Grundrente wird zur Belastungsprobe für die GroKo
SPD und Union sagen Spitzentreffen ab – CDU und CSU beharren auf der Bedürftigkeitsprüfung
(dpa) - Der Streit über die Grundrente wird zunehmend zur Grundsatzfrage für die Zukunft der Großen Koalition. Die SPD machte am Montag klar, dass ein Scheitern der Grundrente ein großes Fragezeichen hinter den Bestand des Regierungsbündnisses setzen würde. Führende Koalitionspolitiker mahnten zu einer Einigung. Zahlreiche Abgeordnete aus der Unionsfraktion stemmen sich aber gegen eine Lösung ohne umfassende Prüfung des Bedarfs der Begünstigten. Die SPD will einen Rentenzuschlag für möglichst viele Empfänger niedriger Renten erreichen.
„Wenn wir bei der Grundrente nicht zu einer Einigung kommen, wird es schwierig in der Koalition“, sagte SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Montag im ZDF. Hunderttausende Menschen in Deutschland warteten darauf, dass der Staat anerkenne, was sie geleistet haben.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei das Thema wichtig, sagte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer. Alle Seiten arbeiteten konstruktiv daran, eine Lösung zu finden.
Wegen offener Fragen war ein für Montag geplantes Spitzentreffen auf den 10. November verschoben worden. Es gebe Punkte, die im Laufe dieser Woche sorgfältig geklärt werden sollten, teilte die CDU mit. Von der SPD hieß es, die Verschiebung sei von der Union ausgegangen. Eine Arbeitsgruppe zu dem Thema habe gute Vorarbeit geleistet. Nun sei es Sache des Koalitionsausschusses, auf Basis dieser Vorschläge zu entscheiden, sagte ein Sprecher von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD).
CSU-Chef Markus Söder rief alle Partner zu Kompromissen auf. „Wir wollen ein vernünftiges Ergebnis für eine Grundrente haben“, sagte Söder in München. Die Arbeitsgruppe hierzu habe eine „sehr, sehr gute Vorarbeit geleistet“, die Frage der Bedürftigkeitsprüfung wäre demnach „eindeutig geklärt“. Söder sagte, die CSU wolle die Grundrente wie im Koalitionsvertrag, mit einer Prüfung der Bedürftigkeit und einer „vernünftigen Zahl der Anspruchsberechtigten“.
Mit der Grundrente sollen Menschen, die trotz langer Berufstätigkeit eine niedrige Rente bekommen, einen Zuschlag erhalten. Ihre Rente soll dann laut Koalitionsvertrag zehn Prozent
oberhalb der Grundsicherung liegen – profitieren sollen Rentner, die 35 Jahre an Beitragszeiten vorweisen. Union und SPD streiten aber darüber, wer den Aufschlag erhalten soll.
Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus sagte der „Welt“, eine Lösung ohne Bedürftigkeitsprüfung werde „mit uns nicht klappen“. Die Unionsfraktion sei „nicht bereit, die Prinzipien des Renten- und des Grundsicherungssystems über den Haufen“zu werfen. „Wir wollen keine Steuergelder an Menschen verteilen, die die Unterstützung gar nicht brauchen.“
Laut Norbert Röttgen (CDU) sollten notfalls andere Themen Vorrang haben. „Grundsätzliche Fragen können dauern“, sagte er der „Bild“. Wenn man feststelle, an einer Stelle gehe es nicht weiter, müsse man eben andere Themen vorziehen: „Dann sollte man fragen: Gibt es nicht eigentlich noch etwas anderes. Gibt es noch etwas Wichtigeres?“Unionsfraktionsvize Carsten Linnemann sagte im ZDF: „Ich würde die Große Koalition an dieser Frage nicht platzen lassen.“Er würde seine Überzeugung aber nicht aus Rücksicht vor einer SPD-Mitgliederentscheidung über Bord werfen.