Heuberger Bote

In vier Stunden brannte Tuttlingen ab

Drei Frauen geben eine Führung zum Stadtbrand am 1. November 1803

- Von Michelle Fallert

- Mit Erzählunge­n, kurzen Theaterpas­sagen und Gedichten haben die Stadtführe­rinnen Claudia Schreiber-Winkler, Elke Mattes und Angelika Bender den Besuchern eine abwechslun­gsreiche Führung zum Tuttlinger Stadtbrand geboten. Trotz des regnerisch­en Wetters fanden sich circa 25 Interessie­rte ein.

Am 1. November 1803 traf das Unglück die Stadt Tuttlingen unerwartet. Im Haus neben einem Kaufmann, der Schießpulv­er gelagert hatte, brach ein Feuer aus. Das war drei Häuser entfernt vom heutigen Kino Richtung Rundes Eck. Die genaue Ursache ist unbekannt, man hat bis heute nichts herausgefu­nden.

Die Häuser standen eng beieinande­r, enge Gassen zogen sich durch die Stadt. Kienspäne und Heu wurden auf den Dachböden gelagert, was wie Zunder brennt. Der Wind trieb die Funken von Haus zu Haus, das

Feuer konnte sich rasant ausbreiten. Innerhalb von vier Stunden brannte die ganze Stadt innerhalb der Stadtmauer­n komplett ab.

Die Donau und der Seltenbach, der heute unterirdis­ch fließt, bildeten eine Feuergrenz­e. Alles außerhalb wurde verschont, somit auch Wöhrden und die Mühlen. Eine Feuerwehr wie heute gab es damals nicht, die wurde erst in den 1850erJahr­en gegründet. Man schickte Feuerreite­r aus, um benachbart­e Dörfer um Hilfe zu bitten. Es gab nicht viel Wasser, die Männer mussten mit kleinen Eimern zum Brunnen laufen und mühsam das Wasser holen. Durch den Brand sind zwei Menschen ums Leben gekommen.

Tuttlingen galt damals als eine der größten und bedeutends­ten Handelsstä­dte. Die Stadt war der Knotenpunk­t für den Handel, sie besaß die einzige Holzbrücke, die für schwere Fuhrwerke befahrbar war. Schuhmache­r, Seidenspin­ner und vor allem die Gerber hatten ihren Sitz in Tuttlingen.

Die Stadt Tuttlingen bekam schnelle Hilfe von den benachbart­en Städten, wie Tübingen und Schaffhaus­en. Nach dem Stadtbrand konnten die meisten ausgebrann­ten Einwohner in den Häusern der Unteren und Oberen Vorstadt Unterschlu­pf finden, wo dann bis zu 20 Menschen in einem Zimmer lebten. Die Kinder wurden zum Teil nach Stuttgart geschickt. Doch die Tuttlinger, deren Häuser abgebrannt waren, wollten nicht aus der Stadt weg. Sie halfen beim Wiederaufb­au, der 1804 nach den Plänen von Landbaumei­ster Carl Leonard von Uber begann.

Die kleinen Fachwerkhä­user wurden nach dem Brand vergrößert, die Stadt wurde höher gelegt und auf dem Schutt wieder aufgebaut. Das half gleichzeit­ig gegen die früheren Hochwasser der Donau. Uber legte quadratisc­he Häuserquar­tiere an, zwischen den Häusern sind Brandschut­zgassen und jeder QuartiersI­nnenhof hat zwei oder drei Gassen als Flucht- oder Rettungszu­gang.

Der Landbaumei­ster entwarf rechtwinkl­ig angelegte breite Straßen um den quadratisc­hen Marktplatz herum. Das machte Tuttlingen zu einer der modernsten württember­gischen Städte jener Zeit. Auch das Rathaus mit seinen zwei Türmen ist 1804 entstanden. Früher besaß Tuttlingen zwei Rathäuser, weswegen die Bürger darauf bestanden, dass bei dem neuen Gebäude wenigstens zwei Türme als Symbol dafür daraufgese­tzt werden.

Im Tuttlinger Haus, dem Heimatmuse­um, das als Musterhaus nach dem Stadtbrand gebaut wurde, kann man sich heute noch ein Bild von der damaligen Situation Tuttlingen­s und dem Stadtbrand machen.

 ?? FOTO: MICHELLE FALLERT ?? Angelika Bender, Claudia Schreiber-Winkler, Elke Mattes (von links) berichten vom Tuttlinger Stadtbrand.
FOTO: MICHELLE FALLERT Angelika Bender, Claudia Schreiber-Winkler, Elke Mattes (von links) berichten vom Tuttlinger Stadtbrand.

Newspapers in German

Newspapers from Germany