OB-Wahl: Ärger um geringe Beteiligung
Nach Erfolg von Beck sind Kommunalpolitiker sauer: „Andere Menschen sterben für Wahlrecht“
- Das schönste Geschenk ist Michael Beck schon vor seinem Geburtstag gemacht worden. Als wiedergewählter Oberbürgermeister von Tuttlingen hat der nun 59-Jährige in sein Wiegenfest am Montag hineingefeiert. Über das Vertrauen der Wähler für die dritte Amtszeit freute sich der CDU-Politiker genauso wie auf die bevorstehende Arbeit.
„Ich möchte mit dem Gemeinderat die wichtigen Aufgaben anpacken“, sagte Beck, der seit 16 Jahren das Stadtoberhaupt von Tuttlingen ist. Das erfolgreiche Ende seines insgesamt fünften Wahlkampfs um die Position eines Ober- oder Bürgermeisters hatte für Erleichterung gesorgt. „Es war gleichermaßen emotional und anstrengend, als wenn ein anderer Kandidat im Rennen gewesen wäre“, erklärte er, nachdem sein Wahlsieg mit 91,7 Prozent festgestanden hatte. Letztlich sei er aber froh gewesen, dass es keinen Gegenkandidaten gegeben habe.
Wie gewissenhaft sich Beck auf die dritte Kandidatur um das Oberbürgermeisteramt vorbereitet hatte, berichtete später Joachim Klüppel (CDU). „Er hatte alles bereits im Sommer organisiert. Da stand noch gar nicht fest, dass er alleine bleibt. Das zeigt, wie ernst es ihm war“, meinte der CDU-Fraktionsvorsitzende im Tuttlinger Stadtrat. Er sei froh, dass Beck weitermache. „Wir haben große Aufgaben vor uns. Ich weiß nicht, ob es gut gewesen wäre, wenn es zu einem Wechsel gekommen wäre“, sagte er. Die Meinung teilte auch Sevinc Camlibel (Tuttlinger Liste). „Es macht vieles einfacher, wenn man nicht alle Projekte und Entscheidungen von vorne beginnen muss.“
Dass es keinen Gegenkandidaten gegeben habe, zeige zwei Dinge, sagte Klüppel. Zum einen, dass „Beck einen guten Job gemacht“habe. Zum anderen, dass man sich im Gemeinderat in den großen Themen einig sei. „Es ist eine gute Zusammenarbeit. Man kann Vorschläge machen, es wird zugehört und besprochen. So wie es sich unter erwachsenen Menschen gehört“, sagte Hellmut Dinkelaker (SPD), der das gute Verhältnis der Fraktionen untereinander als Tuttlinger Errungenschaft lobte. Das Fehlen weiterer Kandidaten zeige doch, dass man mit der Arbeit von Michael Beck zufrieden sei. „Das nehmen wir als Gemeiderat auch auf unsere Kappe.“Michael Meihack von den Freien Wählern meinte: „Er hat über 90 Prozent bekommen. Damit kann er zufrieden sein. Es ist schön, dass er wieder gewählt worden ist. Wir arbeiten gern mit ihm zusammen.“Das gute Ergebnis, erklärte Dinkelaker,
habe sich Beck verdient. Die schwache Wahlbeteiligung von nur 17,6 Prozent könne man ihm nicht anrechnen. Insgesamt war die schwache Teilnahme der Tuttlinger – von 25 875 Wahlberechtigten waren nur 4555 Bürger zur Abstimmung gegangen – ein großes Ärgernis am Sonntagabend.
Ulrike Martin (LBU) war wütend über die Wahlbeteiligung. „Andere Menschen sterben für ihr Wahlrecht und hier sind sie zu faul, vor die Tür zu gehen“, sagte die Fraktionsvorsitzende, die sich über das positive Wahlergebnis des Oberbürgermeisters freute. Die Ausübung des Wahlrechts sei auch ein Stück weit eine Bürgerpflicht. Auch Hans-Peter Bensch (FDP) hätte sich mehr Zuspruch
für die Wahl gewünscht. „Ich bin enttäuscht“, sagte er. Man müsse nur nach Hongkong schauen, um zu erkennen, was in einer Demokratie passieren könne. Und Camlibel ergänzte: „Eine Enthaltung ist bei einer Wahl keine Option. Das ist keine Demokratie.“
Für Emil Buschle sei es angesichts von nur einem Kandidaten verständlich und doch bedauerlich, dass es die Massen nicht an die Wahlurne gezogen habe. „Das ist aber ein Stück demokratischer Kultur. Wählen zu dürfen, ist nicht selbstverständlich“, betonte er. Die Wähler, die ihr Recht wahrgenommen hatten, hätten dafür gesorgt, dass „politische Kultur lebendig bleibt.“Dies sei wichtiger als die Höhe der Wahlbeteiligung. „Das ist nur eine Zahl und Zahlen sind vergänglich.“
Neben zahlreichen Bürgermeistern aus der Region – unter anderen Villingen-Schwenningens OB Jürgen Roth – reihten sich auch der frühere CDU-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Volker Kauder, und Landesjustizminister Guido Wolf in die Reihe der Gratulanten ein. „Ich freue mich, dass Michael Beck zum dritten Mal gewählt worden ist“, sagte er. Ihn und Beck würde ein gemeinsamer Weg verbinden.
Vom Verwaltungsgericht Sigmaringen waren er und Beck nach Tuttlingen gegangen, um Landrat beziehungsweise Oberbürgermeister zu werden, sagte Wolf. „Das verbindet uns.“