Stadt nimmt Klima in den Fokus
alle Maßnahmen sollen künftig auf ihre auswirkungen überprüft werden.
- Einstimmig hat der Spaichinger Gemeinderat beschlossen, künftig bei jeder davon betroffenen Entscheidung die Auswirkungen auf das Klima und die ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. Wenn immer möglich, soll jede Entscheidung prioritär behandelt werden, die den Klimawandel und dessen Folgen abschwächt.
Außerdem solle ein „geeignetes Instrumentarium“gefunden werden, um darüber zu reden, was konkret in Spaichingen über die bisherigen Maßnahmen des Klimaschutzes hinaus gehend getan werden soll. Daraus soll dann ein Handlungskonzept entwickelt werden.
Damit folgte der Gemeinderat dem Formulierungsvorschlag von Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher. Darin sind inhaltlich Teile eines Antrags der Grünen-Fraktion eingegangen. Der im Grünen-Antrag enthaltene Begriff „Klimanotstand“wird aber vermieden.
In dem einstimmigen Beschluss sieht Bürgermeister Schuhmacher auch ein Zeichen nach außen, dass Spaichingen sich im Rahmen seiner Möglichkeiten und Kompetenzen für den Klimaschutz einsetzt. Den genauen Wortlaut seiner Formulierung begründete er mit juristischen und praktischen Erwägungen. So sei es mit der gefundenen Formulierung zum Beispiel nicht nötig, die Traditionsveranstaltung Funkenfeuer zu verbieten, nur weil dabei enorme Mengen CO2 in die Luft geblasen werden.
Selten waren die Besucherränge bei einer Gemeinderatssitzung so gefüllt wie dieses Mal. Ein Teil der Zuschauer gehörte zu den jugendlichen Aktivisten der Spaichinger Fridaysfor-Future-Bewegung, die mehrere hundert Unterschriften gesammelt und am 24. Juli in einem Schreiben an den Bürgermeister dringend appelliert hat, in Sachen Klimaschutz verstärkt tätig zu werden und für Spaichingen den „Klimanotstand“auszurufen. Carla Holpp von Fridays for Future bekam auch in der Gemeinderatssitzung noch einmal Gelegenheit darzustellen, dass es beim Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel eben nicht „nur“um den Schutz der Umwelt, sondern auch der Gesundheit, des Lebens und letztlich auch des Friedens geht.
Anlass für den schließlich gefassten Beschluss des Gemeinderats war aber ein Antrag der Fraktion der Grünen, dass die Stadt Spaichingen den „Klimanotstand“erklären solle. Damit, so Tamara Stoll in der mündlichen Begründung des Antrags, soll ein „Signal an die Öffentlichkeit“ausgesendet und Spaichingen zum „Vorreiter in Sachen Klimaschutz im Landkreis Tuttlingen“werden.
Inhaltlich entspricht der von Bürgermeister Schuhmacher formulierte Verwaltungsvorschlag dem ersten Teil des ursprünglichen Grünen-Antrags, geht im zweiten Teil aber darüber hinaus.
Dagegen ist ein zweiter Teil des ursprünglichen Grünen-Antrags, nämlich dass Gemeinderat und Öffentlichkeit alle sechs Monate über Fortschritte und Schwierigkeiten bei der Reduktion der Emissionen informiert werden sollten, nicht Teil des nun beschlossenen Verwaltungsvorschlags, ebenso wenig der Begriff „Klimanotstand“.
Zwar betonten die Grünen, dass „Klimanotstand“nicht im juristischen Sinne zu verstehen sei oder gar als Grundlage für die Ableitung von Notstandsmaßnahmen, sondern als politisches Signal. Doch das Wort „Klimanotstand“kam bei den meisten anderen Fraktionen nicht gut an. Leo Grimm (FDP) fand es „polemisch und populistisch“, Walter Thesz (SPD) „sehr unglücklich“, Ulrich Braun (CDU) „völlig überzogen und populistisch“.
Zwar sah Zdenko Merkt von den Grünen das anders und verstand diesen Begriff eher als Selbstverpflichtung für kontinuierliches Handeln. Doch nach kurzer Pause und einer Fraktionsbesprechung schlossen sich die Grünen dann der Formulierung der Verwaltung an. „Uns geht es um die Sache, nicht um ein Wort“, so Grünen-Fraktionssprecher Alexander Efinger, „wichtig ist, dass was passiert.“
Einig waren sich alle Fraktionen, dass das Engagement der jungen Leute für den Klimaschutz eine löbliche Sache sei, und das konkrete Maßnahmen dabei das Wichtigste sei. „Lassen Sie uns zusammen ein Signal an unsere Jugend geben, dass wir sie hören und im Denken hinter ihnen stehen“, sagte etwa Harald Niemann (Pro Spaichingen).
Anlässlich der Forderungen im „Fridays-for-Future“-Brief hatte Bürgermeister Hans Georg Schuhmacher ausführlich aufgelistet, mit welchen Maßnahmen der Gemeinderat schon in den vergangenen zehn, fünfzehn Jahren zu Klimaschutz und CO2-Verminderung beigetragen hat, etwa Blockheizkraftwerke, die Errichtung von Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden, wo immer dies sinnvoll und wirtschaftlich sei, die Umstellung der Beleuchtung auf energiesparendes und insektenschonendes LED oder die Tatsache, dass die gesamte elektrische Energie, die die Stadt Spaichingen für ihre eigenen Einrichtungen bezieht, zu hundert Prozent aus Wasserkraft produziert wird.
Heinrich Staudenmayer machte im Namen der Freien Wähler auch zwei konkrete Vorschläge: Man solle den „Elan, der im Moment bei der Jugend ist, nicht versanden lassen. Deshalb schlug er vor, einen Klimabeirat mit Mitgliedern aus Gemeinderat und Bevölkerung, in dass dann auch die engagierte Fridays-for-Future-Jugend. Außerdem schlug er vor, den jährlichen Energiebericht über den Energieverbrauch der städtischen Liegenschaften wieder einzuführen.