Steinmeier würdigt Hitler-Attentäter Elser
80 Jahre nach dem missglückten Anschlag gedenkt der Bundespräsident des Hermaringers
(dpa) - Zu Ehren des Hitler-Attentäters Georg Elser hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in Elsers Geburtsort Hermaringen (Landkreis Heidenheim) ein Denkmal eingeweiht. „Georg Elser ist in der Geschichte des 20. Jahrhunderts ein Großer, an den die Erinnerung lange, viel zu lange kleingehalten worden ist“, sagte Steinmeier am Montag in der baden-württembergischen Gemeinde. Nach dem Krieg sei sein Name – anders als der anderer Widerstandskämpfer – lange nicht in den Geschichtsbüchern zu finden gewesen.
Der Schreinermeister Elser hatte am 8. November 1939 im Münchner Bürgerbräukeller ein Bombenattentat auf Adolf Hitler und einen Großteil der NS-Führung verübt, dem Hitler nur knapp entging. Elser wurde auf seiner Flucht in die Schweiz festgenommen und am 9. April 1945 kurz vor Kriegsende im Konzentrationslager Dachau ermordet.
Steinmeier betonte laut Redetext, dass Elsers Taten auch das Vorbild für das Widerstandsrecht gegen ein totalitäres Regime seien, das als Lehre aus dem Nationalsozialismus im Grundgesetz verankert wurde. „Das Grundgesetz kennt das Widerstandsrecht, weil es Georg Elser kennt“, sagte der Bundespräsident.
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) erklärte, es habe in der NS-Zeit „einiges an Stärke“gebraucht, „um sich seinem Gewissen zu stellen“. Diese Stärke habe Elser gezeigt. „Sein Attentat, sein Widerstand hätte tatsächlich den Lauf der Geschichte ändern können“, erklärte Strobl.
Elser kamen keine Zweifel
Ob Georg Elser seine Tat gewagt hätte, wenn er gewusst hätte, wie die Nachwelt mit ihm umgehen wird? Ob er das auf sich genommen hätte, die Mühe, die Vorbereitungen, die ständige Belastung, entdeckt und dann verhaftet und gefoltert und ermordet zu werden – so, wie es dann auch gekommen ist? Vielleicht ja.
In den Verhörprotokollen der Gestapo ist seine Antwort auf die Frage nach Zweifeln vermerkt: „Das weiß ich nicht mehr, ob mir einmal Zweifel kamen oder nicht. Ich glaube aber, es kamen mir keine.“Elser hatte den Zweiten Weltkrieg früher als viele andere kommen gesehen. Er habe Gutes gewollt, sagte Elser der Gestapo zwölf Tage nach dem Attentat: „Ich glaube an ein Weiterleben der Seele nach dem Tode und ich glaubte auch, dass ich einmal in den Himmel kommen würde, wenn ich noch Gelegenheit gehabt hätte, durch mein ferneres Leben zu beweisen, dass ich Gutes wollte. Ich wollte ja auch durch meine Tat ein noch größeres Blutvergießen verhindern.“
Seine Bombe hätte die Weltgeschichte verändern können, wie man heute sagt. Doch diese Weltgeschichte nahm einen anderen Lauf, Hitler verließ den Saal früher, es starben andere.
Nach seiner Festnahme wurde Elser für einen Schauprozess nach dem Krieg als Sonderhäftling im Konzentrationslager Sachsenhausen gefangengehalten. In Dachau, als im April 1945 die Kriegsniederlage unausweichlich und der von der Nazi-Elite erwünschte Prozess unmöglich schien, wurde er erschossen, am selben Tag ermordet wie Dietrich Bonhoeffer. Elser wurde verleumdet, unterschiedlichste Komplizen wurden ihm angedichtet, Zusammenarbeit mit dem britischen Geheimdienst, mit der polnischen Untergrundbewegung, Handeln auf Hitlers Befehl. Warum das alles?
„Elser wurde das Opfer einer gezielten Diffamierung. Viele mochten sich nicht eingestehen, dass er vorausschauend gehandelt hatte, und deuteten ihn als einen von den Nationalsozialisten eingesetzten Provokateur. Selbst Historiker beteiligten sich an diesen Verzeichnungen seiner Leistungen und sahen in ihm ein Werkzeug der SS“, erläutert Peter Steinbach, Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin. „Erst als seine Verhöre bekannt wurden, wandelte sich das Bild – allerdings gab es immer wieder Zweifler, mehr noch, ihn Verunglimpfende, die bestritten, dass er die Einsicht hatte oder auch nur haben konnte, die Folgen der Kriegsvorbereitungen zu durchschauen.“
Es hat lange gedauert, bis Elser Gerechtigkeit widerfahren ist für seinen Mut und seine Opferbereitschaft. Auch der Besuch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gehört zum Gedenken. In München erinnert am Ort des Attentats, dort, wo die Säule stand, in der die Bombe versteckt war, eine Bodentafel an Elsers Tat.