Italien plant eine umstrittene Plastiksteuer
Nur ein kleiner Teil der Plastikflaschen wird wiederverwertet – Die Regierung will mit der Abgabe für mehr Bewusstsein sorgen
- In Italien existiert die Mülltrennung von Glas, Papier und Kunststoff vielerorts nur auf dem Papier. Daraus will die Regierung einen Steuervorteil ziehen, um, wie es heißt, Finanzmittel für das Recyclen zu schaffen.
In das neue Haushaltsgesetz für 2020 soll deshalb eine sogenannte Plastic Tax eingeführt werden, eine Abgabe für Einweg-Kunststoffbehälter. Diese ist heftig umstritten. Dagegen sprechen sich nicht nur Unternehmer und die Opposition aus, sondern auch Mitglieder der regierenden Sozialdemokraten und der 5-Sterne-Bewegung. Die „Plastic Tax“betrifft vor allem Mineralwasserund andere Getränkeflaschen. Von ihnen werden pro Jahr Dutzende Millionen verkauft. Im vergangenen Jahr mussten rund 320 000 Tonnen Plastikflaschen entsorgt werden. Wiederverwertet wurden davon nur rund 30 000 Tonnen.
„Vielleicht werden meine Landsleute ja bewusster mit dem Plastikmüll umgehen, wenn Produkte in Kunststoffbehältern teurer werden“, erklärte Umweltminister Sergio Costa am Montag. Er gehe davon aus, dass die von dieser Steuer betroffenen Unternehmen die höheren Kosten nicht auf die Konsumenten umwälzen werden. Verbraucherverbände befürchten aber genau das.
Die Höhe der geplanten Steuer hängt vom Gewicht der leeren Plastikflaschen ab. Je schwerer sie sind, um so höher der Steuersatz. Das Gewicht der Flaschen variiert auf dem italienischen Markt zwischen 25 und 60 Gramm.
Die Preise von Plastikflaschen mit Mineralwasser bewegen sich laut dem Fachmagazin „Il Fatto Alimentare“zwischen 15 und 30 Cent pro Liter.
Sollte das umstrittene Gesetz verabschiedet werden, dürfte eine Mineralwasserflasche zwischen 2,5 und sechs Cent teurer werden.
Salvini poltert gegen die Steuer
Ein Unding für Oppositionsführer Matteo Salvini von der rechten Partei Lega. „Demnächst wird diese linke Fiskalregierung, auch das Klopapier höher versteuern, um Kasse zu machen“, polterte Salvini am vergangenen Wochenende in Parma.
Nachdem die Zahlen des Fachmagazins „Il Fatto Alimentare“bekannt wurden, zog Luigi Di Maio, Chef der 5-Sterne-Partei und Italiens Außenminister, seinen „umweltpolitischen Schwanz ein“, so die Tageszeitung „il Manifesto“. Di Maio sprach sich gegen die Plastiksteuer aus, denn sie schade vielen italienischen Unternehmen in der Kunststoffbranche.
Auch der Ex-Regierungschef Matteo Renzi, heute Chef der neuen sozialdemokratischen Partei „Italia Viva“, kritisiert das Plastiksteuergesetz.
Renzi verweist auf die Region Emilia Romagna, in der in den kommenden Monaten Regionalwahlen anstehen. Umfragen zufolge könnte die Partei Lega siegreich aus diesem Urnengang in der traditionell „roten Region“hervorgehen.
In der Emilia Romagna sitzen rund 950 Unternehmen, die Kunststoff für Lebensmittelverpackungen produzieren und rund 17 000 Menschen beschäftigen. Für diese Unternehmen, so Renzi, wäre die neue Steuer „ein sehr schwerer Schlag“. Er befürchtet, sie könnten deshalb versucht sein, aus Protest gegen die neue Steuer Salvinis Lega zu wählen.
Regierungschef Giuseppe Conte und die Sozialdemokraten wollen bei ihrer Plastiksteuer bleiben. Doch wie hoch genau sie ausfallen soll, das steht jetzt zur Debatte. Nicht auszuschließen ist, dass sie, um den Kritikern in der eigenen Regierung entgegenzukommen, viel niedriger als geplant ausfallen könnte.