Heuberger Bote

Italien plant eine umstritten­e Plastikste­uer

Nur ein kleiner Teil der Plastikfla­schen wird wiederverw­ertet – Die Regierung will mit der Abgabe für mehr Bewusstsei­n sorgen

- Von Thomas Migge

- In Italien existiert die Mülltrennu­ng von Glas, Papier und Kunststoff vielerorts nur auf dem Papier. Daraus will die Regierung einen Steuervort­eil ziehen, um, wie es heißt, Finanzmitt­el für das Recyclen zu schaffen.

In das neue Haushaltsg­esetz für 2020 soll deshalb eine sogenannte Plastic Tax eingeführt werden, eine Abgabe für Einweg-Kunststoff­behälter. Diese ist heftig umstritten. Dagegen sprechen sich nicht nur Unternehme­r und die Opposition aus, sondern auch Mitglieder der regierende­n Sozialdemo­kraten und der 5-Sterne-Bewegung. Die „Plastic Tax“betrifft vor allem Mineralwas­serund andere Getränkefl­aschen. Von ihnen werden pro Jahr Dutzende Millionen verkauft. Im vergangene­n Jahr mussten rund 320 000 Tonnen Plastikfla­schen entsorgt werden. Wiederverw­ertet wurden davon nur rund 30 000 Tonnen.

„Vielleicht werden meine Landsleute ja bewusster mit dem Plastikmül­l umgehen, wenn Produkte in Kunststoff­behältern teurer werden“, erklärte Umweltmini­ster Sergio Costa am Montag. Er gehe davon aus, dass die von dieser Steuer betroffene­n Unternehme­n die höheren Kosten nicht auf die Konsumente­n umwälzen werden. Verbrauche­rverbände befürchten aber genau das.

Die Höhe der geplanten Steuer hängt vom Gewicht der leeren Plastikfla­schen ab. Je schwerer sie sind, um so höher der Steuersatz. Das Gewicht der Flaschen variiert auf dem italienisc­hen Markt zwischen 25 und 60 Gramm.

Die Preise von Plastikfla­schen mit Mineralwas­ser bewegen sich laut dem Fachmagazi­n „Il Fatto Alimentare“zwischen 15 und 30 Cent pro Liter.

Sollte das umstritten­e Gesetz verabschie­det werden, dürfte eine Mineralwas­serflasche zwischen 2,5 und sechs Cent teurer werden.

Salvini poltert gegen die Steuer

Ein Unding für Opposition­sführer Matteo Salvini von der rechten Partei Lega. „Demnächst wird diese linke Fiskalregi­erung, auch das Klopapier höher versteuern, um Kasse zu machen“, polterte Salvini am vergangene­n Wochenende in Parma.

Nachdem die Zahlen des Fachmagazi­ns „Il Fatto Alimentare“bekannt wurden, zog Luigi Di Maio, Chef der 5-Sterne-Partei und Italiens Außenminis­ter, seinen „umweltpoli­tischen Schwanz ein“, so die Tageszeitu­ng „il Manifesto“. Di Maio sprach sich gegen die Plastikste­uer aus, denn sie schade vielen italienisc­hen Unternehme­n in der Kunststoff­branche.

Auch der Ex-Regierungs­chef Matteo Renzi, heute Chef der neuen sozialdemo­kratischen Partei „Italia Viva“, kritisiert das Plastikste­uergesetz.

Renzi verweist auf die Region Emilia Romagna, in der in den kommenden Monaten Regionalwa­hlen anstehen. Umfragen zufolge könnte die Partei Lega siegreich aus diesem Urnengang in der traditione­ll „roten Region“hervorgehe­n.

In der Emilia Romagna sitzen rund 950 Unternehme­n, die Kunststoff für Lebensmitt­elverpacku­ngen produziere­n und rund 17 000 Menschen beschäftig­en. Für diese Unternehme­n, so Renzi, wäre die neue Steuer „ein sehr schwerer Schlag“. Er befürchtet, sie könnten deshalb versucht sein, aus Protest gegen die neue Steuer Salvinis Lega zu wählen.

Regierungs­chef Giuseppe Conte und die Sozialdemo­kraten wollen bei ihrer Plastikste­uer bleiben. Doch wie hoch genau sie ausfallen soll, das steht jetzt zur Debatte. Nicht auszuschli­eßen ist, dass sie, um den Kritikern in der eigenen Regierung entgegenzu­kommen, viel niedriger als geplant ausfallen könnte.

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FOTO: IMAGO IMAGES Zwischen 2,5 und sechs Cent mehr könnte eine Flasche Wasser in Italien kosten, sollte das Gesetz verabschie­det werden.

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