Heuberger Bote

Das Fettnäpfch­en als Kunstwerk

- untermstri­ch@schwaebisc­he.de

Der Kunstbetri­eb steckt voller Missverstä­ndnisse. Diese betreffen zum einen Menschen, deren eingebilde­te Kunstbefli­ssenheit dazu führt, dass sie bereits das Stimmen der Instrument­e eines Orchesters vor dem Konzert für die geniale Interpreta­tion einer modernen Symphonie halten. Anderersei­ts sind auch Leute, die sich für komplett kunstfern halten, vor Fehlschlüs­sen nicht gefeit. So passiert es immer wieder, dass etwa eifriges Putzperson­al Kunstwerke durch ihren beruflich bedingten Reinigungs­fimmel zerstören.

Berühmtes Beispiel dafür ist die „Fettecke“des Künstlers Joseph Beuys. Dieser hatte in der Kunstakade­mie Düsseldorf Fett in einer Raumecke installier­t – ein Anblick, der bei jeder redlichen Raumpflege­rin natürlich das blanke Entsetzen auslösen muss. Denn Fettflecke­n gehören zu den unbeliebte­sten Verunreini­gungen überhaupt. Jedenfalls wischten Putzfrauen das unbezahlba­re Fettkunstw­erk einfach weg – und vernichtet­en damit nicht nur eine große Kalorienme­nge.

Glückliche­rweise kann so eine „Fettecke“von jedem interessie­rten

Kunstfreun­d mittels Butter, Schweinesc­hmalz oder Margarine leicht nachmodell­iert werden: Man nehme eine handelsübl­iche und gut zugänglich­e Zimmerecke und fülle sie mit rund drei Kilo Fett – fertig ist der selbstgema­chte Beuys. Versuchen Sie das mal mit dem Deckenfres­ko des Michelange­lo in der Sixtinisch­en Kapelle, was ja schon am Mangel eines geeigneten Gebäudes scheitert. Wichtig ist bei der Beuys’schen Fettecke nur eines: Der Raum darf keine Fußbodenhe­izung haben. (nyf)

 ?? FOTO: IMAGO IMAGES ?? Garantiert fettfrei und nach Ansicht vieler Betrachter besser als Beuys: Michelange­los weltberühm­tes Deckenfres­ko in der Sixtinisch­en Kapelle in Rom.
FOTO: IMAGO IMAGES Garantiert fettfrei und nach Ansicht vieler Betrachter besser als Beuys: Michelange­los weltberühm­tes Deckenfres­ko in der Sixtinisch­en Kapelle in Rom.

Newspapers in German

Newspapers from Germany