Heuberger Bote

Ein Lob auf den Widerstand

Literaturh­erbst: Heribert Prantl liest am Mittwoch in der Stadthalle

- Von Sebastian Heilemann

- Er war Chefredakt­eur der Süddeutsch­en Zeitung, leitete später das Meinungsre­ssort und ist ein begnadeter Schreiber. Heribert Prantl gilt als Edelfeder – auch wegen seiner zahlreiche­n Kolumnen und Essays. Eine Sammlung dieser hat der Journalist in dem Buch „Vom Großen und kleinen Widerstand – Gedanken zu Zeit und Unzeit“veröffentl­icht und würdigt darin Widerstand­skämpfer und Whistleblo­wer. Am Mittwoch, 6. November, liest er im Rahmen des Literaturh­erbstes daraus in der Tuttlinger Stadthalle.

Noch heute legt der Münchner Oberbürger­meister jedes Jahr einen Kranz auf dem Friedhof des Perlacher Forsts nieder. An den Gräbern der Geschwiste­r Hans und Sophie Scholl. Sie hatten mit weiteren Mitglieder­n der Widerstand­sgruppe Weiße Rose Flugblätte­r gegen das Naziregime verteilt – was ihnen den Tod einbrachte. Später wurden sie zu Ikonen, zu Gallionsfi­guren des Widerstand­s. Prantl begreift den historisch­en Widerstand nicht als bloßes Kapitel der Geschichte, sondern auch als Verpflicht­ung für die Gegenwart, in der der alltäglich­e Rassismus stetig zu wachsen scheint. „Wenn jeder wartet, bis der andere anfängt, wird keiner anfangen. Dann werden wir eingeholt von den Folgen unserer Versäumnis­se“, schreibt Prantl. Doch als Vorbild gelten Prantl nicht nur die Widerständ­ler der NSZeit, wie auch Fritz Gerlich, ein Chefredakt­eur, der sich dem Nationalso­zialismus nicht beugte. Er schlägt einen weiten Bogen über die Geschichte des Aufbegehre­ns und des InfrageSte­llens. Zu Prantls Aufzählung des Widerstand­s zählt etwa auch Maria, die Mutter Jesu, die „keine demütige Hausfrau ist“sondern die Hierarchie­n ihrer Zeit infrage stellt. „Ihr ’Magnifikat’ ist ein Widerstand­s- und Revolution­slied. Diese Maria hat #MutToo“, schreibt Prantl. Ebenso finden sogenannte Whistleblo­wer aus der Gegenwart Erwähnung, wie eine Altenpfleg­erin, die mehrfach vergeblich auf Missstände an ihrem Arbeitspla­tz aufmerksam machte, oder der Buchhalter und die pharmazeut­isch-technische Assistenti­n, die einen Apotheker zur Strecke brachten, der aus Profitgier Krebsmedik­amente streckte.

Deswegen ist Prantls Buch auch mehr als ein bloßer historisch­er Abriss. Er schlägt stets den Bogen in die Gegenwart, die von „trumpschen“Populismus, offen rassistisc­hen Politikern und in Deutschlan­d mordenden Rechtsradi­kalen bedroht ist. „Das Buch ist die Verbeugung vor den Geschichte­n der Geschichte des Widerstand­s. Es ist ein kleines DenkMal für Gedenktage, für Feiertage und für die Sonntage“, beschreibt Prantl sein Buch. In ihm fasst er Beiträge etwa aus dem Newsletter „Prantls Blick“, aus der Süddeutsch­en Zeitung und anderen bereits erschienen­en Texte und Reden zusammen.

Mit seiner Textsammlu­ng gibt Prantl dem Widerstand ein Gesicht. Sein Buch ist aber auch ein Appell gegen das NichtsTun. „Zerreißt den Mantel der Gleichgült­igkeit, den ihr um euer Herz gelegt“, forderte schon die Weiße Rose auf ihren Flugblätte­rn. So ist großen und klei„Vom nen Widerstand“sicherlich keine seichte Strandlekt­üre. Prantls Texte stoßen an – zum Denken und zum Handeln auch außerhalb der Komfortzon­e. Schaden kann das nicht.

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