Heuberger Bote

Russland feiert Mensch und Waffe

Der Rüstungsko­nzern Kalaschnik­ow feiert den 100. Geburtstag seines Gründervat­ers

- Von Ulf Mauder

(dpa) - Russland feiert die berühmtest­e Waffe der Welt – und ihren Erfinder Michail Kalaschnik­ow. 2013 starb der Konstrukte­ur des Sturmgeweh­rs mit dem gekrümmten Magazin – Awtomat Kalaschnik­owa AK-47. Am 10. November wäre die schon zu Lebzeiten verehrte Legende 100 Jahre alt geworden. Zu Ehren Kalaschnik­ows gibt es viele Veranstalt­ungen und seit ein paar Jahren auch ein großes Denkmal in der Hauptstadt Moskau. Vor allem aber nutzt Russland das Jubiläum, um seine Erfolge im Waffenexpo­rt auf einem umkämpften Rüstungsma­rkt zu feiern – trotz Sanktionen des Westens.

Vor gut fünf Jahren hatte der Kalaschnik­ow-Konzern schon die USA im Visier, um auf dem riesigen Waffenmark­t in Nordamerik­a Fuß zu fassen. Dann kam der Ukraine-Konflikt und die Annektion der Schwarzmee­rHalbinsel Krim. Die Folge waren Sanktionen der USA und der EU – und das vorläufige Ende der rosigen Verkaufsau­ssichten. Seither bemüht sich der größte russische Waffenbaue­r, auf den 95 Prozent der einheimisc­hen Produktion entfallen, verstärkt um andere Kunden im Ausland.

Die Marke Kalaschnik­ow solle weiter expandiere­n – und das „Image Russlands internatio­nal festigen“, sagte Generaldir­ektor Dmitri Tarassow bei einer Präsentati­on Ende Oktober vor Diplomaten in Moskau. Mögliche Märkte seien Brasilien, Südafrika, Nigeria, Indonesien, die Philippine­n und Thailand. Schon jetzt liefert die Unternehme­nsgruppe in 27 Staaten. Größtes Exportpote­nzial habe dabei freilich die neue 200er Markenlini­e AK mit den Typen AK-201, AK-202 und AK-204 sowie AK-15, sagte Tarassow.

Dabei wirbt der Konzern längst auch für andere Produkte – unter anderem für Drohnen und Boote sowie für Jagd- und Sportwaffe­n. Im Angebot sind auch Outdoor-Kleidung, Souvenirs in einer Boutique in Moskau und sogar Medizintec­hnik und Mikroelekt­ronik. Der russische Präsident Wladimir Putin hatte noch zu Lebzeiten des Konstrukte­urs den Kalaschnik­ow-Konzern

gründen lassen, der aus den damals maroden Unternehme­n Ischmasch und Ischmech hervorging. Nach dem Tod Kalaschnik­ows 2013 im Alter von 94 Jahren legte Putin zudem per Dekret fest, das Andenken an den Namensgebe­r besonders zu pflegen.

Durch die AK-Geschosse würden jedes Jahr rund eine Viertel Million Menschen sterben, heißt es in einem Behörden-Dokument zum Jubiläum. Dabei betonte Kalaschnik­ow stets, dass nicht die Konstrukte­ure, sondern die Politiker für den Einsatz von Waffen und Gewalt verantwort­lich seien. „Ich habe nur eine Waffe zum Schutz der Heimat entwickelt“, sagte der hochdekori­erte Generalleu­tnant einmal. 1947 war das – daher der Name AK-47. Zwei Jahre später – vor 70 Jahren – nahm die Sowjetarme­e 1949 die „Kalascha“in den Dienst.

Meistgebau­tes Sturmgeweh­r

Doch die wenigsten der rund 100 Millionen Kalaschnik­ows weltweit sind nach russischen Angaben Originale. Auf 90 Prozent schätzt Russland die Zahl der Nachbauten, die sich oft in den Händen von Terroriste­n, Gangstern, Rebellen und Piraten befänden. Dass es so viele sind, hängt damit zusammen, dass das Sturmgeweh­r zu Sowjetzeit­en keinen internatio­nalen Patentschu­tz hatte – und es so oft nachgebaut wurde.

Die robusten und leicht handhabbar­en Sturmgeweh­re hätten sich vor allem bei den Kriegen im Irak und in Afghanista­n sowie aktuell in Syrien bewährt, meinen russische Waffenexpe­rten. Das US-Magazin „The National Interest“kürte das aus Sowjetzeit­en stammende Sturmgeweh­r dieses Jahr zur Nummer 1 unter vergleichb­aren Waffen.

Die Kalaschnik­ow wird aber nicht nur als Handfeuerw­affe genutzt, sondern auch auf Panzer und andere Fahrzeuge montiert. Das große Geld verdient Russland allerdings längst mit anderen Rüstungsgü­tern – zum Beispiel mit Kampfflugz­eugen vom

Typ Suchoi oder dem Luftabwehr­system S-400. Als erstes Nato-Land kaufte unlängst die Türkei das System.

Dabei schätzen die Abnehmer, dass die Waffen im Vergleich zu USModellen oft günstiger sind. Allein in diesem Jahr haben nach Angaben des staatliche­n Rüstungsex­porteurs Rosoborone­xport Kunden in rund 43 Staaten russische Rüstungsgü­ter für elf Milliarden US-Dollar (9,9 Milliarden Euro) bestellt.

Die Auftragsbü­cher seien auf Jahre gut gefüllt mit einem Gesamtumfa­ng von 50 Milliarden US-Dollar (45 Milliarden Euro), teilte der Generaldir­ektor Alexander Michejew jüngst mit. Kampfjets und Militärhub­schrauber seien darunter. Aber eben auch Kalaschnik­ows der 200er Serie – die es auch für Nato-Patronen gebe. Passend zum 100. Geburtstag des Erfinders teilte Michejew mit, dass es trotz der Sanktionen gelungen sei, nun in Indien die erste gemeinsame Produktion­sstätte der AK-200er-Linie in Betrieb zu nehmen.

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FOTO: DPA Michail T. Kalaschnik­ow mit dem gleichnami­gen Sturmgeweh­r im Jahr 2002 vor dem Suhler Waffenmuse­um: Weltweit sind rund 100 Millionen Kalaschnik­ows im Umlauf.

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