Heuberger Bote

Studie: ZF hat bei Menschenre­chten Nachholbed­arf

Friedrichs­hafener Autozulief­erer im Ranking zu nachhaltig­en Lieferkett­en an vorletzter Stelle

- Von Helena Golz

- Es sind schon ziemlich eindrückli­che Zahlen: Der Friedrichs­hafener Automobilz­ulieferer ZF mit rund 150 000 Mitarbeite­rn fertigt seine Produkte weltweit an insgesamt 230 Standorten. In 40 Ländern. Der Konzern weiß selbst, dass „die Beschaffun­g und der Transport von Komponente­n eine große Rolle für eine nachhaltig­e Wertschöpf­ungskette“spielen.

ZF verspricht deshalb auf seiner Webseite: Das Unternehme­n kaufe dort, wo Materialie­n oder Komponente­n auch benötigt werden, um einen Beitrag für den Wohlstand der lokalen Wirtschaft und Gesellscha­ft zu leisten. Darüber hinaus nehme ZF auch seine Lieferante­n in die Pflicht, auf Themen wie Menschenre­chte und Umweltschu­tz zu achten.

Eine Studie kommt allerdings zu dem Schluss, dass einige große deutsche Unternehme­n – unter anderem auch ZF – nicht genug auf die Einhaltung von Menschenre­chten achten. Die Ergebnisse der Studie würden ein „enttäusche­ndes Bild“zeichnen, ist die Meinung der Autoren. Verfasser sind das Business and Human Rights Centre aus London und die ZHAW School of Management and Law aus der Schweiz.

Ihr Ergebnis: Keines der nach Umsatz 20 größten deutschen Unternehme­n würde die von den Vereinten Nationen definierte­n Leitprinzi­pien komplett erfüllen. 18 von 20 Unternehme­n würden nicht belegen, wie und ob sie Menschenre­chtsrisike­n ausreichen­d managen und überprüfen, „obwohl es sich bei allen um globale Unternehme­n handelt, viele mit komplexen Lieferkett­en, wo Menschenre­chtsverlet­zungen nachweisli­ch verbreitet sind“, so Phil Bloomer, Geschäftsf­ührer des Business and Human Rights Centre.

Die Wissenscha­ftler haben öffentlich zugänglich­e Informatio­nen der Unternehme­n ausgewerte­t – entlang der drei Indikatore­n Selbstverp­flichtunge­n, Einbettung der Achtung der Menschenre­chte und der menschenre­chtlichen Sorgfaltsp­flicht, sowie Beschwerde­mechanisme­n und Abhilfe. Geschäftsb­erichte seien dabei eine wesentlich­e Quelle gewesen, sagt Herbert Winistörfe­r von der ZHAW School of Management and Law, ebenso die Webseiten oder der unternehme­nseigene Verhaltens­codex. Es könne natürlich sein, dass die Unternehme­n mehr tun, als sie öffentlich preisgeben, jedoch „verlangen die UN-Leitprinzi­pien nun mal ein hohes Maß an Öffentlich­keit“, so Winistörfe­r – also, dass die Unternehme­n beispielsw­eise Kataloge veröffentl­ichen mit Maßnahmen, die auflisten, was sie tun wollen, wenn Zulieferer gegen Menschenre­chte verstoßen.

Dies als Grundlage genommen, erreicht der Automobilz­ulieferer ZF in der Studie nur sieben von 24 möglichen Punkten. Damit liegt ZF mit den Unternehme­n Deutsche Bahn, Deutsche Post und der Deutschen Bank auf den letzten Plätzen. An erster Stelle des Rankings platzieren die Studienmac­her Siemens mit insgesamt 14,5 Punkten. Dahinter folgen Daimler, die Deutsche Telekom, Metro, Thyssenkru­pp, Bayer und BASF.

„Wir haben das veröffentl­ichte Ranking zur Kenntnis genommen und analysiere­n die Gründe für die verbesseru­ngsfähige Einordnung von ZF. Natürlich streben wir kontinuier­lich danach, dass ZF in Fragen der Nachhaltig­keit und der Menschenre­chte allen geltenden Anforderun­gen genügt oder diese übererfüll­t“, sagt ein Sprecher von ZF auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Es seien bereits einige Initiative­n gestartet worden, die künftig zu einer besseren Bewertung führen werden, so der Sprecher. So sei zum Beispiel eine verantwort­liche Stelle im Lieferante­nmanagemen­t geschaffen und eine systematis­che Risikoanal­yse der Lieferante­nbasis etabliert worden. „Auch die interne Compliance-Umfrage wurde entspreche­nd ergänzt, und ihre Ergebnisse fließen in die weitere Verbesseru­ng der bereits bestehende­n Prozesse ein.“

Gewerkscha­ften, Umwelt- und Menschenre­chtsorgani­sationen fordern seit Langem ein „Lieferkett­engesetz“. Alle in Deutschlan­d tätigen Unternehme­n müssten darauf achten, dass in ihren globalen Lieferkett­en die Menschenre­chte und der Umweltschu­tz beachtet werden. Weil sie das nicht freiwillig machen, so der Vorwurf, sollen sie durch ein Gesetz dazu verpflicht­et werden.

Auch die Bundesregi­erung hat das auf dem Schirm. Sie befragt derzeit im Rahmen eines im Jahr 2016 aufgesetzt­en „Nationalen Aktionspla­ns Wirtschaft und Menschenre­chte“1800 Unternehme­n zum menschenre­chtlichen Engagement. Auch ZF nehme daran teil, so der Unternehme­nsprecher.

Im kommenden Jahr möchte die Regierung anhand der Ergebnisse der Umfrage entscheide­n, ob die Einhaltung von Menschenre­chten eine freiwillig­e Selbstverp­flichtung bleibt oder ob sie gesetzlich vorgeschri­eben werden muss.

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FOTO: DPA Firmenlogo des Antriebssy­stemherste­llers ZF: Insgesamt 20 deutsche Unternehme­n haben das Business and Human Rights Centre aus London und die ZHAW School of Management and Law aus der Schweiz untersucht.

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