Ein Lob auf den Widerstand
Literaturherbst: Heribert Prantl liest am Mittwoch in der Stadthalle
- Er war Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, leitete später das Meinungsressort und ist ein begnadeter Schreiber. Heribert Prantl gilt als Edelfeder – auch wegen seiner zahlreichen Kolumnen und Essays. Eine Sammlung dieser hat der Journalist in dem Buch „Vom Großen und kleinen Widerstand – Gedanken zu Zeit und Unzeit“veröffentlicht und würdigt darin Widerstandskämpfer und Whistleblower. Am Mittwoch, 6. November, liest er im Rahmen des Literaturherbstes daraus in der Tuttlinger Stadthalle.
Noch heute legt der Münchner Oberbürgermeister jedes Jahr einen Kranz auf dem Friedhof des Perlacher Forsts nieder. An den Gräbern der Geschwister Hans und Sophie Scholl. Sie hatten mit weiteren Mitgliedern der Widerstandsgruppe Weiße Rose Flugblätter gegen das Naziregime verteilt – was ihnen den Tod einbrachte. Später wurden sie zu Ikonen, zu Gallionsfiguren des Widerstands. Prantl begreift den historischen Widerstand nicht als bloßes Kapitel der Geschichte, sondern auch als Verpflichtung für die Gegenwart, in der der alltägliche Rassismus stetig zu wachsen scheint. „Wenn jeder wartet, bis der andere anfängt, wird keiner anfangen. Dann werden wir eingeholt von den Folgen unserer Versäumnisse“, schreibt Prantl. Doch als Vorbild gelten Prantl nicht nur die Widerständler der NSZeit, wie auch Fritz Gerlich, ein Chefredakteur, der sich dem Nationalsozialismus nicht beugte. Er schlägt einen weiten Bogen über die Geschichte des Aufbegehrens und des InfrageStellens. Zu Prantls Aufzählung des Widerstands zählt etwa auch Maria, die Mutter Jesu, die „keine demütige Hausfrau ist“sondern die Hierarchien ihrer Zeit infrage stellt. „Ihr ’Magnifikat’ ist ein Widerstands- und Revolutionslied. Diese Maria hat #MutToo“, schreibt Prantl. Ebenso finden sogenannte Whistleblower aus der Gegenwart Erwähnung, wie eine Altenpflegerin, die mehrfach vergeblich auf Missstände an ihrem Arbeitsplatz aufmerksam machte, oder der Buchhalter und die pharmazeutisch-technische Assistentin, die einen Apotheker zur Strecke brachten, der aus Profitgier Krebsmedikamente streckte.
Deswegen ist Prantls Buch auch mehr als ein bloßer historischer Abriss. Er schlägt stets den Bogen in die Gegenwart, die von „trumpschen“Populismus, offen rassistischen Politikern und in Deutschland mordenden Rechtsradikalen bedroht ist. „Das Buch ist die Verbeugung vor den Geschichten der Geschichte des Widerstands. Es ist ein kleines DenkMal für Gedenktage, für Feiertage und für die Sonntage“, beschreibt Prantl sein Buch. In ihm fasst er Beiträge etwa aus dem Newsletter „Prantls Blick“, aus der Süddeutschen Zeitung und anderen bereits erschienenen Texte und Reden zusammen.
Mit seiner Textsammlung gibt Prantl dem Widerstand ein Gesicht. Sein Buch ist aber auch ein Appell gegen das NichtsTun. „Zerreißt den Mantel der Gleichgültigkeit, den ihr um euer Herz gelegt“, forderte schon die Weiße Rose auf ihren Flugblättern. So ist großen und klei„Vom nen Widerstand“sicherlich keine seichte Strandlektüre. Prantls Texte stoßen an – zum Denken und zum Handeln auch außerhalb der Komfortzone. Schaden kann das nicht.