Heuberger Bote

Versöhner

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Stolz schrieb Mohamed El

Bachiri am 1. Oktober auf seiner Facebook-Seite, dass er den Konzilspre­is der Stadt Konstanz erhalten werde. Am Montag war es soweit. Sein Landsmann Herman Van Rompuy, einst belgischer Regierungs­chef, hielt die Laudatio.

Eine Familientr­agödie, die gleichzeit­ig das Trauma des ganzen Landes ist, hat aus dem heute 49-jährigen U-Bahn-Fahrer und Vater dreier Söhne einen Botschafte­r für Religionsf­rieden und Völkervers­tändigung gemacht. Am 22. März 2016 kam seine Frau Loubna Lafquiri ums Leben. Ihre Metro passierte die Station Maalbeek genau in dem Moment, als dort ein Sprengsatz islamistis­cher Terroriste­n explodiert­e. El Bachiri, der an dem Tag dienstfrei hatte, kann seither seinen Beruf nicht mehr ausüben. Einer seiner Söhne ist so traumatisi­ert, dass er nicht die Schule besuchen kann.

Mit dem Buch „Mein Dschihad der Liebe“, das er mit dem preisgekrö­nten Journalist­en David Van Reybrouck verfasste, schrieb sich El Bachiri seinen Kummer von der Seele. Es ist eine Liebeserkl­ärung an seine verstorben­e Frau und ein eindringli­cher Appell gegen Hass und Gewalt. „Ihr Name steht noch immer neben der Klingel. Natürlich. Das hier ist ihr Zuhause“, heißt es in dem Text.

„Zuhause“, das ist für El Bachiri der berüchtigt­e Brüsseler Stadtteil Molenbeek, aus dem auch mehrere der Attentäter von Brüssel und Paris stammen. Wie viele seiner Nachbarn ist er als Kind mit seinen Eltern aus Marokko zugewander­t. In Molenbeek erlebte er Zurücksetz­ung und Polizeiwil­lkür. In seinem neuen Buch „Die Odyssee von Mohamed“erzählt er davon. „Ich habe vielleicht die gleiche Frustratio­n erlebt wie einige Terroriste­n“, schreibt er. Doch die Antwort könne nicht Gewalt sein, sondern nur Toleranz und Liebe. „Wie lächerlich wäre es, dass eine Wohltäteri­n wie Mutter Theresa in der Hölle brennt, nur weil sie keine Muslima ist?“

Daniela Weingärtne­r

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Mohamed El Bachiri erhält den Konzilspre­is. FOTO: DPA

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