hat sie angesprochen und darauf hingewiesen, dass sie beim nächsten Mal eine Verwarnung riskieren, wenn nichts weggeräumt wird und sie in dieser Lautstärke bis nach 22 Uhr immer noch zusammen sind – Problem erledigt.
Nicht alle sind so einsichtig. Waldert führt den Fall einer Frau an, die ihr Fahrzeug auf dem Behindertenparkplatz abgestellt hatte. Der KOD hat den Abschleppdienst angefordert, der zeitgleich mit der Frau am Fahrzeug war. Abgeschleppt wurde es nicht, ihr aber die Kosten für den Einsatz und ein Bußgeld in Rechnung gestellt. „Am Tag darauf stand ihr Fahrzeug wieder genau an der gleichen Stelle“, sagt Waldert. Diesmal wurde es abgeschleppt. Er schüttelt noch heute den Kopf...
„Wenn man eine Bilanz zieht, kann man ganz klar feststellen, dass sich die Situation in Innenstadt deutlich beruhigt hat“, sagt Oberbürgermeister Michael Beck zum Einsatz des KOD. Zwar gebe es weiterhin immer wieder Beschwerden, das stünde aber in keinem Verhältnis zu früher. Beck: „Vor allem, seit die Präsenz auch am Abend erhöht wurde, hat sich das subjektive Sicherheitsgefühl verbessert.“Dies zeigten auch die direkten Rückmeldungen an die KOD-Mitarbeiter.